Sabine Hurni über Erntedankfest für die Zellen

Es ist Erntezeit! Die Beeren sind reif, die Tomaten leuchten an der Herbstsonne und die Wespen kurven um die ersten Zwetschgen herum. Ich kann nur sagen: Greifen Sie zu. Unser Körper kann gar nicht genug kriegen von den Farbstoffen, die uns die Herbsternte bietet.

Die farbenfrohe Pflanzenkost liefert uns neben Vitaminen und Mineralstoffen eine Vielzahl von Polyphenolen. Das sind sekundären Pflanzenstoffe, zu denen die OPC (oligomere Proanthocyane), die Anthocyane und die Flavonoide gehören. Natürliche Polyphenole sind als Farbstoffe, Aromastoffe und Tannine in praktisch allen Pflanzen enthalten. Sie schützen die Gewächse vor Fressfeinden, locken mit ihren kräftigen Farben Insekten an und dienen den Früchten und Blättern als Sonnenschutz. Der Begriff Anthocyane kommt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Wörtern «anthos» (Blüte) und «kyanos» (blau) zusammen. Die blaublütigen Wildkräuter und die blautonigen Gemüse- und Beerensorten sind somit besonders reich an Anthocyanen. Dazu gehören viele Früchte, die der Herbst uns schenkt. Die Weintrauben, die wild wachsenden Heidelbeeren, die Zwetschgen, die Holunderbeeren, die roten Zwiebeln, der Rotkohl, die violetten Karotten, der rote Chicorée und die Auberginen. Aber auch die Granatapfelsamen, die Hibiskusblüten und die Wassermelonen weisen eine intensive Farbe auf und beliefern uns mit den hilfreichen sekundären Pflanzenstoffen.

Besser die Frucht als das Pulver

In erster Linie produzieren die Pflanzen die Polyphenole zum Selbstschutz. Wenn diese sekundären Pflanzenstoffe die Zellen der Pflanzen vor Zellschäden schützen, dann sollten sie diesen Einfluss auch auf die menschlichen Zellen ausüben können. So der Gedanke der Forschenden, die Antioxidantien auf Basis von Polyphenolen (OPC) auf den Markt gebracht haben. Sie sind in der Nahrungsergänzungsmittel-Industrie ein Dauerrenner und werden gegen Entzündungen, zur Prävention von Krebs wie auch zum Aufhalten des natürlichen Alterungsprozesses beworben.

Es ist jedoch nicht erwiesen, ob reine Polyphenole denselben Effekt haben, wie jene, die eingebettet sind in einer frischen Beere. Ebenfalls unklar ist, ob es die Polyphenole selbst sind, die diesen positiven Effekt auf den Körper verursachen, oder ob deren Abbauprodukte die Zellen schützen. Was man mit Sicherheit sagen kann, ist, dass Beeren, Rotkohl und rote Säfte einen bedeutenden Wert für unsere Gesundheit haben.

Ein Nahrungsergänzungsmittel mit Polyphenolen kann Sinn machen, wenn man mit der Ernährung nicht genügend farbiges Gemüse zu sich nimmt. Doch wie der Name sagt, ergänzt es die Nahrung. Niemals sollte man dem Irrglauben verfallen, man könne die empfohlenen fünf Portionen Früchte und Gemüse durch Pillen ersetzen. Oder noch paradoxer: Jedes Gemüse schälen, das grüne vom Lauch wegwerfen, die entkernten Trauben kaufen und gleichzeitig Polyphenole als Nahrungsergänzung einnehmen. Es versteht sich von selbst, dass wir dem Körper mit dem Konsum von reichlich farbigem Gemüse und Beeren weit mehr schenken als ausschliesslich die Polyphenole.

Die radikalen Störfaktoren

Um die Wirkung der Polyphenole oder allgemein der Antioxidantien zu verstehen, muss man sich nächst mit ein paar anderen Begriffen vertraut machen. Den freien Radikalen, oxidativem Stress und den Radikalfängern:

  • Freie Radikale werden bei verschiedenen Stoffwechselprozessen von unserem Körper selbst gebildet. Zusätzlich entstehen sie in den Zellen durch schädliche äussere Einflüsse wie Zigarettenrauch, Umweltgifte und UV-Strahlung der Sonne. Es handelt sich dabei um sehr kurzlebige, hochreaktive, unvollständige Teilchen, die sich sofort verbinden müssen.
  • Befinden sich sehr viele dieser freien Radikale im Körper, entsteht oxidativer Stress. Das wiederum kann zu Zellschäden führen, welche mitverantwortlich sind für viele Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Probleme, Arthritis oder Zellmutationen. Zudem lassen die freien Radikale die Haut schneller altern.
  • Unser Körper verfügt über Schutzmechanismen, um Radikale zu binden, damit sie eben nicht mehr frei zirkulieren. Viele Enzyme, Hormone und Stoffwechselprodukte helfen ihm dabei. Gleichzeitig ist der Körper zwingend auf Nahrung angewiesen, die ihm Vitamin C, E und B2 liefert. Ebenso die Mineralstoffe Selen und Zink. Das alles sind bewährte Radikalfänger, welche die freien Radikale auffangen, binden, unschädlich machen und die Körperzellen vor oxidativem Stress schützen.

Je mehr Polyphenole in unserer täglichen Nahrung vorkommen, desto besser kann sich der Körper vor Zellschäden schützen. Das wiederum senkt das Risiko von zahlreichen Erkrankungen und Entzündungen. Empfohlen sind rund 120 Milligramm sekundäre Pflanzenstoffe wie OPC, Anthocyane und Flavonoide.

Die polyphenolreiche Kost

Es gibt viele Wege, um täglich auf eine ausreichende Menge an Polyphenolen zu kommen. Fokussieren Sie sich beim Gemüse- und Früchteeinkauf auf die Farben. Wählen Sie den Apfel mit den roten Backen, den dunkelgrünen Salat, die violetten Karotten und die roten Zwiebeln. Rotkohl, wilde Heidelbeeren und Holunderbeeren sind eine wahre Polyphenolbomben. 100 Gramm Rotkohl enthalten 322 Milligramm Anthocyane. 100 Gramm wilde Heidelbeeren bis zu 700 Milligramm und Holunderbeeren sogar bis 1800 Milligramm. Die wilden blauschwarzen Beeren liefern uns somit eine üppige Fülle an Antioxidantien. Greifen Sie zu und danken Sie der Natur für ihre vielen Früchte, die sie uns anbietet und von denen wir auf allen Ebenen profitieren können.

Zurück zum Blog