«Spruch des Konfuzius»

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit

Keine Ungeduld bef lügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt
Ihren Lauf, wenn sie enteilt.
Keine Reu, kein Zaubersegen
Kann die stehende bewegen.

Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Reie,
Nimm die Zögernde zum Rat,
Nicht zum Werkzeug deiner Tat.
Wähle nicht die Fliehende zum Freund
Nicht die Bleibende zum Feind.

Dreifach ist des Raumes Mass
Rastlos fort ohn Unterlass
Strebt die Länge; fort ins eite
Endlos giesset sich die Breite;
Grundlos senkt die Tiefe sich.

Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts musst du streben,
Nie ermüdet stillestehn,
Willst du die Vollendung sehn;

Musst ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe musst du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke,
Band 1, München 31962, S. 226-227, 238-239.
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