Spiegelbild des Lebenswandels

Pro Jahr erleiden in der Schweiz rund 30 000 Menschen einen Herzinfarkt. Neben verschiedenen Behandlungsformen setzt die Naturheilmedizin auch auf eineUmstellung des Lebenswandels.

Fabrice Müller

Bisher galt die Arteriosklerose gemeinhin als Krankheit des modernen Menschen. Solche Kalkablagerungen in den Adern können einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Dass diese Krankheit bereits einen grossen Teil der Menscheitsgeschichte prägte, zeigt eine Studie des Saint Luke's Mid America Heart Institute. 137 Mumien schoben die Forschenden in den Computertomografen (CT) und suchten in den Aufnahmen nach Kalkablagerungen. Dabei stellten sie fest: Schon vor 3000 Jahren hatten, wie heute auch, vor allem ältere Menschen Arteriosklerose: Betroffene waren im Schnitt mit 43 Jahren gestorben.


Häufigste Todesursache

Heute stellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit und in der Schweiz die häufigste Todesursache dar. Jahr für Jahr erleiden in der Schweiz rund 30 000 Menschen einen Herzinfarkt. Als häufigste Ursache eines Herzinfarktes gilt ein Verschluss eines Herzkranzgefässes. In vielen Fällen begünstigt eine atherosklerotische Plaque in der Gefässwand die Entstehung eines Blutgerinnsels. Diese Plaque wiederum entsteht durch Ablagerungen von Blutfetten, Entzündungszellen und Bindegewebe in der Gefässwand. Das kann zu einer Verminderung des Blutflusses führen.

Viele Herzinfarkte kommen sozusagen aus heiterem Himmel. Auf einmal treten starke, drückende Schmerzen in der Brust auf. Doch nicht immer kündigt sich ein Herzinfarkt mit diesen typischen Symptomen an. Gerade bei Frauen, Diabetikerinnen und Diabetikern oder älteren Patientinnen und Patienten treten häufig atypische Symptome wie Übelkeit, Müdigkeit oder Bauchschmerzen auf. Aus diesem Grund unterschätzen die Betroffenen die Beschwerden oftmals, was ein schnelles Erkennen eines Herzinfarktes erschwert. Manchmal verläuft ein Herzinfarkt völlig symptomfrei – in diesem Fall spricht die Medizin von einem sogenannten «stummen Herzinfarkt».


Ungesunder Lebensstil

Die Forschung ist sich einig, dass 90 Prozent der Herzinfarkte durch einen ungesunden Lebensstil verursacht und somit von den Betroffenen selbst verhindert werden könnten. Gemäss der INTERHEART-Studie erhöhen Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Übergewicht, psychosoziale Einflüsse, Rauchen, Alkohol, Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen die Gefahr eines Herzinfarktes.

Die Rolle des Cholesterins bei Herzerkrankungen ist allerdings umstritten. Während die Schulmedizin, wie Dr. Thomas Rau, Arzt und Initiant des Sonnenberg Biomedical Health Hotel in Schwellbrunn AR, erklärt, den schwarzen Peter meist den hohen Cholesterinwerten zuschiebe und die Betroffenen entsprechend behandle, richte die biologische Medizin den Fokus auf Eiweisserkrankungen und den Zuckerhaushalt. «Nicht das Cholesterin per se ist die Ursache eines Herzinfarktes, sondern die Tatsache, dass der Körper das Cholesterin nicht abbauen kann», erklärt Dr. Thomas Rau. Dabei sei gerade der Abbau des Cholesterins wichtig für den Stoffwechsel und die Hormonbildung im Körper. 

Diese «Nichtverstoffwechslung» des Cholesterins hänge meist mit einer zuckerreichen und einer zu eiweissreichen Ernährung zusammen. «Der Zucker und auch die tierischen Eiwesse sind hier das Problem, nicht das Fett, wie vielerorts in der Schulmedizin propagiert wird», betont Dr. Thomas Rau.


Homocystein-Werte messen

Neben dem Zucker in der Ernährung gelte es, auf die Homocystein-Werte zu achten. Es handelt sich dabei um eine Aminosäure, die natürlicherweise im Körper vorkommt. Sie entsteht im Rahmen von Stoffwechselprozessen aus der Aminosäure Methionin, die man vor allem in eiweissreichen Lebensmitteln findet. In höheren Konzentrationen wirkt Homocystein zellschädigend, weshalb der Körper Mechanismen besitzt, um die Aminosäure abzubauen. Zu viel Homocystein fördert die Entstehung von Arteriosklerose laut Dr. Thomas Rau stärker als ein hohes Cholesterin. Bei dieser Erkrankung komme es zu Ablagerungen und dadurch zu Verengungen in den Blutgefässen. Eine Arteriosklerose wiederum könne zum Beispiel zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Aus diesem Grund gelte Homocystein als Risikofaktor. «Mit einer gesunden Ernährung gäbe es keine Eiweissablagerungen», sagt der Klinikleiter und warnt, dass Herr und Frau Schweizer mit 110 bis 130 Gramm Eiweiss pro Tag – vor allem tierischen Ursprungs – mehr als das Doppelte der empfohlenen Menge einnehmen.


Behandlung mit Naturheilmitteln

Nicht nur bei der Beurteilung der Risikofaktoren sind sich die Schul- und Komplementärmedizin nicht immer einig, auch bei der Behandlung von Herzinfarkt-Betroffenen gehen sie zum Teil unterschiedliche Wege. Die Naturheilkunde bietet verschiedene Therapien mit dem Ziel, die Selbstregulatorien des Körpers zu stärken. Oft können dadurch die chemischen Medikamente deutlich reduziert, manchmal sogar ganz abgesetzt werden. Zu den bekanntesten natürlichen Heilpflanzen bei Herzerkrankungen zählt der Weissdorn. Arzneilich verarbeitet werden seine blaugrünlichen Blätter und die roten Früchte. Klinische Studien belegen seine positiven Effekte auf das Herz. Seine Wirkstoffe erweitern die Herzkranzgefässe und sorgen für eine verbesserte Durchblutung des Herzmuskels. Weissdorn kann sowohl vorbeugend eingenommen werden, um Herzerkrankungen zu verhindern, als auch beispielsweise nach einem Herzinfarkt, um Folgeschäden zu verhindern.

Etwas in Vergessenheit geraten sind, so Dr. Thomas Rau, die Heilpflanzen Strophanthus und Fingerhut. Strophanthus gratus ist eine Kletterpflanze aus Afrika. Sie enthält Strophanthin, ein Glykosid mit Wirkung auf die Herzfunktion. Die aus dem Fingerhut gewonnenen Chemikalien werden zur Herstellung eines verschreibungspflichtigen Medikaments namens Digoxin verwendet. Fingerhut wird in der Regel bei Herzinsuffizienz und Flüssigkeitsansammlungen im Körper und unregelmässigem Herzschlag (Vorhofflimmern) eingesetzt. «Ganz wichtig und langfristig sehr wirksam sind aber auch Coenzym Q10 und Magnesium», ergänzt Dr. Thomas Rau. 


Ganzheitliche Theorie der Heilung

Der Mediziner legte schon früh seinen Fokus auf natürliche Therapien, insbesondere auf die orthomolekulare Medizin, sprich Medizin mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen, sowie Ernährungsumstellung. Der Arzt studierte bei führenden Praktikern alternative Heilmethoden – unter anderem jene der orthomolekularen Medizin, der chinesischen und ayurvedischen und der europäischen holistischen Medizin. Mit seinem Wissensschatz und der Erfahrung aus über 30 Jahren formte Dr. Thomas Rau seine eigene, ganzheitliche Theorie der Heilung: Sie beruht auf dem Prinzip der Entgiftung von Darm und Immunsystem (Ernährung und Verdauung) und der nachhaltigen Kräftigung des Immunsystems.

Ein wichtiger Therapieansatz bei der Behandlung von Herzerkrankungen ist bei Dr. Thomas Rau die Arbeit mit Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen. Besonders fürs Herz seien Vitamin B3 und C, Zink und Magnesium wichtig. «Aufgrund unserer schlech-en Ernährung fehlen diese Spurenelemente oft im Körper», begründet der Arzt. Der Ansatz der orthomolekularen Medizin besteht darin, das Herz und die Herzkranzgefässe mit möglichst optimal zusammen-gesetzten, aufeinander abgestimmten Mikronährstoffkombinationen zu unterstützen, um den Alte-rungsprozess zu verlangsamen. Weitere Therapien, die im BioMed Center Sonnenberg bei Herzbeschwerden zum Einsatz kommen, sind die Sauerstofftherapie und die Ozontherapie für eine verbesserte Sauerstoff-versorgung des Gewebes.


Homöopathie und Ayurveda

Um das geschwächte Herz zu stärken und die Genesung zu fördern, bieten sich laut Dr. Thomas Rau auch diverse individualisierte homöopathische Mittel an. Der homöopathische Heidelbeerkaktus zum Beispiel gilt als Klassiker zur langfristigen Nachbehandlung eines Herzinfarkts, ebenso die Mönchspflanze Espeletia und der Fingerhut. Arnica Montana wird vor allem zur unterstützenden Nachbehandlung bei Herzinfarkt angewendet. Aus Sicht der indischen Gesundheitslehre Ayurveda sind die meisten Erkrankungen des Herzens auf erhöhte Blutzucker- und Blutfett-werte sowie das Vorhandensein von unverdauten Nahrungsmittelbestandteilen zurückzuführen.

Die ayurvedische Behandlung von Herzerkrankungen umfasst eine Umstellung der Ernährung mit F-kus auf herzstärkende Lebensmittel wie vollwertige Getreidearten, frisches Obst und Gemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte sowie die Gewürze Ingwer und Kurkuma. Weiter bietet die ayurvedische Medizin verschiedene Herzpräparate wie Triphala, das die Gefässe entschlackt und schützt, die indische Myrrhe Guggulu, die Entzündungen abbaut und entschlackt, Arjuna als Herztonikum, Alant bei der Verengung der Herzgefässe oder das Heilkraut Brahmi. Zur Unterstützung der Psychohygiene und zum Abbau von Stress werden zudem Methoden wie Yoga oder Meditation empfohlen.


Chinesische Medizin

Behandlungen mit bestimmten Arzneien, die auf Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) beruhen, könnten für Patient*innen, die an Herzerkrankungen oder Risikofaktoren leiden, ebenfalls Gesundheitsvorteile bringen. Davon gehen Forschende um Yuxia Zhao an der Shandong University aus. Sie berichten darüber im «Journal of the American College of Cardiology».

Dabei zeigte sich, dass einige der TCM-Arzneimittel einen positiven Einfluss auf die genannten Erkrankungen hatten. Andere Studien ergaben, dass Akupunktur zu einer verringerten Rate von Vorhofflimmern bzw. Herzrhythmusstörungen führt. Vorhofflimmern ist eine Herzrhythmusstörung, bei der die Herzvorhöfe unregelmässig schlagen. Die Erkrankung kann sich durch Schwindel, Herzschlag oder Herzschwäche bemerkbar machen.

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