Drei Alarmglocken in der Partnerwahl

Leila Dregger

Seit Platons Fantasie vom Kugelmenschen hält sich eine Illusion hartnäckig in unseren Köpfen: Jeder von uns hat einen Menschen, der zu uns passt. Liebe sei demnach keine Sache des Lernens, der Entscheidung, der aufrichtigen Bemühung, sondern: des Findens und Gefunden-Werdens. Schade, dass wir Platon selbst nicht mehr fragen können, sicher würde er sich missverstanden fühlen.

Für das Finden ist heute die Elektronik zuständig. Irgendwo im Meer der Daten ist sie und wartet nur darauf, vom richtigen Algorithmus herausgefischt zu werden: unsere andere Hälfte, unser Traumpartner, das perfekte Match. Dann sind alle Liebesprobleme beendet, gemeinsam schweben wir in den Sonnenuntergang ewiger Glückseligkeit. Bis dahin wischen wir uns geduldig durch die Dating Apps, durch schier grenzenlose Vorschläge, verführerische Bilder und Selbstanpreisungen. Ob Kennenlernen durch Algorithmus, Besuch von Partys und Sportvereinen oder Vermittlung durch Freunde – danach kommt die Frage: Ist er oder sie der oder die Richtige? Lohnt es sich, uns einzulassen – oder suchen wir noch weiter? Wie prüfen wir, bevor wir uns binden?

Dafür reichen keine Videos oder Sprachnachrichten: Wir müssen uns gegenübersitzen, uns spüren, um Resonanz zu fühlen – oder nicht. Weckt das Gegenüber unser Vertrauen? Unsere Lust? Können wir sie gut riechen? Was löst seine Stimme in uns aus? Fühlen wir uns wohl miteinander? Das sind Entscheidungskriterien, die nicht unser Kopf, sondern unser Körper trifft. Und damit eine sehr wichtige Stimme. Aber nicht die einzige.

Zieht uns Gegensätzlichkeit zwar oft an, wird sie auf Dauer eher anstrengend. Eine haltbare Partnerschaft braucht gemeinsame Werte, Grosszügigkeit, Interesse, Geduld bei Schwierigkeiten sowie die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen, über die eigenen Gefühle zu sprechen und sich selbst auch mal zurückzunehmen. Um das voneinander kennenzulernen, braucht man Zeit. Zeit, die man sich oft nicht nimmt … denn da gibt es ja noch so viele Möglichkeiten.

Ich möchte hier die Weisheit von Rabbi Shais Taub wiedergeben, einem jüdischen Mystiker und Suchttherapeuten aus Chicago. Er nennt drei Alarmglocken, an denen wir erkennen, dass ein «Match» doch nicht der Richtige ist.

Alarmglocke 1: Er (oder sie) betont, du bist die Einzige, du machst mich erst vollständig, ich habe mein ganzes Leben nach dir gesucht. Hörst du das, zieh weiter. Denn du sollst Gott für ihn sein, und das kann niemand.

2. Sie (oder er) spricht über ihren Ex wie über einen Feind, voll Spott oder Häme. Er ist schuld an allem. Wisse: Sie hat nichts gelernt und wird auch irgendwann über dich so sprechen. Zieh weiter!

3. Er (sie) hat keine Vision und kein Ziel im Leben – nichts, worauf er hinfiebert, was ihn begeistert. Wenn du das merkst, suche weiter! Dieser Mensch will seine existenzielle Leere mit einer Beziehung überdecken, das kann nicht gut gehen.

Übrigens: Paarforscher sehen die Empfehlung von Freunden als erfolgreichste Partnerfindemethode. Denn durch das Vorschussvertrauen in unsere Freunde lassen wir uns eher auf eine zweite Verabredung ein als bei einem Internet-Match, selbst wenn die erste Verabredung nicht so traumhaft war wie ersehnt. Wir nehmen uns mehr Zeit. Und Zeit ist, was wir brauchen.

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