« Heil aller Welt »

Kategorie: Heilpflanze


Ehret und preiset das einzig wahre Heilmittel, die vera unica medicina ! So hoch verehrt der Ehrenpreis früher war, wird das Pflänzchen heute fast nur noch von achtsamen Spaziergängern gepriesen, welche das schöne Wegerichgewächs am Wegrand entdecken.



Die himmelblauen Ehrenpreisblüten leuchten bezaubernd schön in Rasenflächen und Wiesen. Weltweit gibt es über 450 Arten der Pflanzengattung Ehrenpreis (Veronica). Hierzulande kennen viele die gängigeren Arten wie zum Beispiel den Gamander- (V. chamaedrys) und Acker-Ehrenpreis (V. agrestis) oder den Efeu-Ehrenpreis (V. hederifolia). Diese Arten verwandeln den Boden über weite Flächen hinweg in ein blaues Meer; sie holen, sinnbildlich gesprochen, mit ihren unzähligen zierlichen Blüten den Himmel auf die Erde.

Weniger bekannt ist der Echte Ehrenpreis (Veronica officinalis), der auch Wald-Ehrenpreis genannt wird und in einem hellen blaulila Ton blüht. Bei unseren Vorfahren galt dieser als sehr wichtiges und heiliges Kraut, das als Grundheilkraut, Heil aller Welt oder auch Heil aller Schäden bezeichnet wurde. Das kommt nicht von ungefähr, kam der Echte Ehrenpreis doch bei sehr vielen Beschwerden zum Einsatz.

Noch vor nicht allzu langer Zeit ordnete man den Ehrenpreis den Braunwurzgewächsen (Scrophulariaceae) zu; heute zählt er zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Er mag windgeschützte Standorte, ist sommerwärmeliebend und bevorzugt nährstoffreiche, lehmhaltige Böden. Sein Wesen ist relativ nässescheu und es verabscheut gedüngten Boden. Der Echte Ehrenpreis ist deshalb vorwiegend in trockenen, lichten Wäldern, an Waldrändern, abgeholzten Flächen, Hecken und an Wegrändern zu finden.

Das Pflanzenwesen wahrnehmen

Einen grossen Teil seines Lebens verbringt der Ehrenpreis in unmittelbarer Nähe zu Mutter Erde: Die zarte Pflanze wächst nicht in die Höhe, sondern bildet mit ihren schlängelnden, oberirdischen Ausläufern, die sich immer wieder neu verwurzeln, regelrechte Blütenkissen. Seine Ausläufer und die grünlichen, fast silbriggrauen Blätter sind auffallend weich behaart. Die Laubblätter sind eher breit, eiförmig, gegenständig angeordnet und am Rand leicht gesägt. Erst in der Blütenzeit, von Mitte Mai bis Ende August, streckt sich der Ehrenpreis zum Himmel hoch und beginnt aufzustängeln. So kann er eine Höhe von 10 bis 15 Zentimeter erreichen. Die Blüten wachsen, wie Trauben, an einer Rispe und meist nur im oberen Drittel der Pflanze. Sie bestehen aus vier Kelchblättern, die in zarten Blau-Violett-Lila-Tönen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Wenn ich mich hinsetze, um die feinstoffliche Ebene eines Pflanzenwesens während einer meditativen Kontaktaufnahme auf mich wirken zu lassen, nehme ich den Ehrenpreis als ein schlangen- und drachenähnliches Wesen wahr. Es bewegt sich schlängelnd und meinen Körper umwindend von den Füssen her aufwärts in Richtung Kopf, um in meinem Kopf seine volle Blütenkraft zu entfalten. Dabei nehme ich eine angenehme Reduzierung der Wärme in meinem ganzen Körper wahr, vor allem in meinem Haupt. Ich beginne mich zu entspannen. Die Gedanken und die Welt um mich herum werden still. Dann durchdringt ein leises Raunen, ein zärtliches Flüstern meine Wahrnehmung. Die Atmung wird tief und ich beginne loszulassen. Nach und nach stellt sich ein Gefühl der Ruhe ein. Zufriedenheit und das Gefühl von tiefer Verbundenheit erfüllen mich. Ich fühle mich Ganz. Die Freiheit, die Grenzenlosigkeit des Himmels ist plötzlich zum Greifen nah.


Anwendungstipps



● Für eine Tasse Tee braucht es zwei Teelöffel Ehrenpreis: -einfach mit kochendem Wasser übergiessen und 5 Minuten -ziehen lassen. Dreimal täglich je eine 1 Tasse davon trinken. Das treibt den Harn und den Schweiss, wirkt blutreinigend und senkt die Blutcholesterinwerte.

● Für einen Umschlag ein Baumwolltuch in Ehrenpreistee -tränken und dann auf die Wunden oder Hautausschläge legen. Dies hilft gegen Entzündungen und Verletzungen.



● Einen starken Tee kann man auch als Mundspülung und -Gurgelmittel nutzen. Das hilft bei Zahnfleischbeschwerden, Entzündungen und Mandelerkrankungen.

● Ein besonders wirksamer Tee gegen Hautjucken im Alter -besteht aus Ehrenpreis, Baldrianwurzel und Holunderblüten in gleichen Teilen. Ein Esslöffel dieser Mischung mit einer Tasse Wasser in der Pfanne kurz aufkochen und danach 15 bis 20 -Minuten ziehen lassen. Täglich zwei bis drei Tassen trinken. Die Baldrianwurzel beruhigt die Nerven und die Zellen der Haut, was die Reduktion von Juckreiz unterstützt.

● Alle Arten des Ehrenpreises sind essbar und eignen sich für die Wildkräuterküche. Dazu sammle man das blühende Kraut für Salate und Suppen. Getrocknet und grob zerkleinert dient es als herb aromatisches Würzmittel.



Für Haut und Atemwege

Ein älterer Name des Echten Ehrenpreises lautet «Grindheil». Das kann man in zweierlei Hinsicht deuten: Zum einen, dass der Ehrenpreis bei Kopfschmerzen eingesetzt wurde – die kühlen Farbtöne der Blüten deuten auf eine beruhigende, erfrischende und entspannende Wirkung der Kopfregion hin. Die Heilpflanze eignet sich also für Menschen, die viel geistige Arbeit verrichten müssen oder bei Nervosität, Schwindel und Schwermut infolge von geistiger Überanstrengung. Sogar bei Gedächtnislücken und zur Stärkung des Erinnerungsvermögens kann ich den «Grindheil» einsetzen. Zum anderen bedeutet «Grind» auch Schorf oder Kruste. Und tatsächlich wirkt der Ehrenpreis innerlich und äusserlich hervorragend bei Milchschorf von Babys. Ebenso bei chronischen Hautleiden wie Ekzemen, Neurodermitis, Schuppenflechte, Krätze, Altersjucken oder Akne. Und auch bei Verbrennungen und entzündeten Wunden verschafft «Grindheil» Linderung.


Ehrenpreis ist mit seiner flächigen Ausbreitung ein wunderbarer Bodendecker. Diese Wuchsart, gepaart mit den zarten, ja schon fast hinfälligen Blüten, signalisiert mir Schutz und Grenzen, was hervor-ragend passt zur Haut. Und da die Haut ein Spiegel unserer Gefühlswelt ist, verwende ich den Ehrenpreis sehr gerne bei Hautproblemen mit emotionalem Hintergrund.

In seiner deutlichen Blattausprägung und der feinen Behaarung wiederum erkenne ich seine lungenstärkende Wirkung. Das bestätigt die Laboranalyse: Der Echte Ehrenpreis enthält viel Aucubin. Dieser sekundäre Pflanzenstoff wirkt stark antibakteriell, entzündungshemmend und reizmildernd. Daher nutze ich den Ehrenpreis gerne bei einer Sommergrippe mit Erkältungsbeschwerden, wie Husten, Katarrh oder Verschleimung der Atemwege. Auch Menschen, die empfindlich auf Schimmelpilzsporen reagieren, können von der Wirkung des Ehrenpreis profitieren.


In seinem schlängelnden Wuchs mit unzähligen Ausläufern erkenne ich zudem ein vermittelndes, verbindendes Prinzip: den Götterboten Merkur. Aber da ist noch mehr versteckt im nicht sichtbaren Bereich, denn einer seiner weiteren Namen, Allerweltsheil, weist mich auf die höhere Oktave des Merkurs hin – quasi auf sein höheres Selbst, den Planeten Chiron. Ihm sind Dünndarm, Stoffwechsel und Unterleib zugeordnet – Unterleibsbeschwerden, Verdauungsstörungen und Darmentzündungen sind sein Gebiet. Chiron werden allgemein Pflanzen zugeordnet, die fast alles heilen können, so wie eben der Echte Ehrenpreis.

Die Kraft des Ausgleichs

Diese dem Ehrenpreis innewohnende Kraft kann mich rasch ins Gleichgewicht bringen. Sie hilft mir, das Energiezentrum zwischen den Augenbrauen, das dritte Auge, weiter zu öffnen, meine Sinne zu schärfen und meine Beobachtungsgabe immer präziser werden zu lassen, um mich noch tiefer mit meiner inneren Göttlichkeit zu verbinden. Auf der psychischen Ebene wirkt der Ehrenpreis der Tendenz entgegen, sich mit selbstkritischen, ständig nörgelnden Gedanken und destruktiven Energien zu belasten. In der alten Volksheilkunde gehörte der Ehrenpreis denn auch zu den «Beschreikräutern». Damit sind Pflanzen gemeint, die gegen das Verfluchen und Verhexen schützen.

Wenn sich schlimme Vorahnungen im Kopf festsetzen oder mich ein Schaudern erfasst als Vorbote eines Übels, kann es helfen, in aller Ruhe durchzuatmen und einen Tee aus Ehrenpreis zu trinken. Dieses wunderbare Pflanzenwesen hilft mir, mich von negativen Gedanken und bösen Geistern abzugrenzen und mich wieder selbst zu spüren. Es hilft auch, meine eigenen Gefühle von den Gefühlen anderer klar zu unterscheiden. Es geht darum, mich frei zu machen vom Urteil anderer und meinen eigenen Weg zu gehen. Wenn jeder eine eigene, stabile emotionale Haltung erlangt, ist ein Leben in Gemeinschaft besser lebbar.


Der Ehrenpreis ist allgemein ein wunderbarer Verbinder und rundet viele Teemischungen, Ölauszüge, Tinkturen, Bachblüten und Wildkräutergerichte ab. Auch solche, die nicht wirklich harmonieren. Die stärkste Heilkraft übrigens besitzen jene Ehrenpreispflanzen, die unter Eichen wachsen. Mit etwas Glück kann man dort sogar einige der seltenen, ausschliesslich weiss blühenden Exemplare finden. //





Steven Wolf hat schon als Kind von seiner Grossmutter altes Pflanzenwissen gelernt und weiss um die Kraft der Natur mit all ihren sichtbaren und unsichtbaren Wesen. Er lebt im Jurtendorf in Luthernbad, wo er zusammen mit seiner Partnerin ganzheitliche Pflanzenkurse für interessierte Menschen durchführt.

www.pflanzechreis.ch




Fotos: istockphoto.com | mauritius-images.com | zvg

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