Sabine Hurni über Erholung im Schlaf

Eine alte indische Weisheit heisst: Wenn du müde bist, dann schlaf. Und was machen wir?  Wir halten uns mit Hilfe von Ablenkung und hellem Licht möglichst lange wach, statt um 22 Uhr ins Bett zu gehen. Wer die Müdigkeit um 22 Uhr verdrängt und überwindet, kommt oft nochmals in Fahrt und bleibt bis spät in die Nacht wach. Wenn sich der Körper, die Schilddürse, die Nebenniere und das ganze Nervensystem jedoch erholen müssen, gibt es kein besseres Heilmittel als das frühe Zubettgehen. Um 22 Uhr stellt sich im Körper in der Regel eine wohlige Schwere ein, die man nutzen kann, um vor 24 Uhr bereits die erste Tiefschlafphase zu geniessen. In Schlafratgebern findet man immer wieder den Vergleich zum U-Boot, das langsam in die Tiefen des Wassers eintaucht. Genau diese Schwere muss sich einstellen, damit das Einschlafen passieren kann.


Geschehen lassen. Das ist es schlussendlich, was uns in den Schlaf trägt. Wir können uns willentlich ins Bett legen, aber es lässt sich nicht über den Willen steuern, dass Körper und Geist in den Schlaf sinken. Im Gegenteil. Je mehr der Kopf will, desto schlechter gelingt das Einschlafen. Wie beneidenswert ist doch der Tiefschlaf eines Babys, das unabhängig von Lärm, Licht und Schlafposition friedlich abtaucht in eine Welt, die so ganz anders ist als der gelebte Alltag. Kleinkinder schlafen mehr als die Hälfte eines Tages, bei Teenager*innen sind es 8 bis 10 Stunden und Erwachsene benötigen rund 7 bis 9 Stunden Schlaf, um am Morgen erfrischt und ausgeruht zu erwachen.


Auf den eigenen Rhythmus achten

Es ist genetisch bedingt, ob jemand viel oder wenig Schlaf benötigt. Auch der innere Rhythmus, der uns zu Morgen- oder Nachtmenschen macht, ist vorwiegend genetisch bedingt. Allerdings: Wer bis spät in der Nacht im hellen Licht arbeitet, überlistet den inneren Rhythmus und kann sich wachhalten. Es stellt sich nur die Frage, ob dieser Rhythmuswechsel für den Körper wirklich wohltuend ist, oder ob er im Gegenteil mit reichlich Stress verbunden ist.

Der Schlaf ist für den Stoffwechsel, den Energieverbrauch und die Abwehrkräfte wichtig, vor allem die Non-REM-Schlaf-Phasen, welche in der Regel rund 90 Minuten dauern. Gleichzeitig ist der Schlaf für die Lernprozesse im Gehirn enorm wichtig. Gelerntes wird in der Nacht, in den Tiefschlaf- wie auch in den REM-Schlaf-Phasen (= Traumphasen) im Gehirn abgespeichert. Viele Körperorgane sind froh, wenn endlich Ruhe einkehrt und sie ihre Aufgaben erledigen zu können. So läuft zum Beispiel die Regulation von Hormonen auf Hochtouren, das Immunsystem baut Abwehrmechanismen auf, die Nerven bilden neue Zellverbindungen und die Leber nimmt nachts ihre Entgiftungsfunktion wahr. Wer absichtlich oder infolge von Schlafstörungen zu wenig schläft, schadet längerfristig seinem Körper.


So wenig Licht wie möglich

Das wichtigste Wecksignal ist das Licht, vor allem die blauen Lichtwellen. Ist viel Licht vorhanden, nimmt die Produktion des Schlafhormons ab. So zum Beispiel am Morgen, wenn der Tag anbricht. Am Abend hingegen soll sich die Melatonin-Produktion erhöhen, damit der Schlafdruck zunimmt. Deshalb hilft es, abends im Schein einer Kerze oder eines schwachen Lichtes noch ein bisschen zu plaudern oder einen Spaziergang durch die Nacht zu machen. Auf diese Weise kommt der Körper zur Ruhe und der Übergang zum Tiefschlaf ist leichter.

Was so einfach klingt, ist für viele Menschen weit entfernt von ihrer nächtlichen Realität. Unruhiger Schlaf mit häufigem Erwachen, zu viele Gedanken, die das Einschlafen verhindern oder das frühe Erwachen um 4 Uhr morgens gehören für sie zum leidigen Alltag. Schlafstörungen können viele Ursachen haben. Von den fehlenden Abendritualen, zu schweren Mahlzeiten am Abend, Elektrogeräten im Schlafzimmer, Sorgen und Stress, falschen Essgewohnheiten bis hin zu einer überlasteten Leber oder einem Nährstoffmangel kann alles einen Einfluss auf die Schlafqualität haben. Wer über längere Zeit an Schlafstörungen leidet, sich morgens nicht erholt fühlt oder tagsüber einnickt, sollte sich Hilfe holen.


Zur Ruhe kommen

Die Naturheilkunde kennt viele unterschiedliche Helfer bei Schlafstörungen, welche das Nervensystem unterstützen, beruhigen und entspannen. Allen voran die Heilpflanzen Baldrian, Passionsblume, Melissenblätter, Orangenblüten oder Hopfen. Das beste Hilfsmittel bei Schlafstörungen sind Ruhe, ein Abendspaziergang, ein warmer Tee vor dem Zubettgehen, leichte Suppen zum Abendessen, ein warmes Fussbad oder eine warme Bettflasche, welche man sich im Bereich des unteren Rückens platziert. Diese Massnahmen fördern den Tiefschlaf und die Regeneration der Leber, welche zwingend den Tiefschlaf braucht, um sich zu erholen.

Machen Sie das Schlafzimmer zu einer Oase der Ruhe. Alltagsgegenstände wie Fernseher, Telefon oder Musikanlage haben im Schlafzimmer nichts verloren. Die feinen elektromagnetischen Strahlen können den Körper daran hindern, sich tief zu entspannen. Schlafen heisst Loslassen, Vertrauen, Sein. Loslassen, vertrauen, sein. Ausatmen, Atemstille, Einatmen. Nicht mehr und nicht weniger. 

 

Sabine Hurni arbeitet als Naturheilpraktikerin und Lebensberaterin in Baden, wo sie auch Ayurveda Kochkurse, Lu Jong- und Meditationskurse anbietet.

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