Das Schöne liegt so nah – Europas wilde Seiten entdecken

Wenn sich Europa in warme Gold- und Rottöne hüllt, die Tage kürzer und die Nächte kühler werden, beginnt eine der stimmungsvollsten Reisezeiten des Jahres: der Herbst. Es ist die Zeit der langsamen Schritte, der aufmerksamen Blicke und des Innehaltens.

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Und es ist die ideale Jahreszeit, um sich mit Gleichgesinnten in kleinen Gruppen, begleitet von fachkundigen Expertinnen und Experten, diese Naturwunder noch intensiver zu erleben. Denn eine Gruppenreise bedeutet nicht nur geteilte Eindrücke, sondern auch Zugang zu Wissen, das den Blick schärft, die Wertschätzung vertieft und eine neue Verbindung zur Natur schafft. Ob am sturmumtosten Rand der Nordsee, in den uralten Wäldern der Alpen, in den warmen Hügeln der Toskana oder am romantischen Lago Maggiore, wer sich aufmacht, die unberührten Landschaften Europas zu entdecken, wird mit Erfahrungen belohnt, die tief berühren.

Kegelrobben auf Helgoland: Begegnungen in der Brandung

Mitten in der Nordsee, weit draussen vor der deutschen Küste, liegt ein Ort, der so eigenständig wirkt, als gehöre er nicht ganz zu dieser Welt. Helgoland, bekannt für seine roten Felsen, die steil aus dem Meer aufragen, ist mehr als ein Ausflugsziel. Es ist ein Ort, an dem sich die Natur auf eindrucksvolle Weise behauptet hat.

Und es ist der Schauplatz eines aussergewöhnlichen Naturereignisses, das Jahr für Jahr in der kalten Jahreszeit beginnt: die Geburt und Aufzucht der Kegelrobben. Sobald der Herbst Einzug hält und die Strände der Nebeninsel Düne langsam leerer werden, beginnt eine stille Verwandlung. Die Kegelrobben kehren zurück an ihren Geburtsort, suchen sich geschützte Stellen im feinen Sand und bringen dort ihre Jungen zur Welt. Es ist das einzige Gebiet in Deutschland, in dem diese Meeressäuger in freier Wildbahn Nachwuchs zur Welt bringen und mit Abstand der bedeutendste Wurfplatz in Mitteleuropa. Bereits im November können die ersten weissfelligen Jungtiere beobachtet werden, die wie kleine, atmende Schneehügel im Sand liegen, noch unbeholfen, oft dicht an die Mutter geschmiegt. Die Mütter säugen ihre Jungen rund zwei Wochen lang, bevor sie sich wieder ins Meer zurückziehen. Die Jungtiere müssen dann allein zurechtkommen – eine Phase, die über Leben und Tod entscheiden kann.

Während dieser Wochen ist die Düne in ein besonderes Licht getaucht. Die karge Wintersonne liegt flach über dem Wasser, der Wind trägt das Kreischen der Möwen über die Wellen, und aus dem Sand heben sich manchmal nur wenige Meter entfernt die massigen Körper der Robben. Ihre Bewegungen wirken träge, fast schwerelos, ihre Gesichter tragen einen sanften, beinahe menschlichen Ausdruck. Es sind berührende Begegnungen, die ohne Worte auskommen und dennoch lange nachwirken.

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Val Müstair – wenn die Hirsche rufen

Im Südosten der Schweiz, wo die Berge Italiens bereits am Horizont grüssen, liegt das Val Müstair. Ein abgeschiedenes, ursprünglich gebliebenes Hochtal von eindrucksvoller Stille und landschaftlicher Kraft. Umgeben von uralten Arven- und Lärchenwäldern, durchzogen von klaren, eiskalten Bächen und begrenzt von kargen, steilen Hängen, grenzt das Tal direkt an den Schweizerischen Nationalpark, das älteste Schutzgebiet der Alpen.

Hier beginnt im Frühherbst ein archaisches Schauspiel, das zugleich roh und berührend ist: die Brunft der Hirsche. Ihr tiefes, kehliges Röhren hallt durch die Bergwälder, wenn die Männchen ihre Reviere markieren, Rivalen herausfordern und um die Gunst der Weibchen werben. In den frühen Morgenstunden oder zur Dämmerung, wenn der Nebel noch in den Senken hängt und die Luft kühl und klar ist, erklingt dieser uralte Klang der Wildnis. Ein Ruf, der tief ins Innere dringt. Die Hirsche zeigen sich oft nur kurz, scheu und aufmerksam. Ihre Bewegungen sind kraftvoll und angespannt zugleich, jeder Muskel im Dienst des Instinkts. Doch das Val Müstair beeindruckt nicht nur mit der Hirschbrunft. Auch abseits dieses Höhepunkts ist das Tal ein Refugium der Artenvielfalt. Ein lebendiges Archiv alpiner Biodiversität. Gämsen, Steinböcke, Murmeltiere und Auerhühner bewohnen diese Landschaft ebenso wie seltene Moose, alpine Orchideen und spezialisierte Insektenarten. Das Val Müstair ist kein Ort für Eile. Es ist ein Ort zum Ankommen, zum Lauschen, und zum Beobachten.

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Herbstlicher Vogelzug in der ungezähmten Toskana

Die Toskana kennt man für Wein, Zypressen und sanfte Hügel. Doch im Süden liegt eine Region, die aus einem anderen Stoff gewebt scheint: die Maremma. Hier bestimmen dichte Pinienwälder, silbrige Sumpflandschaften und ursprüngliche Küstenstriche das Bild. Wo einst die Etrusker siedelten, öffnet sich heute eine stille Welt für Zugvögel – ein Rückzugsort, ein Rastplatz, ein Labyrinth aus Licht, Wind und Wasser.

Im Herbst wird die Maremma zu einem der bedeutendsten Vogelzugkorridore Italiens. Tausende Vögel passieren die Region auf ihrem Weg nach Süden. In den frühen Morgenstunden, wenn der Dunst noch auf den Feuchtgebieten liegt, steigen Graureiher aus dem Schilf auf, Möwen kreisen über den Lagunen, und auf den niedrigen Bäumen rasten durchziehende Singvögel erschöpft, rastlos oder bereit für den nächsten Abschnitt ihrer Reise. Über den weiten Küstenhorizont ziehen Fischadler, Kraniche und mit etwas Glück sogar seltene Greifvögel wie der Schreiadler oder die Rohrweihe. Die herbstliche Vogelwelt der Maremma ist nicht nur artenreich, sondern erstaunlich vielfältig. In den seichten Wasserläufen des Parco della Maremma suchen Stelzenläufer und Sichelstrandläufer nach Nahrung, während am Himmel immer wieder Trupps von Schwalben und Mauerseglern vorbeiziehen. In den Salzwiesen patrouillieren Flamingos und Löffler, und auf alten Zaunpfählen sitzen Steinschmätzer, Rotkehlchen und Schwarzkehlchen im Zwielicht.

Die Vögel hinterlassen keine Spuren im Sand, aber sie prägen die Landschaft mit ihrer Präsenz.

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Zwischen prächtigen Villen, idyllischen Inseln und historischen Gärten

Der Lago Maggiore entfaltet sich wie ein geheimnisvolles Gemälde am Rand der Alpen, wo das Wasser sanft die Ufer küsst und die Berge im Hintergrund wie stille Wächter thronen. Diese südliche Oase vereint Natur, Geschichte und Kultur auf eine Weise, die Besucher seit Jahrhunderten verzaubert. Hier, zwischen der italienischen und der schweizerischen Seite, offenbart sich eine Welt voller verträumter Schönheit, in der Zeit und Raum scheinbar langsamer fliessen. Die Ufer des Sees sind gesäumt von prächtigen Villen, deren elegante Fassaden in warmen Farben leuchten und von grosszügigen Parkanlagen umgeben sind. Die Villen erzählen von vergangenen Jahrhunderten, als Adelige und Künstler hier ihre Sommerresidenzen errichteten, umgeben von Zitronenbäumen, Oleandern und duftenden Rosen.

Nicht minder faszinierend sind die Inseln, die wie smaragdgrüne Juwelen auf dem See liegen. Die Isola Bella besticht durch ihren barocken Palast und die kunstvoll terrassierten Gärten, die im Herbst in warmes Licht getaucht sind.

Die Isola dei Pescatori, das malerische Fischerdorf, verströmt eine authentische Atmosphäre mit verwinkelten Gassen, kleinen Cafés und der Ruhe des Seealltags.

Die historischen Gärten rund um den Lago Maggiore sind ein weiteres Kleinod. Sie bieten Ruhe und Inspiration zugleich. Es ist ein Zusammenspiel aus exotischen Pflanzen, kunstvollen Statuen und sanft plätschernden Springbrunnen. Besonders im Herbst, wenn das Laub die Landschaft in warme Rot- und Goldtöne taucht, offenbaren die Gärten eine fast magische Stimmung.

Der Lago Maggiore lädt ein, sich treiben zu lassen, den Blick über das glitzernde Wasser schweifen zu lassen und die Mischung aus Natur, Kunst und Geschichte auf sich wirken zu lassen.

Unsere Welt ist voller ungeahnter Wunder. Manche sind laut wie das Röhren der Hirsche, andere leise wie das Tapsen eines Robbenjungen am Strand. Wer diese Wunder entdecken will, findet sie nicht in Broschüren, sondern draussen. Auf Helgoland, in der Maremma, im Val Müstair oder am Lago Maggiore. Und wer sie gemeinsam mit anderen erlebt, im Rahmen einer gut geführten Gruppenreise, wird mit Eindrücken nach Hause fahren, die tiefer gehen als jeder Sonnenuntergang. Denn die Natur zeigt sich am eindrücklichsten, wenn man nicht nur schaut, sondern versteht.

www.arcatour.ch

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