Gärtnern auf dem Balkon
Kategorie: Natur
Mit ein paar Quadratmetern Balkon und ein wenig Kreativität kann man selbst mitten in der Stadt einen kleinen Nutzgarten anlegen. Warum Sie das jetzt tun sollten und worauf dabei zu achten ist – Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene.
Viele Küchenkräuter, Gemüse und Salate lassen sich problemlos auf dem Balkon kultivieren. Ein Zitronenbäumchen, Kartoffeln, Schnittlauch, Kapuzinerkresse, Borretsch oder Goldmelisse sind nicht nur gesunder Gaumenschmaus, sondern auch äusserst dekorative Elemente auf dem Balkon. Unserer ist sonnig und windgeschützt und somit hervorragend geeignet für den Anbau wärmeliebender Gemüsearten wie Auberginen, Paprika oder Tomaten. Für Salatliebhaber empfehle ich schnell wachsende Pflücksalate – sie gedeihen im Balkonkasten ideal. Und auch Küchenkräuter wie Basilikum, Petersilie, Dill, Thymian, Rosmarin, Fenchel, Salbei und Kamille sollten auf keinem Balkon fehlen. Eine meiner Lieblingspflanzen ist der Strauchbasilikum. Er blüht sehr schön und seine weissen bis violetten Blüten ziehen Hummeln und Bienen an, die wichtige Bestäubungsarbeit leisten. Meine Kräutertöpfe prüfe ich regelmässig auf Trockenheit, denn an sonnigen Tagen trocknen sie sehr schnell aus. Je nach Standort giesse ich täglich. Verholzende mediterrane Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Oregano, Lavendel und Salbei sind etwas trockenresistenter.
«Obst und Beeren sind für mich Lebenslust pur. Auch wer nur einen kleinen Garten oder bloss einen Balkon oder eine Terrasse hat, kann selbst gezogenes Obst geniessen.»
Immerfort säen und ernten Ich säe unsere Lieblingskräuter im zwei Wochen Rhythmus in verschiedene Töpfe, sodass wir den ganzen Sommer hindurch frische Kräuter für die Küche ernten können. Zugekaufte Pflanzen stehen im Topf meist viel zu eng und würden nach wenigen Wochen eingehen. Darum lohnt es sich, die Pflanzen auf verschiedene Töpfe oder Balkonkästen aufzuteilen. Damit die Kräuter genügend Platz haben, wähle ich Balkonkästen mit einer Länge von etwa einem Meter und Pflanzen nicht mehr als vier verschiedene Kräuter in einen Kasten. Noch lieber pflanze ich die Kräuter aber einzeln in genügend grosse Töpfe, damit sie sich nicht gegenseitig konkurrenzieren. Vorgezogene Tomatenpflanzen kaufe ich auf dem Wochenmarkt und in der Bio-Gärtnerei. Das hat den Vorteil, dass man sie anschliessend direkt in Kübel auf dem Balkon setzen kann. Ich binde die Tomatensetzlinge beim Pflanzen mit Bast an einem Bambusstab fest, das bewahrt sie vor dem Umknicken. Schnellwachsende Sorten müssen immer wieder neu aufgebunden werden. Um der Tomatenpflanze ein schönes, gleichmässiges Wachstum zu verschaffen, geize ich sie regelmässig aus. Geiztriebe sind die aus den Blattachseln wachsenden Seitentriebe, die der Pflanze unnötig Kraft rauben. Die unerwünschten Nebentriebe sind sehr weich, man kann sie ganz einfach mit den Fingern ausknipsen. Versäumt man es, die Tomate regelmässig auszugeizen, wachsen sowohl der Stamm wie auch die Früchte schlechter, da die Pflanze zu viel Kraft in die Geiztriebe steckt. Gelbe und kranke Blätter entferne ich ebenfalls laufend, da sie von Krankheitserregern befallen sein könnten. Krankes Pflanzengut bitte nicht kompostieren, sondern besser verbrennen oder mit dem Müll entsorgen. Obst und Beeren sind für mich «Lebenslust pur». Auch wer nur einen kleinen Garten oder bloss einen Balkon oder eine Terrasse hat, kann selbst gezogenes Obst geniessen. Dabei kann man Zwerg- und Säulenobst im Kübel mit Walderbeeren unterpflanzen – so erzielt man auf beschränktem Platz eine vielfältigere Ernte. Das richtige Bepflanzen Eine Vielzahl von Pflanzengefässen kann man im Gartencenter kaufen. Vom einfachen Kunststofftopf über Tongefässe bis hin zum Balkonkasten aus Holz. Damit das Angepflanzte nicht vertrocknet oder verbrennt, verzichte ich auf schwarze Plastiktöpfe, die sich in der Sonne erhitzen; sowieso bevorzuge ich Tongefässe. Sie speichern überschüssiges Giesswasser und geben es später wieder an die Erde ab. Durch das Vollsaugen mit Wasser und das anschliessende Verdunsten, überhitzen Tongefässe nicht so schnell. Pflanzen wie Tomaten, Gurken, Paprika und Auberginen brauchen genügend grosse Töpfe, während für die meisten Kräuter kleinere Töpfe oder Balkonkästen ausreichen. Wärmeliebende Kräuter wie Rosmarin oder Eisenkraut pflanze ich einzeln in Tontöpfe, die ich im Herbst an warme Standorte in der Küche oder im Wintergarten stelle, sodass ich auch in den kalten Monaten ernten kann. Als Pflanzenerde verwende ich biologische Blumenerde, die ich mit etwas Kompost anreichere. Eine gute Drainage im Pflanzkübel ist wichtig, damit sich keine Staunässe bildet, die längerfristig dazu führt, dass die Pflanze krank wird oder abstirbt. Wichtig ist, dass der Topf genügend Abflusslöcher hat. Bei Bedarf bohre ich mit einem Steinbohrer Löcher in den Tonboden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Wasser durch mehrere kleine Löcher besser abfliesst, als durch ein grosses Loch in der Mitte des Topfes. Damit die Löcher nicht verstopfen und das überschüssige Wasser gut abfliessen kann, sollten die Pflanzengefässe eine genügend dicke Lage Drainagematerial enthalten. Ich wähle dazu entweder groben Kies, Tonscherben oder Astmaterial. Damit fülle ich das Gefäss bis zu einem Drittel. Darauf gebe ich ein durchlässiges Vlies, damit sich die Pflanzenerde nicht mit dem Drainagematerial vermischt und die Abflusslöcher verstopft. Wichtig ist auch, dass die Gefässe nicht direkt auf dem Boden stehen und dadurch die Abflusslöcher blockiert sind. Auf das Vlies gebe ich immer eine Lage Brennnesseln und Beinwellblätter, um den Pflanzen eine optimale Starthilfe zu geben, und fülle dann den Topf mit guter Gartenerde auf.
Gartenarbeiten im Mai
Nutzgarten ● Viele Gemüse können direkt in vorbereitete Beete gesät werden, z.B. Karotten, Lauchzwiebeln, Radieschen, Rettiche sowie Salate. ● Bis Mitte Monat sollten alte, fast vergessene Wurzelgemüse wie Pastinake und Petersilienwurzel gesät sein. ● Direkt gesät werden auch Kräuter wie Borretsch, Dill, Petersilie, Rucola, Schnittlauch, Kamille, Kresse, Kerbel- und Bohnenkraut sowie Basilikum. ● Dichte Saaten ausdünnen. Die Pflänzchen sind so auszulichten, dass ausreichend Abstand zur Entfaltung vorhanden ist. ● Gemüsesetzlinge (z.B. Salat, Kohl) regelmässig pflanzen. Dabei Fruchtfolge und Mischkultur beachten. In rauen Lagen ist ein Vlies oder Kulturschutznetz zu empfehlen. Es schützt vor Witterung und schädlichen Insekten. ● Kartoffeln bis Mitte Monat auslegen. ● Im Zimmer-Gewächshaus oder auf dem Fenstersims Gurken, Melonen, Tomaten, Zucchetti und Kürbisse vorziehen. Auch für die Anzucht der Setzlinge von Gewürzen, Fenchel, Lauch, Krautstiel und Kohlarten ist die Zeit günstig. ● Obst- und Beerengarten pflegen.
Ziergarten ● Die meist günstigen Wetterbedingungen – keine extreme Kälte oder Hitze und ausreichende Feuchtigkeit – begünstigen das gute Anwachsen der Pflanzen. Knollen- und Zwiebelblumen wie Dahlien und Gladiolen in Garten und Balkongefässe setzen. ● Frostempfindliche Blumen- und Gemüsesetzlinge in milden Lagen ab Monatsbeginn, in rauen ab Monatsmitte (nach den Eisheiligen) ins Freie pflanzen. Setzlinge aus dem Gewächshaus vor dem Auspflanzen abhärten, damit sie Sonne und Wind ertragen. ● Einjährige Blumen und Gräser, Stauden, Sträucher und Gehölze in den Garten und in Gefässe pflanzen. ● Wärmeliebende Sommerblumen direkt in frisch gelockerte und gejätete Erde säen. Geeignet sind z.B. Löwenmäulchen, Mohn, Jungfer im Grünen, Hain-, Korn- und Ringelblumen, Duft-Wicken, Rittersporn, Kapuziner, Studenten- und Sonnenblumen, Zinnien. ● Der Gartenboden soll nie kahl sein, darum Berikräuter jäten und Gründüngung, z.B. Phacelia, Gelbsenf oder Buchweizen säen. Gründüngung fördert die Bodenfauna, schützt vor Erosion und Nährstoffverlust. ● Sämlinge und Setzlinge vor Schneckenfrass schützen. ● Mit steigenden Temperaturen werden Larven des Buchsbaumzünslers aktiv. Buchs regelmässig auf Befall kontrollieren. Beim ersten Beobachten von Raupen beginnt die Bekämpfung, z.B. mit «Delfin» (biologisches Frassgift, unbedenklich für Nützlinge), oder natürlichem Pyrethrum. ● Abgehärtete Kübelpflanzen ins Freie stellen.
In die Höhe gärtnern Rankende Pflanzen wie Gurken, Tomaten oder Bohnen müssen laufend hochgebunden werden. Dazu verwende ich entweder Bambusstangen oder Rankgitter. Auf unserem Freisitzplatz und dem Balkon machen sich Rankgitter gut, die bereits in Pflanzkübel integriert sind und eine dem Gefäss angepasste Grösse haben. Nebst den oben erwähnten Nutzpflanzen ziehe ich auch schnell wachsende Sommerblüher wie Glockenrebe, Prunkwinde, Duftwicke oder Passionsblume an den Kletterhilfen hoch. Unsere Hausfassade haben wir begrünt mit winterharten Pflanzen wie Clematis, Wildem Wein und alten englischen Ramblerrosen. Tipp: Rankende Gemüsepflanzen können auf Balkon und Terrasse auch als Sichtschutz eingesetzt werden. Ich verwende übrigens das System des Aufbindens auch bei Pflanzen wie Kürbissen, Melonen, Rondini und Gurken, die normalerweise im Garten meterweit kriechen. Bei der vertikalen Anbaumethode brauchen sie viel weniger Platz; darüber hinaus sind sie so leichter zu ernten, da man sich nicht bücken muss. Zu einer der wichtigsten Aufgabe an warmen Tagen gehört das Wässern der Pflanzen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man frühmorgens giessen sollte, denn am Mittag verdunstet das Wasser sehr schnell. Zudem können Wassertropfen auf den Blättern zu Verbrennungen führen, da sie wie ein Brennglas wirken. Auch habe ich festgestellt, dass wir weniger Schneckenbefall haben, wenn wir am Morgen wässern. Die Pflanzen haben so den Tag über Gelegenheit abzutrocknen, bevor die gefrässigen Plagegeister nach Sonnenaufgang auftauchen. Wer am Abend wässert, läuft Gefahr, dass sich die Schnecken nachts hemmungslos über die nassen Pflanzen hermachen. Auf einem Balkon im zweiten Stock dürfte man mit Schnecken eh keine Probleme haben. Jungpflanzen müssen häufiger gegossen werden, da sie noch nicht so starke Wurzeln ausgebildet haben. Prinzipiell sollte man nur die Erde um die Pflanzen herum giessen und nicht die ganze Pflanze benetzen – denn dann würden sich auf den Blättern schnell Pilzerkrankungen ausbreiten. Bei Wochenend-Absenzen pflege ich umgestülpte, mit Wasser gefüllte Flaschen in die mit Kräuter, Minigemüse und Geranien bepflanzten Balkonkästen und Kübel zu stecken, um zu garantieren, dass die Pflanzen während meiner Abwesenheit nicht austrocknen. Mit diesem Trick kann man die geliebten Pflanzen auf dem Balkon oder im Garten gerne einmal auch bei grosser Hitze für ein paar Tage sich selbst überlassen.
Erlebniskurs
Kräutergarten-Erlebniskurs Tageskurs für alle Hobbygärtner und Geniesser – von und mit Frances und Remo Vetter im Kräutergarten des Wellnesshotels Hof Weissbad, Weissbad (AI). Ein Kräutergarten benötigt nicht viel Platz. Aber wie gestaltet man ihn am schönsten? Wie pflegt man ihn? Welche Kräuter sind die Richtigen? Wann wird gesät und gepflanzt? Getreu dem Motto «learning by doing, learning by gardening» nehmen wir Sie mit auf eine Entdeckungsreise in die Welt des Gärtnerns. Freuen Sie sich auf kreative Gartenideen, die faszinierende Philosophie des «Lazy Gardeners» und viel praxisorientiertes Wissen. Das erwartet die Teilnehmer ● Vortrag: Die Gartenphilosophie des «Lazy Gardeners». ● Aktive Mitarbeit im Kräutergarten. ● Tipps zum Anlegen eines Kräuterbeetes für die Küche. ● So halte ich meinen Garten in Schuss: «Bodenpflege und Bodenkosmetik». ● Ansiedeln von Nützlingen. ● Gemeinsames gesundes Mittagessen. Kursleitung Remo Vetter «The Lazy Gardener». Referent und Buchautor. www.thelazygardener.ch Frances Vetter Erwachsenenbildnerin und Künstlerin. www.thewater.ch Ort Wellnesshotel Hof Weissbad, Im Park 1, 9057 Weissbad (AI) Termine Kurs 1 Samstag, 12. Juni 2021, 10 –16 Uhr. Kurs 2 Samstag, 19. Juni 2021, 10 – 16 Uhr. Weitere Kursdaten auf Anfrage. Kurskosten Für «natürlich»-Leser CHF 160.- statt 180.–, inkl. Mittagessen (Salatteller), ohne Getränke. Die Teilnehmerzahl ist auf 15 Personen begrenzt Anmeldung Melden Sie sich an bei Remo Vetter mit dem Vermerk «natürlich»: E-Mail an remo@thelazygardener.ch oder SMS an 079 326 05 84
Frances und Remo Vetter sind als freischaffende Gartengestalter, Referenten und Buchautoren unterwegs.
Fotos: getty-images.com | dave brüllmann, at verlag| www.at-verlag.ch