Wohnen für Hilfe

Mit dem Projekt «Wohnen für Hilfe» vermittelt Pro Senectute im Kanton Zürich junge Student*innen mit älteren Menschen, die Hilfe im Haushalt benötigen. Im Gegenzug für ihre Unterstützung dürfen die Student*innen kostenlos bei ihnen wohnen.

Lena Kissoczy

Auch die Studentin Carina Accola und die Rentnerin Irene Fazzini machen beim Wohnprojekt von Pro Senectute mit: Seit letztem August wohnen die beiden Frauen gemeinsam in Irene Fazzinis Wohnung in Buch am Irchel. Von der Wohnung aus ist Carina Accola schnell an der ZHAW in Winterthur, wo sie Betriebsökonomie studiert. Neben ihrem Studium arbeitet die Studentin auch noch, denn dieses muss sie sich selbst finanzieren. Das Projekt «Wohnen für Hilfe» ist für sie deshalb besonders vorteilhaft, da sie dadurch neben Studiengebühren und anderen Lebenshaltungskosten wenigstens nicht auch noch Miete bezahlen muss. Statt mit Mietgeld bezahlt sie mit Hilfeleistung – die von Pro Senectute bestimmte Tauschregel ist dabei im Monat eine Stunde Hilfe pro Quadratmeter Wohnfläche sowie Nebenkosten. Diese Unterstützungsleistungen können Verschiedenes umfassen, von Hilfe im Haushalt über kleinere Reparaturen bis hin zu Begleitung oder gemeinsamen Aktivitäten. Die tatsächlich von den Senior*innen beanspruchten Leistungen variieren dabei je nach Bedarf. Irene Fazzini führt keine Buchhaltung über die geleisteten Stunden, die in ihrem Fall jeweils 15 Stunden im Monat für die 15 m2 grosse Wohnfläche betragen würden – vielmehr hilft Carina Accola einfach dort, wo es sie gerade braucht. An manchen Tagen gehört da Wäschewaschen dazu, an anderen will das Auto geputzt werden – oder manchmal muss auch einfach ein verklemmtes Konfitürenglas aufgedreht werden, wie die Studentin schmunzelnd einwirft. Irene Fazzini ist vor allem um diese kleinen Hilfeleistungen froh, denn seit sie an Gesundheitsproblemen leidet, gehen manche Dinge, wie Gegenstände von hohen Regalen herunterholen, einfach nicht mehr.

Durch ihre Gesundheitsprobleme ist vor vielen Jahren auch Irene Fazzinis erste Mitbewohnerin in die Wohnung gekommen: Nach einer Knieoperation brauchte die Seniorin Unterstützung und holte sich eine Pflegekraft ins Haus. Später ist sie online auf Pro Senectutes Angebot «Wohnen für Hilfe» gestossen, und ist nun schon jahrelang Teil des Programms. Dank des Projekts hat sie immer jemanden, der bei ihr wohnt, was wichtig für sie ist, denn ihre Familie lebt weiter entfernt oder ist berufstätig und kann daher nicht oft vorbeikommen.

Während Irene Fazzini eine Mitbewohnerin suchte, schaute sich Carina Accola nach einer Unterkunft in Zürich um. Geplant war eigentlich, in eine WG zu ziehen, doch die Suche gestaltete sich als schwierig. So recherchierte sie andere Möglichkeiten – und stiess auf das Projekt von Pro Senectute. Zwischen den beiden Frauen hat es sogleich geklickt – nur vier Tage nach ihrem ersten gemeinsamen Treffen zog Carina Accola bei Irene Fazzini ein. Und am Tag nach ihrem Einzug begleitete die Studentin die Seniorin bereits zu einem Familienfest. So überstürzt, wie sich das auch anhören mag, für Irene Fazzini zählen die jungen Mitbewohner*innen schnell zur Familie. Sie hält immer noch Kontakt zu früheren Mitbewohner*innen, die sie auch um Hilfe anfragen kann, wenn Carina einmal nicht da ist. Denn Carina Accola stammt ursprünglich aus Davos und verbringt noch immer fast die Hälfte der Woche in Graubünden. So ist Irene Fazzini gut drei Nächte allein – was jedoch für sie kein Problem darstellt. Unterhaltung und Beschäftigung hat sie auch sonst genug, denn die Seniorin ist Mitglied bei zahlreichen Vereinigungen. Und wenn sie einmal Hilfe braucht und ihre junge Mitbewohnerin nicht da ist, kann sie immer jemanden aus der eng vernetzten Nachbarschaft um Unterstützung fragen. Ausserdem kommt regelmässig eine Putzfachkraft in die Wohnung, die bei Bedarf sogar Carinas Zimmer gleich mitputzt.

 


Das Frühstück essen die beiden Frauen immer zusammen.

 

Zusätzlich zu ihrem Zimmer hat die Studentin auch ein eigenes WC, das Bad teilt sich das Wohnpaar. In die Quere kommen sich die beiden dabei nie: «Wir müssen ja auch nicht unbedingt gerade duschen gehen, wenn die andere auf der Toilette ist», lachen sie. Sowieso lebt es sich trotz Altersunterschied sehr gut miteinander: Frühstück essen die beiden gemeinsam, dann geht jede ihrem Tagesablauf nach. An den Geräuschen der anderen stören sie sich dabei nie; Irene Fazzini wacht nicht einmal bei geöffneter Schlafzimmertüre auf, wenn Carina nach Hause kommt und der Studentin macht es nichts aus, dass das Radio den ganzen Tag lang läuft. Eine ideale Wohngemeinschaft, die die beiden nur wärmstens weiterempfehlen können. «Das Projekt von Pro Senectute ist wirklich optimal», schwärmen beide einstimmig. «So haben wir beide genau das, was wir brauchen.»

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