«Wir wollen den Bauernfamilien Wissen vermitteln»

Katja Brügger ist gelernte Drogistin, arbeitet heute aber bei der Firma Animalmed im Bereich Phytotherapie. Die Unterschiede zwischen Menschen und Tieren seien gar nicht so gross, sagt sie. Ihr Ziel: Die Bäuer*innen ganzheitlich beraten und pflanzliche Wirkstoffe möglichst schon prophylaktisch einbringen.

«natürlich»: Die Haltung von Nutztieren ist heute stark von Technik und modernen Methoden geprägt. Warum hat die Naturheilkunde keinen grösseren Stellenwert?

Katja Brügger: Komplementärmedizin in der Tierhaltung wird oft als kompliziert angeschaut. Zu Unrecht. Es ist auch mehr möglich, als man denkt. Zum Glück gibt es sehr viele Schweizer Bäuerinnen und Bauern, welche ihre Tiere naturheilkundlich behandeln. Das hat auch einen Wert. Leider ist das in keinem Label enthalten. Dabei hätte der vermehrte Einsatz von naturheilkundlichen Methoden grosse Vorteile. Auch für die Umwelt und die Gesellschaft. So wird trotz aller Bemühungen noch immer recht viel Antibiotika in der Tierhaltung verwendet. Dabei ist zu wenig bekannt, dass viele Heilpflanzen nicht nur antibakteriell, sondern auch antiviral wirken.

Hier kommen Sie ins Spiel. Was bieten Sie an?

Wir sind im Bereich pflanzliche Tierheilkunde tätig und hier voll auf die Phytotherapie ausgerichtet. Alle unsere Produkte haben einen hohen Anteil an pflanzlichen Inhaltsstoffen, welche man vorbeugend oder auch zur Unterstützung der Heilung einsetzen kann. Dies erfolgt entweder begleitend zur tierärztlichen Behandlung oder im Idealfall bereits vorbeugend, bevor es zur Behandlung kommt. Ziel ist es, zum einen die Tiere möglichst gesamtheitlich zu betrachten und zu behandeln. Dann hat unser Ansatz aber auch andere positive Nebeneffekte wie etwa möglichst auf Antibiotika verzichten zu können.

Woher beziehen Sie Ihre Produkte? Und haben Sie auch homöopathische Heilmittel im Angebot?

Homöopathische Heilmittel bieten wir nicht mehr an. Das kam unter anderem daher, weil wir 2015 den schweizerischen Vertrieb der Firma Dr. Schaette übernommen haben. Das ist eine der grössten Firmen in Deutschland, welche seit über 100 Jahre pflanzliche Produkte für die Tiergesundheit herstellt. Diese Produkte gibt es teilweise mit der gleichen Rezeptur seit 60 Jahren. Dann haben wir Einzelkräuter im Angebot, bei denen wir hochstehende Qualität einkaufen. Die Produktepalette abrunden Produkte, welche eine Drogerie nach unserer Rezeptur herstellt. Altes Wissen neu verpacken, dies ist unsere Devise, welche sich in all unserem Produkten wiederspiegelt.

Wie arbeiten Sie genau?

In 90 Prozent der Fälle sind wir bei den Bauernfamilien direkt. Sie kommen selbst auf uns zu. Manchmal werden wir aber auch über die Tierarztpraxen involviert. Ein häufiges Thema ist Lungenentzündung bei Kälbern. Wir versuchen dann, eine allumfassende Beratung zu machen. Denn Krankheiten haben meistens viele Ursachen. Kommen die Kälber geschwächt zur Welt? Herrscht Zugluft? Ist das Futter nicht gut? Hatten die Kälber nicht genügend Biestmilch? Hier können wir dann mit unserer Beratung ansetzen und Heilpflanzen zur Linderung einsetzen.

Dann sehen Sie sich vor allem auch als Beraterin?

Richtig! Uns ist wichtig, dass wir gesamtheitlich beraten und nicht einfach verkaufen. Vor allem wollen wir Bäuerinnen und Bauern selbst Wissen vermitteln. Denn manchmal kann man mit einfachen Mitteln viel erreichen. Indem man etwa der Milch, welche die Kälber bekommen, etwas Thymiantee beimischt. Deshalb bieten wir auch viele Schulungen an. Seit der Covid-Pandemie führen wir auch Online-Kurse durch. Diesen Winter haben wir sechs Online-Webinare durchgeführt, an denen insgesamt rund 1000 Personen teilgenommen haben. Wir führen aber auch Kurse vor Ort durch, etwa an Landwirtschaftsschulen.

Welche Erfolge erzielen Sie mit Ihren pflanzlichen Wirkstoffen bei Tieren?

Eigentlich ist unsere Vorstellung, dass die Betriebsleiterinnen oder Betriebsleiter uns kennen und uns anrufen, damit wir vorbeugend helfen können. Oft kommen wir in der Praxis aber erst auf den Betrieb, wenn sie schon alles versucht haben, aber nichts erreicht haben. Wir kommen dann oft zu Tieren, welche die Tierärzt*innen bereits abgeschrieben haben, und eine Schlachtung empfehlen. Wenn uns die Bäuer*innen anrufen, dann versuchen wir zunächst mal eine Bestandesanalyse zu machen. Wir schauen dann das Ganze ganzheitlich an. Nicht nur die Krankheit isoliert, sondern das gesamte Tier. Verschiedene Faktoren machen krank. Je nach Problem wird dann mit den Bäuer*innen die Lösung erarbeitet. Nicht jede Pflanze ist für jeden Betrieb geeignet. Für grosse Betriebe mit 60 Kühen in einem Laufstall gibt es eine andere Lösung als auf einem kleinen Betrieb mit Anbindestall. Das macht es sehr individuell. Für das sind wir da. Eine der bekanntesten Kühe, welche wir erfolgreich unterstützen konnten, war Rubens Ingrid von Ruedi Allenbach, Wiedlisbach, welche 19 Jahre alt wurde, was für eine Kuh ein sehr hohes Lebensalter ist.

Sie sind gelernte Drogistin. Gibt es Parallelen zur Humanmedizin?

Ja, klar. Es gibt viele Rezepturen, welche etwa bei Kindern eingesetzt werden, welche auch bei Tieren verwendet werden können. Die Anwendung und Dosierung sind anders. Die Wirkstoffe hingegen gleich. Nehmen wir als Beispiel den Thymian. In fast jedem Erkältungstee ist Thymian drin. Es ist eine geniale Pflanze. Man kann sie in die Milch der Kälber geben. Man kann sie aber auch ins Futter mischen. Eine alte, sehr wirksame Methode bei Atemwegserkrankungen ist auch, Weisstannenäste im Kälberstall aufzuhängen. Weisstannenextrakt haben wir auch in Hustentropfen oder Hustensirup. Weisstannen haben viele ätherische Öle, welche sich positiv auf die Atemwege auswirken. Oder nehmen wir Sprunggelenksentzündungen bei Kühen. Hier verwenden wir ebenfalls wie bei den Menschen Arnika oder Wallwurz.

Was empfehlen Sie den Bauernfamilien zum Abschluss?

Der Bauer oder die Bäuerin kennt die Tiere am besten. Sie arbeiten 365 Tage mit ihren Tieren. Deshalb rufe ich sie auf, mehr auf ihre Beobachtungsgabe zu vertrauen und den Mut zu haben, die altbewährten Hausrezepte ihrer Grossväter oder Grossmütter wieder mehr in den Fokus zu nehmen.

 

Katja Brügger ist gelernte Drogistin, Bäuerin mit Fachausweis und arbeitet seit 2018 bei Animalmed. Sie hat auch eine Kinesiologie-Ausbildung gemacht.

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