Zimmerpflanzen selbst ziehen

Eine selbst gezogene Zimmerpflanze ist ein sehr persönliches Geschenk. Die Vermehrung kann je nach Pflanze auf unterschiedliche Art geschehen. Die Natur verblüfft uns hier mit vielfältigen Möglichkeiten.



Bestimmt ist es Ihnen auch schon passiert, dass beim Besuch bei Bekannten ein bisschen Neid aufgekommen ist. Sie hätten auch gerne so schön gepflegte Zimmerpflanzen und würden ihren Bekannten die schönsten Exemplare am liebsten abluchsen. Dass diese sich nach jahrelanger Pflege nicht davon trennen mögen, ist verständlich. Ich bin mir aber sicher, dass sie Ihnen wenigstens ein Stück davon abgeben werden, wenn Sie sie darum bitten. Mit der richtigen Technik und etwas Glück können Sie zu Hause Ihr eigenes Prachtexemplar heranziehen. Dafür eignet sich in sehr vielen Fällen eine einfache Methode, die Stecklingsvermehrung im Wasserglas.

Vielleicht besitzen Sie selbst ein paar in die Jahre gekommene oder zu grosse Zimmerpflanzen, die kurzum den Topf bersten lassen. Es wäre doch schade, die Pflanze wegen zu engen Platzverhältnissen wegzuwerfen. Sicherlich machen Sie jemandem eine grosse Freude, wenn Sie beim nächsten Besuch eine selbst gezogene Zimmerpflanze als Geschenk mitbringen. Ich zeige Ihnen auf, wie Sie diese selbst vermehren oder verjüngen können. Der beste Zeitpunkt, um Zimmerpflanzen zu vermehren oder zu verjüngen ist von Frühling bis Sommer, da sowohl die Temperaturen als auch die Lichtverhältnisse während dieser Zeit perfekt sind.


«Selbst gezogene Zimmerpflanzen zu verschenken, bereitet Freude.»

Verschiedene Vermehrungsmethoden

Unterschieden werden grundsätzlich zwei verschiedene Vermehrungsmethoden. Die generative Vermehrung (oder geschlechtliche Vermehrung) ist die Vermehrung durch Samen. Diese kauft man entweder im Blumenladen oder man entnimmt nach der Blüte von Zimmerpflanzen Samen, trocknet diese und streut die Saat in Aussaaterde. Nebst dem, dass die Aussaatmethode mittels selbst gewonnener Samen nicht immer erfolgreich funktioniert, verändert sich die Pflanze oft genetisch. Dies kann dazu führen, dass sich zum Beispiel eine andere Blütenfarbe bildet. Vorgängig sollte man sich schlau machen, ob es sich bei der Pflanze um einen Licht- oder einen Dunkelkeimer handelt. Manche Pflanzensamen benötigen einen bestimmten Reiz, damit die Keimung überhaupt ausgelöst wird. Bei den sogenannten Lichtkeimern wird der Samen nicht zugedeckt. Bei den Dunkelkeimern hingegen wird der Samen zweimal so dick mit Aussaaterde übersiebt, wie er selbst dick ist.

Die vegetative Vermehrung (oder ungeschlechtliche Vermehrung) ist die Vermehrung einer Pflanze aus Pflanzenteilen. Die selbst gezogene Pflanze ist genetisch identisch mit dem Elternteil und bringt nebst der Blatt- auch die gleiche Blütenfarbe hervor, wie die Mutterpflanze. Die häufigsten Methoden der vegetativen Vermehrung sind die Kopf-, Triebteil- und Blattstecklinge, Steckhölzer, Ausläufer, die Blattteilstecklinge sowie die Kindelvermehrung. Letztere zwei Vermehrungsmethoden stelle ich Ihnen nachfolgend bebildert vor und erkläre Ihnen eine etwas weniger bekannte Methode der Verjüngung einer älteren Zimmerpflanze, das Abmoosen.


Stecklinge aus dem Wasserglas

Von vielen Zimmerpflanzen, vor allem stark verzweigten, schneiden Sie mit einem sauber desinfizierten Messer zehn bis fünfzehn Zentimeter lange Stücke ab. Entfernen Sie die untersten Blätter und stellen den Steckling in ein Glas Wasser. Achten Sie darauf, dass keine Blätter im Wasser stehen, weil sie sonst verfaulen. Eine Ausnahme bildet das Zypergras (Cyperus alternifolius), deren Blattschirme kopfüber in ein Glas Wasser gestülpt werden können. Nach ein paar Wochen haben sich genug Wurzeln gebildet, um den Steckling in Zimmerpflanzenerde topfen zu können.


Ich persönlich besitze eine Zypergras Mutterpflanze, welche ich etwa alle 3 Jahre vermehre und die Jungpflanzen weiterverschenke. Ich schneide mehrere ganze Stängel mit einem scharfen Messer oder einer Schere ab und schneide zehn bis fünfzehn Zentimeter lange Stücke unter dem Blattschirm zu. Die Stecklinge stelle ich anschliessend in sauberes Wasser und platziere das Glas an einem hellen Platz. Es dauert manchmal nur ein paar Tage, bis sich am Blattschirm Wurzeln bilden. Es empfiehlt sich, den Steckling regelmässig unter Wasser abzuspülen und frisches Wasser ins Glas einzufüllen. Nach einiger Zeit bildet sich Schleim im Glas oder am Steckling, welcher eine gesunde Wurzelentwicklung verhindert. Sind die Wurzeln nach ein paar Wochen drei bis fünf Zentimeter lang, kann der bewurzelte Steckling vorsichtig in einen Topf mit Zimmerpflanzenerde eingetopft werden. Nach weiteren zwei bis drei Wochen ist die Jungpflanze angewachsen und kann verschenkt werden.























Blattteilstecklinge von Königsbegonien

Nebst allen anderen Vermehrungsmethoden finde ich persönlich die Vermehrung durch Blattteile die Imposanteste. Bei uns bei der Gartenbauschule Oeschberg werden die Königsbegonien (Begonia-Rex-Gruppe) erfolgreich auf diese Art vermehrt. Was Sie benötigen, ist eine gesunde Mutterpflanze, eine saubere Schale oder einen Topf, eine gereinigte Schnittunterlage sowie ein scharfes Messer. Sie desinfizieren ein scharfes Messer in 70%igem Alkohol und schneiden ein Blatt am Ansatz sauber ab. Am besten wählen Sie ein Teenager-Blatt. Ein altes oder ein ganz junges Blatt sind weniger gut geeignet. Von diesem schneiden Sie zwei bis drei viereckige Stücke mit möglichst vielen Blattadern heraus und legen es mit der schönen Seite nach oben auf die befeuchtete Erde. Damit guter Erdkontakt entsteht, drücken Sie den geschnittenen Blattteil vorsichtig auf die befeuchtete Erde. In der Grossproduktion werden die Blätter mit Agraffen fixiert und die volle Schale mit einer Glasplatte zugedeckt, um ein Mikroklima zu erzeugen. Wenn Ihnen keine Glasplatte zur Verfügung steht, können Sie das Gefäss mit Allzweckfolie überziehen. Stellen Sie es anschliessend an einen hellen Platz und sorgen Sie dafür, dass die Erde nie austrocknet. Sie sollten regelmässig eine Giesskontrolle machen. Nach zwei bis drei Wochen bilden sich unten am Blatt Wurzeln und obenauf entdecken Sie die ersten, kleinen Blätter, die sich aus sogenannten Adventivknospen entwickelt haben. Sobald die Blattteilstecklinge gut bewurzelt sind, können sie vorsichtig in Zimmerpflanzenerde pikiert werden. Schon haben Sie eine junge Königsbegonie.


Kindelvermehrung von Kakteen

Die Erde meines etwa fünfzehnjährigen Kaktus der Gattung Echinopsis war fast aufgebraucht und es war an der Zeit, die Ableger oder eben auch Kindel genannt, von der Mutterpflanze abzunabeln. Hat Ihr alter Kaktus genau dies auch nötig? Nichts einfacher als das. Bereiten Sie kleine Töpfe vor, befüllen diese mit Kaktuserde, die Sie entweder kaufen oder auch selbst mischen können.


Ich verwende zwei Teile Zimmerpflanzenerde und mische einen Teil Sand dazu. Giessen Sie die Töpfe gut an. Jetzt kann die Vermehrung beginnen. Ziehen Sie am besten etwas dickere Handschuhe an oder topfen Sie die Kakteen mit Hilfe einer Zeitung aus, damit Sie nicht gepikst werden. Die Kindel lassen sich ganz einfach von der Mutterpflanze entfernen. Diese können jetzt in die vorbereiteten Töpfchen pikiert werden, sogar, wenn sie noch keine Wurzeln haben. Die Jungpflanzen werden vorsichtig angegossen und an einen hellen, aber nicht vollsonnigen Platz gestellt. Nach ungefähr drei bis vier Wochen sind sie angewachsen und können verschenkt werden.


Abmoosen einer Bergpalme

Meine alte Bergpalme drohte jeden Moment umzukippen. Ich hatte es satt, den Stamm zu stützen. Mit Abmoosen habe ich dem Problem Abhilfe verschafft. Möchten Sie es auch ausprobieren? Befestigen Sie am Stamm auf gewünschter Höhe ein viereckiges, dunkles Stück Plastik und binden Sie es unten gut fest. Füllen Sie befeuchtete, aber nicht allzu nasse Vermehrungserde in die Folie und binden diese oben sackartig zu. Lassen Sie die Pflanze etwa zwei Monate so stehen. Öffnen Sie den Sack oben nur sporadisch und giessen Sie wenig Wasser hinein. Nach sechs bis acht Wochen können Sie den gebastelten Sack entfernen. Inzwischen haben sich Wurzeln gebildet. Mit einer sauber desinfizierten Baumschere können Sie den Stamm nun unterhalb der neuen Wurzeln abschneiden. Die neu bewurzelte Palme topfen Sie vorsichtig in einen Topf mit frischer Zimmerpflanzenerde.

Nun wünsche ich Ihnen Mut, Zimmerpflanzen selbst zu vermehren oder zu verjüngen. Ich bin mir sicher, dass Ihnen das Quäntchen Glück beschert ist, welches zum Erfolg führt, damit auch Sie mit Stolz Ihre selbst verjüngte Pflanze präsentieren oder ein selbst vermehrtes Exemplar an Freund*innen verschenken können.










Gabriela Gerber, ist gelernte Staudengärtnerin, kaufm. Angestellte und dipl. Arbeitsagogin. Sie ist als Berufsbildnerin in der Vorlehre Integration an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen BE tätig. In ihrer Freizeit sammelt sie gerne Pilze, kocht gerne und liebt die Natur.


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