Die klare Seite der Natur

Von alpinen Kaskaden über verspielte Flüsse bis zum endlosen Moorgebiet: Das Waadtland zeigt alle Facetten des Wassers – und viele Möglichkeiten, es ausgiebig zu geniessen.

Benjamin Haltmeier

Der Weg des Wassers beginnt natürlich in der Höhe, in den Waadtländer Alpen. Und hier präsentiert es sich noch ungezähmt und wild, etwa wenn es über den Dar-Wasserfall zu Tal stürzt. Diese gewaltige Kaskade speist sich direkt aus dem Diablerets-Gletscher und ist mit ihrem Getöse bereits von der Strasse des Col de Pillon aus hörbar – nach zehn Minuten Fussmarsch stehen Besucher*innen dann bereits direkt unter dem Naturspektakel. Und ja, nun könnte man einfach die Füsse in den kleinen Bächen rundum kühlen. Allerdings animieren einen die Fälle schon zu ebenso abenteuerlichen Aktivitäten. Schliesslich führt hier auch ein Klettersteig samt Seilrutsche steil in die Höhe. Wer diese Herausforderung der Via Ferrata annimmt, benötigt in den unteren Abschnitten einiges an Kraft, Gelenkigkeit und Mut, während die Schlusspassagen am Felsen eher nach einer guten Klettertechnik verlangen. Belohnt werden sportliche Gemüter oben dafür mit dem weiten Blick auf das Ormonts-Tal.

Immer der Orbe entlang

Die alpinen Waadtländer Bäche verbinden sich rasch zu Flüssen, die weite Strecken durch die ursprünglichen Landschaften fliessen. Da bietet es sich natürlich an, ebenso ausgedehnte Wanderungen den Wasserläufen entlang zu unternehmen. Eine gute Wahl ist beispielsweise der 17 Kilometer lange Weg von Vallorbe nach Orbe, welcher dem gleichnamigen Fluss folgt. Dieser hat in einem über 50-jährigen Naturschutzgebiet die eindrückliche Orbe-Schlucht mit dem breiten Day-Wasserfall und zahlreichen Stromschnellen geschaffen, und auf der Höhe des Dorfs Les Clées sind zudem Gletschertöpfe zu bewundern, die das Schmelzwasser einst ins Felsgestein grub. Ein solches Naturparadies ist natürlich auch ein perfekter Lebensraum für Tiere, die das kühle Nass schätzen. Mit etwas Glück können Wandernde unterwegs so Forellen, Eisvögel, Silberreiher und gegen Ende der Tour sogar Biber entdecken. Am Ufer wiederum blühen Orchideen unter ursprünglichen Kiefern – nach knapp viereinhalb Stunden ist mit dem Städtchen Orbe dann das Ziel der Wanderung erreicht.

Im Reich der Grande Cariçaie

Weiter unten, am Südufer des Neuenburgersees, wird das Waadtländer Wasser schliesslich träge. Erstaunt es noch, dass viele Gäste entsprechend gemütlichere Aktivitäten in der Natur bevorzugen? Sie zieht es etwa in die Grande Cariçaie, ins grösste Feuchtlandschaft- Schutzgebiet der Schweiz. Auf über 40 Kilometer Uferlinie und rund 3000 Hektaren nimmt man sich gerne Zeit, um die dunklen Moore, flachen Gewässer, die Ried- und Schilfzonen und unberührten Wälder auf einem Spaziergang auf Holzstegen oder auf einer kleinen Velotour zu erkunden. Achtsamkeit und wache Sinne sind dabei von Vorteil: Im sumpfigen Reservat unweit der Stadt Yverdon-les-Bains können aufmerksame Beobachter*innen nämlich auf rund 800 Pflanzen- und 10 000 Tierarten treffen, und bei gemächlichem Tempo klappt das immer noch am besten. Eine perfekte Sicht auf Flora und Fauna bietet zum einen ein Ponton am Ende des Sumpfpfades. Zum anderen liegt mitten in der Grande Cariçaie ein dreistöckiger, hölzerner Aussichtsturm. Wer noch mehr über das Schutzgebiet erfahren möchte, besucht das «Pro Natura»-Zentrum Champ-Pittet. Es liegt in einem prächtigen Schloss aus dem 18. Jahrhundert mit interaktiven Ausstellungen und einem ökologischen Labor. Auch Naturführungen werden von hier aus angeboten.

An der Quelle der Energie

Meist führen Hügel und Täler das Waadtländer Wasser talwärts. In besonderen Fällen sprudelt es aber auch warm aus der Tiefe. In Yverdon-les-Bains schätzten bereits die Römer*innen das schwefelhaltige Heilwasser der hiesigen Quellen. Heute wird es vom lokalen Thermalzentrum genutzt – eine ideale Möglichkeit, um nach einer Wanderung ausgiebig zu entspannen. In der Parkanlage am Ende des Neuenburgersees schweift das Auge bis zum Jura-Balkon, während der Körper in Pools, unter Wasserfällen, in Jacuzzis oder vor Massagedüsen zu Ruhe kommt. Auch ganz im Süden des Waadtlands, direkt an der Grenze zum Wallis, gibt es ein Thermalbad. In Lavey-les-Bains sprudelt dort sogar das wärmste Quellwasser der Schweiz aus dem Boden. Es stammt aus bis 600 Metern Tiefe und wird an der Oberfläche in Becken mit insgesamt 1600 Quadratmetern Fläche geleitet, wo Besucher*innen das Naturwunder auf sich wirken lassen können. Das Heilwasser mit Bestandteilen wie Kieselsäure oder Jod eignet sich schliesslich auch gut zur Behandlung von rheumatischen Beschwerden oder Hautproblemen.

www.yverdonlesbainsregion.ch

www.myvaud.ch

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