Farbiges Essen

Kategorie: Essen


Farben von Lebensmitteln beeinflussen unsere Sinne und so unser Essverhalten. Das weiss die Industrie für sich zu nutzen. Man kann die Macht der Farben aber auch konstruktiv einsetzen.





Wer über den Markt schlendert, sieht lokales, saisonales Gemüse und Obst in allen Formen und Farben. Gerne lässt man da entspannt die Sinne schweifen und gibt sich dem Gesehenen hin. Rund 70 Prozent aller Sinneseindrücke nimmt der Mensch über seine Augen wahr. Farben von Nahrungsmitteln wirken besonders stark auf den Sehsinn und beeinflussen uns nachweislich – sowohl positiv als auch negativ. So erscheint den meisten eine sattorange Aprikose um einiges begehrlicher als eine blassgelbe, schrumpelige. «Die Farbe lässt auf Qualität, Frische und Geschmack eines Lebensmittels schliessen», erläutert Martina Züfle, Ernährungsberaterin an der Klinik Hirslanden in Zürich. «Bei Obst und Gemüse weist ein satter Farbton auf einen hohen Anteil an sekundären Pflanzenstoffen hin, die als gesund und nährstoffreich gelten.» Warme Farben wie Rot, Orange oder Gelb regen den Appetit an, sagen Ernährungsfachleute. Unternehmen wie die Migros wissen das gewinnbringend zu nutzen – und verwenden diese Farben nicht nur für das Firmenlogo. «Studien belegen, dass rote Lebensmittel häufig mit Süsse, grüne und gelbe mit Säure assoziiert werden», weiss Züfle. Vor Nahrungsmitteln mit der «falschen» Farbe schrecken wir instinktiv zurück. So lehnen die meisten blaue, schwarze oder violette Lebensmittel ab. Bereits unsere Vorfahren sollen einen Bogen um pflanzliche Produkte in diesen Farben gemacht hatten. Sie weisen auf Fäulnis oder gar Gifte hin. Food- und Ernährungstrends können Farbpräferenzen allerdings verrücken: «Vor Kurzem lagen violette Gemüse und Kartoffeln im Trend», sagt die ernährungspsychologische Beraterin Nicole Heuberger. «Violette Naturprodukte weisen einen hohen Anteil an Anthocyane auf. Diese sekundären Pflanzenstoffe gelten als besonders gesund, was viele ihre Abneigung gegenüber dunkelfarbenen Nahrungsmitteln offenbar überwinden liess.»

Abnehmen mit blauen Tellern






Auch die Farbe des Essgeschirrs beeinflusst unser Essverhalten. Blaues Geschirr beispielsweise soll den Appetit hemmen. Die Farbe Blau habe eine entspannende Wirkung, erklären Ernährungspsychologen, folglich esse man langsamer, was früher zu einem Sättigungsgefühl führe. Gelb und Rot hingegen gelten als Farben, die den Appetit und Verzehr anregen. Wissenschaftler der Universität Oxford haben jedoch kürzlich herausgefunden, dass auch rotes Geschirr den Hunger bremsen kann. Dies deshalb, so die Forscher, da man die Farbe Rot in der Regel mit Gefahr assoziiere. Und die typische Reaktion bei Gefahr ist Flucht – ans Essen denkt da keiner mehr. Weisse Teller hingegen verstärken den Geschmack – und damit zumeist den Appetit. «Solche Erkenntnisse können durchaus miteinbezogen werden, wenn man abnehmen möchte», sagt Martina Züfle, Ernährungsberaterin an der Klinik Hirslanden in Zürich.

Farbe und Geschmack Farbassoziationen bilden sich beim Menschen früh aus. «Wir lernen von klein auf über die Farbe auf Reife, Zustand und Geschmack unserer Nahrung zu schliessen», sagt Heuberger. Welche Speisen und Getränke wir letztlich mögen, ist auch der Familie und dem Kulturkreis geschuldet, in denen wir aufwachsen. Laut Ernährungsberaterin Martina Züfle belegen diverse Studien, dass kognitive Prozesse wie beispielsweise erlernte Farbassoziationen unsere Geschmackserwartung an ein Lebensmittel, aber auch den Geschmackseindruck beeinflussen: «Sehen wir Essbares, sucht unser Gehirn nach einer Übereinstimmung zwischen Farbe und Geschmack. So wurde beispielsweise bei Testpersonen, die einen gelben Fruchtsaft vorgesetzt bekamen, mehrheitlich die Erwartung nach Zitronengeschmack geweckt.» Geschmackserwartung und -eindruck lassen sich also mit der «richtigen» Farbe manipulieren. Im Rahmen eines viel beachteten Experiments am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke setzte man Testpersonen geschmacksneutrales Naturjoghurt vor. Eine Portion war mit roter Lebensmittelfarbe versetzt, die andere blieb naturbelassen. Es zeigte sich, dass die Probanden das rotgefärbte Joghurt im Gegensatz zum Weissen als fruchtiger und süsser empfanden – obwohl beide geschmacklich gleich waren. Geschmeckt haben die Probanden also ein nicht vorhandenes Aroma, das durch die Farbe vorgetäuscht worden war. Mit Farbe kann demnach der Zuckerzusatz kompensiert werden – ein Befund, der dazu genutzt werden kann, den eigenen Zuckerkonsum zu senken: Es gibt systematische Untersuchungen, dass man zehn Prozent Zuckerzusatz einsparen kann, wenn man Lebensmittel einfärbt. Besonders Rot und ein dunkles Orange lassen Lebensmittel süsser erscheinen. Eine derartige Täuschung ist laut Kathrin Ohla, Psychologin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung, aber nur in einem bestimmten Rahmen möglich; zudem müsse die Farbe zu dem Geschmack passen, den man verstärken wolle: «Man macht nicht aus Zitronen Bonbons. Wenn etwas besonders sauer oder bitter ist, kann man an Farbe zusetzen, was man will. Dann wird man sich nicht täuschen lassen.» Eine Farbveränderung müsse ausserdem sinnvoll für das jeweilige Produkt sein. Rote Farbe sei beispielsweise nur mit süssem, fruchtigem, gegebenenfalls auch mit herbem Geschmack kompatibel, jedoch nicht mit salzigem oder bitterem. Die optische Wahrnehmung beim Schmecken ist laut Ohla besonders ausgeprägt, weil der Geschmackseindruck allein zu wenig objektbezogen ist. Wenn man also etwas Süsses oder Salziges schmecke, wisse man noch nicht, was es sein könnte. Ins rechte Licht gerückt Die Lebensmittelindustrie setzt bei der Vermarktung ihrer Produkte ganz gezielt auf Farben. Fade Produkte wie Reis oder Teigwaren stecken findige Marketingfachleute gerne in rote, gelbe oder orange Verpackungen, was den Kaufanreiz erhöhen soll. Farbexperimente unter Marktbedingungen können allerdings trotz aufwendiger Werbekampagnen risikoreich sein. Dies musste die US-amerikanische Coca-Cola Company vor Jahren erfahren. Das Unternehmen brachte eine farblose, zuckerfreie, wie Zitronenlimonade aussehende Cola mit dem Namen «Tab Clear» auf den amerikanischen, australischen und englischen Markt. Das Getränk floppte, da die Verbraucher die charakteristische Farbe der amerikanischen Nationalbrause vermissten. Da unser Sehsinn meist über Lust oder Frust entscheidet, werden Produkte in den Supermärkten gerne ins rechte Licht gerückt. So ist die Fleischtheke oft in rotes Licht getaucht, was Haxen, Würste und Co. frischer und saftiger wirken lässt. Starkes Blaulicht hingegen hat eine abschreckende Wirkung. Vor allem Fleisch könne nicht verzehrt werden, wenn es blau angeleuchtet werde, weiss Ohla. Denn so werde die Assoziation erweckt, dass es vergammelt sei. Die Reaktion: Ekel. «Stimmt die reale Färbung des Essens nicht mit der erwarteten überein, so erzeugt dies beim Betrachter eine Aversion.» Auch Obst und Gemüse werden deshalb passend ausgeleuchtet, sodass die Farben satt und strahlend erscheinen, was dem Konsumenten Frische, Qualität und Aroma vorgaukeln soll. Überdies hilft man vielerorts olfaktorisch nach. So wird beispielsweise der Duft von frischem Brot oder süssem Gebäck mit Aromastoffen angereichert, die den Konsumenten zum Kauf verführen sollen. Wer eine gesunde Ernährung anstrebt, sollte sich also nicht allein auf Düfte und Farben verlassen. Durch zu viel Fast Food, Fett, Zucker und Bewegungsmangel gibt es insgesamt eine völlig falsche Entwicklung in der Ernährung. Statt sich auf Tricks mit Farben zu kaprizieren, solle man sich also bewusst ernähren. Wenn Farben einen dabei unterstützen, umso besser.

Essen nach Farben








Farben auf dem Teller heben die Stimmung beim Essen. Doch wie kocht man farblich assortiert? Drei deutsche Designer stellen in einem gleichnamigen Kochbuch zwölf Farben in zwölf Menüs vor. Kochbegeisterte und Geniesser können mithilfe dieses Buches einkaufen, was der Markt an farbigen und saisonalen Produkten so hergibt: Im Sommer sind frisches Grün von Rucola und Minze angesagt, im Herbst eher sattes Orange von Kürbis oder Süsskartoffeln. Inspiration für das Kochbuch holte sich das Autoren-Trio aus Paul Austers Roman «Leviathan» (1992). Im Laufe der Geschichte ent - wickelte die Romanfigur Maria Turner einen Zwang, jeden Tag nur Essen in der gleichen Farbe zu verzehren. Die französischen Konzeptkünstlerin Sophie Calle nahm diese Eigenart ins reale Leben auf und ernährte sich täglich nur von Lebensmitteln in einer Farbe. Was als Spleen einer Künstlerin daherkommt, dürfte beim Lesen dieses Kochbuches ungeahnte Kreativität freisetzen.

Buchtipps ● Tatjana Reimann, Caro Mantke, Tim Schober «12 Farben – 12 Menüs: Kochen nach Farben» , Prestel 2018, ca. Fr. 29.– ● Hans-Ulrich Grimm «Chemie im Essen. Lebensmittel-Zusatzstoffe. Wie sie wirken, warum sie schaden», Knaur Taschenbuch 2013, ca. Fr. 14.– ● Harald Braem «Die Macht der Farben», Wirtschaftsverlag 1985, ca. Fr. 14.–

Rezept Rezept aus dem Buch «UrDinkel Feste feiern» von Judith Gmür-Stalder. Erhältlich im Onlineshop auf www.urdinkel.ch oder per Telefon 034 409 37 38. Süsse Pfännchen Pancakes aus dem Racletteofen sind eine süsse Überraschung. Jeder kann sein Pfännchen nach seinem Geschmack belegen, etwa mit bunten Marshmallows oder gefrorenen Beeren.










Urdinkel-Pancakes aus dem Racletteofen für 16–20 Portionen Vorbereiten: 30 Minuten UrDinkel-Pancaketeig 250 g UrDinkel-Halbweissmehl oder UrDinkel-Halbweissmehl mit 20 % Schrot ½ TL Salz 3 EL Zucker 1 TL Backpulver ½ TL Natron 3 dl Milch oder Rahm 2 Eier Butter oder Bratcreme, für die Pfännchen 3–4 Handvoll gemischte Beeren oder Früchte, je nach Saison, z.B. Aprikosen, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Melone, Kaki oder Trauben, in mundgerechten Stückchen. Statt frischem Obst kann man auch gefrorenes nehmen. Dieses vor dem Backen auftauen 1–2 EL Zucker Garnitur Hagel-, Puder- und Zimtzucker, Minze, Konfitüre, Schokoaufstrich oder Beerensauce. Pistazien oder Nüsse, gehackt, zum Bestreuen Zubereitung 1. Für den Teig Mehl, Salz, Zucker, Backpulver und Natron mischen. Milch und Eier zugeben, zu einem glatten Teig rühren. 2. Raclettepfännchen mit wenig Butter oder Bratcreme einfetten. Früchte hineingeben, nach Belieben mit ein wenig Zucker bestreuen und mit etwas Teig bedecken. 5 bis 8 Minuten backen. Pancakes herausnehmen und nach Belieben garnieren. Warm geniessen. Tipps Pancaketeig mit Vanillezucker, Zimtpulver, Lebkuchengewürz, abgeriebener Bio-Orangen oder -Zitronenschale, Grand Marnier oder Kakao aromatisieren. Die Pancakes können auch in einer beschichteten Bratpfanne auf dem Herd gebacken werden. Nach Belieben mit Glace servieren. Anstelle frischer oder aufgetauter Früchte eignen sich auch Kompottfrüchte.

Fotos: iStock.com

Zurück zum Blog

Hinterlassen Sie einen Kommentar