Wenn Schwitzen die Lebensqualität beeinträchtigt

Schwitzen ist ein natürlicher und wichtiger Vorgang, es schützt den Körper vor Überhitzung. Produziert der Körper zu viel Schweiss, kann dies für Betroffene zur Belastung werden. Wir sagen Ihnen, was Sie tun können.

Gundula Madeleine Tegtmeyer

Um lebenswichtige Körperfunktionen, wie etwa Kreislauf und Atmung, aufrechtzuerhalten, muss kontinuierlich Energie aus Nährstoffen umgesetzt werden. Bei diesem Prozess entsteht Verbrennungswärme, die teilweise durch Abstrahlung, überwiegend aber durch Schwitzen abgegeben wird. Schwitzen ist zur Thermoregulation überlebenswichtig. Schweiss wird in den Schweissdrüsen produziert, von denen es zwei Arten gibt: Ekrine Schweissdrüsen, die wir von Geburt an haben und von denen sich zwischen 2 bis 3 Millionen über den Körper verteilen. Die apokrine Schweissdrüsen entwickeln sich erst mit Beginn der Pubertät. Sie sitzen an der Haarbasis, vorwiegend im Achsel – und Genitalbereich, zudem im Gesicht.

Schwitzen kann einsam machen

Übermässiges Schwitzen bezeichnen Fachleute als Hyperhidrose, (griechisch: hyper = zu viel, hidros = Wasser). Betroffene produzieren mehr Schweiss als für die Regulierung der Körpertemperatur nötig ist. Sie kann den ganzen Körper betreffen oder sich auf einzelne Köperstellen, wie Achseln, Hände und Füsse begrenzen. Geht starkes Schwitzen mit Körpergeruch einher, hat dies oft auch soziale Konsequenzen, Betroffene ziehen sich aus Scham zurück, meiden geselliges Zusammensein und sportliche Aktivitäten. Schweissgeruch ist kein Zeichen mangelnder Hygiene. Verursacher sind Bakterien, die sich über die Fettsäure hermachen, die mit dem Schweiss abgesondert wird. Diese spalten sie in zwei neue Bestandteile: Buttersäure und Ameisensäure. Buttersäure riecht ranzig, Ameisensäure riecht säuerlich.

Die Hauptursache für eine Hyperhidrose scheinen überaktive Schweissdrüsen zu sein und hat – laut Universitätsspital Zürich (USZ) – ihren Ursprung in einer Fehlfunktion des symphatischen Nervensystems. Der Sympathikus ist der Teil des vegetativen Nervensystems, der zumeist eine ergotrope (leistungssteigernde) Wirkung hat: Er erhöht die Aktionsbereitschaft des Körpers bei tatsächlicher oder gefühlter Belastung. Dieser Nerv verläuft neben der Brustwirbelsäule direkt unter dem Brustfell.

Primäre und sekundäre Hyperhidrose Expert*innen unterscheiden in primäre und sekundäre Hyperhidrose. Bei der primären Hyperhidrose liegt keine Grunderkrankung für das übermässige Schwitzen zugrunde, wird aber häufig durch die gleichen Faktoren getriggert wie das physiologische Schwitzen. Der Schwellenreiz ist allerdings deutlich niedriger. Auslöser können Emotionen und Stress sein, Nahrungsmittel, körperliche Anstrengung, Hitze sowie Medikamente.

Einiges deutet daraufhin, dass eine genetische Veranlagung eine grundlegende Rolle spielt, denn die Betroffenen schwitzen meist von Kindheit und Jugend an. Charakteristisch ist, dass sie tagsüber schwitzen, aber nicht nachts. Die erhöhte Schweissproduktion ist örtlich begrenzt und verläuft symmetrisch, beide Körperhälften, wie etwa Hände, Füsse oder Gesicht sind betroffen. Neben der seelischen Belastung kann die permanente Durchfeuchtung der Haut die Barrierefunktion empfindlich stören und Pilzerkrankungen begünstigen. Die sekundäre Hyperhidrose ist ein Begleitsymptom. Sie kann viele und feststellbare Ursachen haben, wie beispielsweise eine Schwangerschaft, Wechseljahre, Angst- und Panikattacken, soziale Phobie, Depression, Drogen- oder Alkoholmissbrauch, Herz – und Ateminsuffizienz, Tumore, Diabetes mellitus, Übergewicht, Gicht, Schilddrüsenüberfunktion, Parkinson, Infektionskrankheiten mit Fieber, Schädigung peripherer Nerven sowie als Nebenwirkung bestimmter Medikamente wie Betablocker, Antidepressiva, Schilddrüsenhormone und Kortison-Präparate. Charakteristisch für die sekundäre Hyperhidrose ist, dass die Betroffenen am ganzen Körper und auch nachts schwitzen.

Salbei hilft gegen übermässiges Schwitzen

Eine gesunde Lebensweise, ausgewogene Ernährung und die Kraft der Pflanzen können bei Hyperhidrose Erleichterung verschaffen, wie etwa der Echte Salbei (Salvia officinalis), Arzneipflanze des Jahres 2023. Heilend wirken seine ätherischen Öle und auch Gerbstoffe, sogenannte Tannine. Sie schützen die Haut gegen Infektionen und wirken entzündungshemmend. In Form von einfachen Aufgüssen und Bädern unterstützt Salbei die übermässige Schweissbildung zu regulieren. Als Tee wird eine Tagesmenge von zwei bis drei Tassen empfohlen. In Verbindung mit seiner östrogenen Wirkung lindert Salbei Hitzewallungen und Schweissausbrüche während der Wechseljahre. Echter Salbei enthält Thujon, ein Nervengift. Lange wurde geraten salbeihaltige Tabletten nicht länger als zwei Wochen einzunehmen. Diese Empfehlung wurde vom Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (Herbal Medicinal Products Committee, kurz HMPC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA in seiner finalen Fassung der Monografie «Salvia officinalis L., folium», revidiert. Das Fazit der Expert*innen lautet: Eine traditionelle Anwendung von Salbeiblättern zur Reduktion von übermässigem Schwitzen gilt als belegt. Salbei enthält Thujon, ein Nervengift.

GABA ist eine der häufigsten inhibierenden (hemmenden) Neurotransmitter des Gehirns. Die Abkürzung steht für Gamma-Aminobutyric Acid, auch als Gamma-Aminobuttersäure bezeichnet. Sie gehört zu den nicht-proteinogenen Aminosäuren (siehe dazu auch das Interview).

Ein bewährtes Hausmittel bei starkem Fussschweiss sind Fussbäder in Apfelessig, wodurch sich die Schweissdrüsen zusammenziehen und die Schweissbildung reduziert wird. Zudem bekämpft Apfelessig jene Bakterien, die für die unangenehme Geruchsbildung verantwortlich sind.

Was Sie tun können

  • Vermeiden Sie übermässigen Alkoholgenuss sowie zu fettes und scharfes Essen.
  • Übergewicht vermeiden bzw. kontrolliertes Abnehmen.
  • Tragen Sie luftdurchlässige, atmungsaktive Kleidung
  • Luftige Bettwäsche kann Erleichterung verschaffen.
  • Gehen Sie viel barfuss, es stimuliert die Fusssohlen und reguliert die Aktivität der Schweissdrüsen.
  • Regelmässige Saunagänge sowie Kalt-Warm-Wechselduschen, Kneippgüsse für Arme und Beine.
  • Bei stressbedingtem Schwitzen können Entspannungstechniken, wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Meditation und Yoga helfen.
  • Salbei als Aufguss, Badezusatz und Tee.
  • Apfelessig.
  • Waschen Sie die betroffenen Körperpartien täglich mit einem Sud aus 40 Gramm Eichenrinde, 30 Gramm Walnussblätter und 20 Gramm Thymian auf 1 Liter Wasser.
  • Eichenrinde und Zinkkraut zu gleichen Teilen ins Badewasser geben.
  • Geben Sie 12 gehäufte Teelöffel Bockshornklee auf einen Liter Wasser, sechs Stunden stehen lassen, aufkochen und wieder erkalten lassen bevor Sie den Sud ins Badewasser geben.
  • Reiben Sie schwitzige Hände täglich mit Franzbrandwein ein.
  • Leitungswasseriontophorese.

 

«Starkes Schwitzen kann zahlreiche Ursachen haben»

Lena Ammann ist Ernährungsberaterin BFH und Mitglied beim Schweizer Verband der Ernährungsberater (SVDE). Sie gibt im Interview Tipps gegen übermässiges Schwitzen.

Interview: Gundula Madeleine Tegtmayer

«natürlich»: Welche Erfahrung machen Sie als Ernährungsberaterin mit Hyperhidrose-Betroffenen?

Lena Ammann: Oft kommen Betroffene nicht wegen übermässigem Schwitzen zu mir in die Praxis, sondern wegen anderer Leiden, wie etwa Verdauungsprobleme oder rheumatische Schmerzen. Die Hyperhidrose kommt meist erst in der Anamnese zur Sprache, mehr als eine Begleitbeschwerde.

Schildern Sie uns bitte einen konkreten Fall aus Ihrer Praxis.

Ich erinnere mich an einen jungen Mann, der von einem Arzt wegen seiner rheumatischen Kniebeschwerden an mich überwiesen wurde. Schon bei der Begrüssung bemerkte ich, dass er sehr stark schwitzte, was ihm sichtlich unangenehm war. Im Gespräch kristallisierte sich heraus, dass er ausgewogener Ernährung keinerlei Beachtung schenkt. Gemeinsam haben wir einen auf ihn individuell abgestimmten Ernährungsplan erstellt, der mehr gesunde Mikronährstoffe enthält. Die Knieschmerzen und das vermehrte Schwitzen konnten in diesem konkreten Fall durch die Ernährungsumstellung stark gemindert werden. Mein Patient war überrascht, welch wichtige gesundheitliche Rolle eine nährstoffreiche Ernährung spielt.

Welche Lebensmittel, Obst, Gemüse, Kräuter, Tees und Gewürze können Sie unserer Leserschaft als Ernährungsberaterin als Therapie oder Unterstützung einer Hyperhidrose-Behandlung empfehlen?

Starkes Schwitzen kann durch Beschwerden und Krankheiten verursacht sein wie Schilddrüsen-, Hormon- und Stoffwechselerkrankungen, psychisch-nervöse Beschwerden, Leber-, Nieren- oder Verdauungsstörungen oder auch rheumatische und lymphatische Beschwerden. Eine umfassende Anamnese ist geboten. Verschiedene Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium, Calcium, Mangan und Zink sind wichtig für die Regulation. Sie sind reich enthalten in vollwertigen Kohlenhydraten wie Hirse, Linsen, Hafer oder Buchweizen sowie in Nüssen, Samen und Kernen. GABA Gamma- Aminobuttersäure) und deren Vorstufe, die Aminosäure Glutamat, haben eine direkte Wirkung auf unser Nervensystem. GABA finden wir in Sojaprodukten, gekeimtem Reis oder mit Milchsäurebakterien fermentierten Lebensmittel wie Joghurt, Kimchi, Sauerkraut oder Kombucha. Die Aminosäure Glutamat ist Bestandteil der meisten Proteine und kommt in Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eier, Käse oder Hülsenfrüchten vor. Für die Umwandelung in GABA wird ausreichend B6 benötigt. Gute Quellen für B6 sind Lachs, Rindfleisch, Poulet, Kartoffeln oder Baumnüsse. Neigt das Nervensystem zu einer Überreaktion, kann ein Tee aus Baldrian, Hopfen, Orangenblüten und Zitronenmelissen das Schwitzen reduzieren.

Welche Lebensmittel und Gewürze sollten Betroffene vermeiden?

Zunächst ist eine Anamnese, ob Verdauungsprobleme, Unverträglichkeiten oder Allergien als Ursache ausgeschlossen werden können wichtig. Chili, Pfeffer, Curry, Kardamom, Nelken, Ingwer sowie Zwiebeln und Knollengemüse kurbeln Wärme im Körper an. Auch übermässiger Kaffee- und Alkoholkonsum können Ursache vermehrten Schwitzens sein, sowie stark gesalzene Speisen und hauptsächlicher Verzehr von Fertigprodukten, wie Pizza, Fast Food, Fertigbrot und Käse.

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