Die Kraft des Urheilers

Kategorie: Heilpflanze


Die Hirschzunge liebt kühle, feuchte Schluchten, Felsspalten und altes Gemäuer. Wer sie als Heilmittel einsetzen möchte, sollte das Streifenfarngewächs im Garten pflanzen. Denn in freier Natur steht die Hirschzunge unter Schutz.




In den lichtarmen Monaten wird der Wald zu einem grünen Pfad der Magie. Ich liebe es, in dieser Zeit frohen Herzens durch die Wälder zu schreiten. Manchmal, wenn es ganz still wird, höre ich dabei das Raunen der Ahnen. Der Wald nimmt uns im späten Herbst tröstend in die Arme und mit ihm seine immergrünen Bewohner. An nassen, schattigen Standorten und in düster anmutenden Schluchten treffe ich auf meinen Streifzügen den Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium) an. Mit seiner grünen, glatten Zunge unterscheidet er sich klar von anderen Farmarten, die in der Regel gefiederte Blattwedel aufweisen. Der Hirschzungenfarm, schlicht auch Hirschzunge oder auch Hirschfarn genannt, wächst oft an Orten von bezauberndem, geheimnisvollem, leicht düstererem Charakter. Er gedeiht selbst bei nur 20 Prozent Tageslicht prächtig. In der Pflanzensymbolik bedeutet das, dass eine starke Lichtaufnahme vorhanden ist. Deshalb gehört die Hirschzunge zu den Pflanzen, die das Licht der Liebe und Hoffnung in der Tiefe der Dunkelheit verkörpern.

Der meditative Zugang

Ein äusserst schöner Weg, sich einer Pflanze zu öffnen, ist die Meditation. Die Hirschzunge haben wir in einer Gruppenmeditation erforscht, die Erkenntnisse zusammengetragen und dabei erkannt, dass sie eines der ältesten Farne der grossen Mutter Erde ist. Gleichzeitig spürten wir eine enge Verbundenheit mit dem Herrn des Waldes, dem grünen wilden Mann, dem männlichen Teil der Natur. Das heisst, dass der Hirschzungenfarn die Kraft des Urschamanen respektive des Heilers in uns selbst und die Kraft der äusseren Natur verkörpert. Durch die dunklen Schluchten blickt er tief in unser Seelenleben. Das Wesen der Hirschzunge fordert dazu auf, sich in seiner ganzen Tiefe berühren zu lassen, sich seiner Seele hinzugeben und zu entfalten. Echter Wandel wirkt aus dem Innern heraus. Immer wieder gilt es zu prüfen, was wirklich ist und was nur Schall und Rauch. Die Konzentration, die Schau nach innen, tief in sich hinein sollte jetzt geschehen, immer wieder. Doch wir suchen die Kraft der Veränderung und des Wandels im Chaos allzu oft in der Aussenwelt. Dabei vergessen wir, dass das Zentrum des Geschehens tief in uns liegt. Die Kraft der Veränderung ist still. In sich ruhend. Machtvoll.

Das Licht der Erde

Die immergrüne Kraft der Hirschzunge ist verbunden mit der Flamme des Feuers, das nie erlischt: dem inneren Licht der Erde. Wenn wir es schaffen, in uns einen Raum der Stille zu kreieren, verlieren wir uns nicht im Aktivismus. Im Gegenteil werden wir fähig, im Moment zu ruhen, egal was passiert. Haben wir diesen inneren Raum der Stille gefunden, können wir ihn immer wieder betreten und uns auf ihn fokussieren. Es geht darum, die innere Stabilität bewusst zu fördern. Zum Beispiel, indem jeder für sich selbst in seinem Zentrum die reine Liebe der Christusenergie erkennt – eine Liebe, die nicht wertet und urteilt.


Das Wesen der Hirschzunge bringt die Freiheit des Atmens, der Gedanken und des Handels zurück. Wenn man es noch nicht fühlen kann, bittet einem die Hirschzunge, sich auf den Weg zu machen, um in der tiefsten inneren Stille das eigene Licht zu erkennen. Nach Schock, Trauma oder Mobbing verkrampft sich oft die Atemmuskulatur. Mit dem Steifwerden der Muskulatur findet auch eine Einengung des Herzens, der Gedanken und der Psyche statt. Dadurch stellt sich ein Röhrenblick ein und man ist nicht mehr offen für prozessorientierte Lösungen oder alternative Möglichkeiten. So wird das eigene Wachstum eingeschränkt und die Veränderung bleibt auf der Strecke. Das nennt man den Todstellreflex. Mit der Unterstützung des Urschamanen der Pflanzenwelt, der Hirschzunge, können wir diesen lösen.


«Die Hirschzunge gehörte zu den sechs wichtigsten abendländischen Pflanzen zur Lebensverlängerung.»


Breites Wirkspektrum

Die Hirschzunge hatte einst eine grosse Bedeutung als pflanzliches Heilmittel: Es gehörte zu den sechs wichtigsten abendländischen Pflanzen zur Lebensverlängerung. Die Besonderheit des Pulvers der Hirschzunge liegt in seiner raschen Wirkung und dem breiten Anwendungsspektrum. Man setzt es als Sofortmassnahme bei Schock und verschiedenen Schmerzgeschehen ein, ebenso nach Operationen, Gehirnerschütterungen oder Angstzuständen. Hier wirkt es entkrampfend auf Körper, Geist und Seele. Hirschzungenpulver ist auch eine schnelle Hilfe bei periodisch auftretenden Schmerzen, chronischen Entzündungen, Kopfschmerzen, Migräne, Muskel-, Rücken-, Gelenk- und Brustschmerzen. Geschätzt wird auch die adstringierende, entzündungshemmende Wirkung auf die Schleimhäute sowie der auswurffördernde und schleimlösende Effekt bei Husten. Das Hirschzungenelixier wiederum ist eines der besten Lebermittel. Oft wird vergessen, dass die Leber bei fast allen chronischen Erkrankungen mitbehandelt werden sollte, besonders bei chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma oder Allergien. Hirschzungenelixier kann man selbst machen (Rezepte gibt es im Internet) oder, wie das Pulver, in Apotheken kaufen.


Mit der Hirschzunge und etwas Geduld heilt so manche Krankheit oft vollständig aus. Man kann die Heilpflanze aber auch vorbeugend nehmen. Sie unterstützt die Ausleitung über das Lymphsystem, stärkt sämtliche Drüsenfunktionen der Bauchspeichel- und Schilddrüse, der Leber-Gallenblase und der Milz und befreit so den Körper von Lebensmittelzusätzen und Giftstoffen.


Hirschzungenpulverkur



Zur Heilung bei Lungenleiden verwendet man das Pulver für eine Kur in ansteigenden Dosen über sechs Wochen. Man kann es in Apotheken kaufen oder selbst machen. So gehts:

1. Von Mai bis September vom eigenen (!) Bestand einige junge Blätter, an deren Blattunterseite keine Sporen vorhanden sind, -ernten und zum Trocknen an einen luftigen Ort aufhängen. Man kann auch jetzt im Oktober noch ernten, doch normalerweise ist Ende September Samhain-Ernteverbot.


2. Sobald sie vollständig getrocknet sind, die Blätter pulverisieren, z. B. im Mixer oder Mörser.


3. Das Pulver der getrockneten Blätter wird traditionell aus der Hand geleckt. Ich finde diese urtümlich-urchige Art der Einnahme sehr schön, weil dadurch der älteste Teil des Gehirns, das Reptilienhirn, angesprochen wird.

Je nach Intensität der Schmerzen wird das Hirschzungenpulver mehrmals täglich eingenommen. Bei akuten Notfallsituationen kann man jede Stunde einen Teelöffel einnehmen, mehr nicht. In der Regel reichen zwei bis drei Messerspitzen drei Mal täglich vor und nach dem Essen.


Die Kur dauert vier bis sechs Wochen. Man beginnt mit kleinen Dosen und steigert allmählich die Einnahmemenge. Konkret: in der ersten Woche dreimal täglich eine Messerspitze, in der zweiten Woche zwei Messerspitzen und so weiter. In der sechsten Woche wieder auf zwei Messerspitzen reduzieren. Danach sollte man eine vierwöchige Pause einhalten. Diesem Intervall folgend kann man das Hirschfarnpulver ein halbes Jahr lang einnehmen, bis die Beschwerden abgeklungen sind.


Bei akuten Zuständen kann man einen Tag lang jede Stunde einen Teelöffel voll einnehmen. Das ist zugleich die Höchstdosis.





* Steven Wolf hat schon als Kind von seiner -Grossmutter altes Pflanzenwissen gelernt und weiss um die Kraft der Natur mit all ihren sichtbaren und unsichtbaren Wesen. Er lebt in Escholzmatt, wo er zusammen mit seiner -Partnerin ganzheitliche Pflanzenkurse für -inte-ressierte Menschen durchführt. Im Lochweidli steht dafür eine eigens gebaute Schuljurte.

www.pflanzechreis.ch


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