Sabine über Chili & Co…

Kategorie: Sabine Hurni


SCHARF / Auf Wochenmärkten gibt es oft eine grosse Auswahl an Chili. Man kann sie aber auch leicht selber ziehen. Die scharfen «Früchte» – botanisch gesehen sind es Beeren – wirken durchblutungsfördernd, schmerzstillend, entzündungshemmend und stoffwechselanregend.




Das schweisstreibende Thaicurry unter Palmen, die scharfe Harissasauce inmitten des bunten Treibens eines Suks oder die feurige Pasta all’arrabiata auf einer Piazza in Italien werden wir dieses Jahr wohl eher nicht geniessen. Wir müssen also selber zur Chilischote greifen, wenn wir die exotische Schärfe kosten wollen. Das lohnt sich alleweil, denn die scharfe Verwandte der Peperoni, die Chilischote, ist ein derart gesundes Würzmittel, dass es auch bei uns viel häufiger auf den Teller kommen sollte. Gerade im Sommer, wenn der Stoffwechsel bei den heissen Temperaturen eher träge und die Verdauungskraft schwach ist, können scharfe Gewürze Schwung in den Organismus bringen. Zum Beispiel indem man Sommersalate, Grilladen und Dipsaucen mit frischen Chilischoten anreichert.


Durch Gastarbeiter sind Chilischoten, so wie viele andere Gemüsesorten, in den 1950er-Jahren bei uns bekannt geworden. Ursprünglich stammen Chilis aus Süd- und Mittelamerika. Inzwischen sind über den ganzen Erdball hinweg zahlreiche Sorten entstanden, die sich je nach Region unterscheiden. Vor allem Indien, Thailand, Mexiko, Nigeria und Sizilien sind bekannt für ihre fruchtigscharfen Schoten, die meist von Hand geerntet und an der Sonne getrocknet werden. Die sogenannten Peperoncini, die man oft frisch isst, sind in der Regel mild oder mittelscharf und können mit ihrem fruchtigen Geschmack scharf-süsse Akzente schaffen und so zahlreiche Gerichte verfeinern.

Chilis für Einsteiger kann man im Grossverteiler kaufen; bedeutend vielfältigere Angebote und schärfere Chilis gibt es auf dem Wochenmarkt. Wer es noch differenzierter mag, zieht am besten auf dem Balkon seine eigenen Chilis.

 

Ihre typische Schärfe verdanken die Chilis dem Capsaicin. Je mehr davon in der Schote enthalten ist, desto schärfer wird die Frucht. Gemüsepaprika enthalten kein Capsaicin, auch die grossen, blassgrünen Peperoni aus der Türkei oder aus Italien sind sehr mild und befinden sich auf der sogenannten Svoville--Skala bei 1. Diese Skala wurde 1912 von einem Pharmakologen entwickelt, der die scharfen Lebensmittel so stark verdünnte, bis keine Schärfe mehr wahrnehmbar war. Die Skala reicht von 1:1 Milliliter bis 1:16 Millionen Milliliter (= 16 000 Liter). Dort, zuoberst auf der Skala, befindet sich das reine Capsaicin.


Da jeder Mensch unterschiedlich auf Schärfe reagiert, ist die Skala sicher nicht verabsolutierbar. Man kann aber immerhin sagen, dass, wenn die Gemüsepaprika bei 0–10 liegt, die Tabasco-Sauce bei 5000 und Sambal bei maximal 10 000. Die «Dragon’s Breath»-Chilis, die verdünnt mit 2,5 Millionen Milliliter Wasser noch scharf schmecken, sind dann wohl nur für jene geeignet, deren Geschmacksknospen auf der Zunge bereits vollkommen abgestumpft sind.

In der Heilkunde findet man die Scharfmacher in wärmenden Salben und Wärmepflastern gegen rheumatische Beschwerden. Das Einreiben der scharfen Substanzen regt die Durchblutung an, löst Verspannungen und lindert Muskelschmerzen. Es gibt sogar Forschungsstudien, die der Chilischote ein krebshemmendes Potenzial zuschreiben. Die Forschungsgruppe fand heraus, dass Capsaicin in den Energiestoffwechsel der Krebszelle eingreift und bestimmte Proteine bindet – dadurch stirbt die mutierte Zelle ab. Da gesunde Zellen unversehrt bleiben, ist Capsaicin ein vielversprechendes und nebenwirkungsarmes Heilmittel in der Krebstherapie.

 

Auch auf das Herz und die Blutgefässe wirkt sich Chili günstig aus: Durch die erhöhte Blutzirkulation kann die Einnahme von Capsaicin zur Reduktion von Cholesterinablagerungen in den Blutgefässen beitragen, generell die Durchblutung und Nährstoffzufuhr in den Organen fördern und die Aufspaltung von Fetten im Darm begünstigen. Das wiederum hilft bei der Ausscheidung von Cholesterin. Eine kräftig gewürzte Ernährung erhöht zudem ganz generell den Stoffwechsel, kurbelt die Fett- und Kalorienverbrennung an und lässt die Pfunde purzeln, was das Herz zusätzlich entlastet. Dazu kommt, das Capsaicin das Wachstum von Bakterien hemmt und Glückshormone ausschüttet.


Wer scharfes Essen liebt, hat also gute Chancen, gesünder und glücklicher zu leben als jene, die sich mit Pfeffer, Salz und Aromat begnügen. Es lohnt sich also, im Bereich des Zumutbaren mit Chili und Co. zu experimentieren. Auch hier gilt natürlich: nicht übertreiben!

Wenn die Schärfe der Chili auf der Zunge ein leichtes Brennen auslöst, reagieren Verdauungstrakt und Stoffwechsel reflektorisch auf diesen feinen Reiz. Die Körpertemperatur erhöht sich, die Verdauung wird aktiviert und wir beginnen zu schwitzen. Es reicht vollkommen, wenn man dem Körper den scharfen Reiz in mehreren kleinen Dosen zumutet. Das bringt viel mehr als feuerspeiende Münder, Schweiss-perlen auf der Stirn und rote Köpfe. Solche Überdosierungen wären besonders jetzt in den Sommermonaten sehr belastend für den Körper und keinesfalls für jeden Menschentyp geeignet!


Sollte es doch einmal des Guten zu viel sein, weil Sie vielleicht eine harmlos scheinende Chilischote falsch eingeschätzt haben, sollten Sie auf keinen Fall Wasser trinken. Besser ist es, das Feuer im Mund mit Joghurt, Brot, etwas Butter oder einem Stück Käse zu löschen. Und noch ein Tipp für die «Anfänger» in der Verarbeitung von Chilis: Niemals in den Augen reiben, nachdem man Chilis entkernt, geschnitten oder zerbrochen hat! Es ist die Hölle. Das gilt besonders für Kontaktlinsenträger. Waschen Sie die Hände mit Seife, vermeiden Sie es, sich mit den Fingern ins Gesicht zu greifen; tragen Sie allenfalls Handschuhe beim Verarbeiten von Chilis. //






Sabine Hurni ist dipl. Drogistin HF und Naturheilpraktikerin, betreibt eine eigene Gesundheitspraxis, schreibt als freie Autorin für «natürlich», gibt Lu-Jong-Kurse und setzt sich kritisch mit Alltagsthemen, Schulmedizin, Pharmaindustrie und Functional Food auseinander.




Fotos: sebastiano bucca | unsplash.com/ prince abid

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