Wie Zähneputzen für die Seele

Kategorie: Gesundheit


Nicht nur der Körper, auch die Psyche will gepflegt sein, damit wir uns rundum wohlfühlen in unserer Haut. Wie das spielerisch geht, zeigen die «10 Schritte zur psychischen Gesundheit».


Die psychische Gesundheit ist ein vielschichtiger Prozess, der laut Weltgesundheitsorganisation WHO Aspekte wie Wohlbefinden, Optimismus, Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, Beziehungsfähigkeit, Sinnhaftigkeit, Alltagsbewältigung und Arbeitsbewältigung umfasst. Oder anders gesagt: Ein Mensch fühlt sich psychisch gesund, wenn es ihm möglich ist, seine geistigen und emotionalen Fähigkeiten zu nutzen, die alltäglichen Lebensbelastungen zu bewältigen, produktiv zu arbeiten und in der Gemeinschaft einen Beitrag zu leisten.

Die meisten Menschen wissen, wie sie ihre körperliche Gesundheit fördern können: Durch gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Alltagshygiene. Was man zur Pflege seiner psychischen Gesundheit tun kann, wird hingegen kaum thematisiert. Die Kampagne «10 Schritte für psychische Gesundheit» ist als Denkanstoss hierzu gedacht. Jede und jeder fördert seine psychische Gesundheit am besten, wenn sie oder er etwas findet, das Spass macht und guttut. Die zehn Schritte für psychische Gesundheit wollen dazu inspirieren.

1. Steh zu dir: Niemand ist perfekt

Mich selbst annehmen bedeutet, dass ich meine Fähigkeiten kenne und nutze und weiss, was mich zufrieden macht. Ich bin in der Lage, meinen Körper und seine Signale bewusst wahrzunehmen, und daraus Sicherheit zu gewinnen. Ich kann meine Gefühle erkennen und deshalb Entscheidungen treffen, die mir guttun. Im Wissen um meine Stärken und Fähigkeiten gelingt es mir, auch meine Fehler und Schwächen als einen Teil von mir zu akzeptieren. Zu mir selbst Sorge tragen heisst, an mich selbst zu denken, auch wenn es anderen nicht gefällt. Das braucht Mut. Dabei achte ich darauf, wo meine Grenzen sind und spüre, was für mich gut ist und was mir schadet.


Tipps dazu:

  • Schreibe deine Gedanken auf: Was tut mir momentan gut? Was nicht? Was kann ich selbst verändern, sodass es mir besser geht?
  • Verzeih dir und deinem Gegenüber, wenn du gereizt reagierst.
  • Setze dir Tagesziele, die du einhalten kannst.

2. Bleibe aktiv: Bewegung ist Voraussetzung für Entwicklung

Körperliche Bewegung ist ein wertvoller Ausgleich in unserem oft stressigen, hektischen und reizüberfluteten Alltag. Doch wir bewegen uns immer weniger. Als Faustregel gilt: Man soll sich mindestens 2½ Stunden pro Woche bewegen in Form von Alltagsaktivitäten oder Sport. Dazu zählt jede Form der Bewegung ab zehn Minuten, bei der Puls und Atmung leicht beschleunigt sind und man allenfalls auch leicht ins Schwitzen kommt. Schlendern zählt also nicht, schnell spazieren schon.


Tipps dazu:

  • Tanze durch die Wohnung zu deinen Lieblingsliedern.
  • Übe dich im Seilspringen und mache Liegestützen, bis du schwitzt.
  • Mach einen Wohnungsputz: Wasche die Vorhänge, miste die Schubladen aus, räume den Keller, putze die Küche.

3. Entspanne dich bewusst: In der Ruhe liegt die Kraft

Unser Denkprozess ist ein fortwährender Strom aus Bildern und Gedanken, ein Zustand des steten Aufruhrs. Deshalb ist es wichtig, dass auf aktive Zeiten eine Phase der Entspannung und Erholung folgt. Wenn wir entspannt sind, fühlen wir uns wohl; wir sind ruhig, gelöst und wach. Wer entspannt ist, kann darüber hinaus sich und andere besser einschätzen und in Ruhe Entscheidungen fällen. Entspannungsmöglichkeiten findet man überall, und das meist kostenlos.

Tipps dazu:

  • Versetze dich in deiner Vorstellung an deinen Lieblingsort und verweile dort, solange du magst.
  • Höre Musik und schliesse die Augen.
  • Mach eine Medienpause, leg das Handy weg und höre höchstens einmal pro Tag Nachrichten.
  • Wickle dich in eine kuschelig warme Decke und setze dich auf den Balkon oder in einen Park.

4. Sei kreativ: Kreativität steckt in uns allen

Viele Menschen tragen Sehnsüchte, Wünsche, Ängste und Gedanken in sich, die sie nicht in Worte fassen können. Durch kreatives Gestalten – malen, musizieren, basteln, kochen, Blumen pflücken und vieles mehr – können sie diese Gefühle ausdrücken. Kreativität schafft einen Ausgleich für die vielen Spannungen, die mich einengen. So kann ich mich entspannen und Kraft schöpfen.


Tipps dazu:

  • Mach ein digitales Album mit deinen letzten Ferienfotos.
  • Kreiere deinen eigenen Risotto oder deine spezielle Pastasauce.
  • Stricke einen Schal mit Restwolle. Häkle eine Decke für die Eltern.
  • Erstelle mit Kindern ein Naturbild im Wald («Land Art»).



5. Lerne Neues: Lernen ist Entdecken

Neues zu lernen, heisst eine Entdeckungsreise zu machen, die mich aus dem Alltag herausführt, mir neue Impulse verleiht und mein Selbstwertgefühl hebt. Wer bereit ist, Neues zu lernen, zeigt auch, dass er sich weiterentwickeln will – persönlich und beruflich. Lernen ist nicht nur Kopfsache, sondern beansprucht all unsere Sinne. Es ist nie zu spät, etwas Neues auszuprobieren.


Tipps dazu:

  • Besuche einen (online) Kunstkurs.
  • Lerne Vogelstimmen kennen.
  • Gestalte deine eigene Website.

6. Beteilige dich: Menschen brauchen eine lebendige Gemeinschaft

Teil einer Gemeinschaft zu sein gehört zu den wichtigsten Lebenserfahrungen. Gemeinschaft fordert von uns Mut zur Begegnung. Sich beteiligen bedeutet, dort Wünsche, Interessen, Fähigkeiten, Ängste und Hoffnungen einzubringen, wo es um Dinge geht, die mir wichtig sind. In einer Gemeinschaft zu Leben heisst auch: Ich fühle mich getragen und unterstütze Nahestehende.


Tipps dazu:

  • Trainiere den Tennisnachwuchs.
  • Organisiere mit deinen Freunden einen (virtuellen) Buchclub und lest und diskutiert zusammen über Bücher mit Mehrwert.
  • Mache etwas für andere; schon etwas Kleines kann sehr viel sein. Es ist schön, zusammenzustehen und kleine Gesten können viel bewirken.




7. Halte Kontakt mit Freunden: Freunde sind wertvoll

Mit Freunden und Freundinnen bin ich vertraut, wir können über alles sprechen. Intimes bleibt unter uns. Von Freundinnen will ich keinen Druck und ich bin da, wenn sie mich brauchen. Freundinnen und Freunde dürfen kritisieren und lassen mich den Menschen sein, der ich bin.


Tipps dazu:

  • Organisiere einen Spieleabend.
  • Schreibe jede Woche eine Postkarte an jemandem aus deinem Freundes- oder Bekanntenkreis.
  • Verabrede dich auch im Winter mit dem Nachbarn auf dem Balkon oder zu einem Café und Schwatz.

8. Sprich darüber: Alles beginnt im Gespräch

Über Dinge sprechen, zuhören, ordnen, klären, Anteil nehmen, in Worte fassen, was mich bewegt – das hilft, Anspannung und Druck zu mildern. Für Betroffene und oft auch für Mitbetroffene ist es nicht immer einfach, offen über Sorgen zu sprechen. Wenn ich mich aber traue, mit anderen Menschen über meine Probleme zu sprechen, entstehen daraus für beide Seiten oft neue Sichtweisen oder Lösungsansätze. Es liegt in der Natur des Menschen, Freud und Leid miteinander zu teilen.


Tipps dazu:

  • Telefoniere regelmässig mit einem Freund oder einer Freundin und redet darüber, was euch bewegt.
  • Für Eltern und Paare: Organisiert einen regelmässigen Paarabend und redet, nur zu zweit.
  • Bei Suizidgedanken: Hilfe holen, z. B. bei www.reden-kann-retten.ch.

9. Frage um Hilfe: Hilfe annehmen ist ein Akt der Stärke, nicht der Schwäche

Wer um Hilfe fragt, zeigt Stärke und nicht Schwäche. Es gibt Menschen, die mir helfen wollen, wenn ich mich ihnen anvertraue. Ich darf mir Hilfe holen und bin trotzdem kein Schwächling. Um Hilfe bitten, heisst auch, jemandem Vertrauen entgegenbringen. So kann ich wieder aktiv handeln und fühle mich nicht hilflos meinen Gefühlen und Sorgen ausgeliefert. In besonders belastenden Situationen ist es wichtig, sich auf seine wesentlichen Fähigkeiten zu konzentrieren, Aufgaben abzugeben und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das erfordert Ver- und Zutrauen – auch in andere.

Tipps dazu:

  • Kontaktiere die Dargebotene Hand, Tel-Nr. 143.
  • Für Jugendliche: Tel. 147.
  • Nimm Unterstützung und Hilfe an. Du hilfst damit anderen, sich nützlich zu fühlen.


10. Glaub an dich und gib dich nicht auf: die Krisen des Lebens meistern

Die emotionale Verarbeitung von Schock, Trauer und traumatischen Ereignissen braucht Zeit. Deshalb ist es wichtig, sich diese Zeit zu nehmen und sie auch anderen in Krisensituationen zu gewähren. Wenn scheinbar nichts mehr geht, ist es gut, sich auf den vitalen Rhythmus (Ernährung, Atmung, Schlaf, Bewegung) zu konzentrieren. Ich muss da nicht alleine durch. Ich habe das Recht, in Krisensituationen professionelle Hilfe zu holen und diese auch anzunehmen.


Tipps dazu:

  • Schreibe jeden Tag in ein Tagebuch, was dich belastet und was dich freut.
  • Schenke den schönen Momenten im Alltag mehr Aufmerksamkeit und verankere diese Momente: Mit einer kleinen Perle im linken Hosensack, die du bei einem schönen Moment herausnimmst, dir diesen nochmals bewusst machst (gedanklich und gefühlsmässig), tief ein- und ausatmest und die Perle dann in den rechten Hosensack versorgst. Beim nächsten Mal wandert sie dann von rechts nach links.
  • Kontaktiere die Meldestelle für Glücksmomente, die es in vielen Kantonen gibt (siehe Internet).

* Danke an das Gesundheitsamt des Kantons Aargau und dureschnufe.ch für die Texte


10 Schritte für psychische Gesundheit

«10 Schritte für psychische Gesundheit» ist eine Sensibilisierungskampagne zur Förderung der psychischen Gesundheit in jedem Alter. Die zehn Schritte für psychische Gesundheit sind wissenschaftlich evaluiert. Das Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz (www.npg-rsp.ch) hat die Nutzungsrechte für die Schweiz erworben und stellt sie kostenlos seinen Mitgliedorganisationen zur Verfügung.


Aktuell setzen über 80 Institutionen in der Schweiz die «10 Schritte für die psychische Gesundheit»-Kampagne um. Die Wirkung der Kampagne für die Förderung der eigenen psychischen Gesundheit, wird dadurch verstärkt, indem möglichst viele Akteure mit der gleichen Botschaft arbeiten.


Weiterführende Informationen zur Kampagne finden sich unter www.10schritte.ch.



Illustration: Sonja Berger


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