So tickt das Symbol der Liebe

Motor oder Pumpe: Das gesunde Herz hat eine unglaubliche Leistungskraft. Entgegen einer Maschine arbeitet es zuverlässig und kann, eng mit unseren Gefühlen und Emotionen verbunden, vor Freude hüpfen oder vor Angst in  die Hose fallen. Bricht es, drohen gefährliche medizinische Folgen. 

Erna Jonsdottir

Am Anfang ist das Herz. Es ist das erste Organ, das während der Embryonalentwicklung angelegt wird. Die Krux: Ohne Blutgefässe ist unser Herz machtlos. Denn es sind die Arterien und Venen, die das vom Herz in Bewegung gebrachte Blut durch den Körper transportieren. Demzufolge ist das erste funktionstüchtige menschliche System das Herz-Kreislauf-System – ein System, das uns eine Herzensangelegenheit sein sollte. Mit knapp 20 000 Todesfällen führen Herz-Kreislauf-Erkrankun-gen in der Schweiz die Liste der häufigsten Todesursachen an. Hauptrisikofaktoren sind Bluthochdruck und ein zu hoher Cholesterinspiegel. 

Streng geordnete Harmonie
Die lebenslange Leistung des muskulären Hohlorgans ist gewaltig: Mit etwa 100 000 Schlägen pro Tag bewegt ein gesundes Herz rund 7200 Liter Blut durch den Körper. Bei einem Alter von 75 Jahren hat es rund drei Milliarden Schläge hinter sich und knapp 200 Millionen Liter Blut befördert! Als Teil des Herz-Kreislauf-Sys-tems führt es mit jeder Bewegung anderen Organen und Muskeln Sauerstoff sowie Nährstoffe zu und sorgt dafür, dass Stoffwechselprodukte abgeführt werden.

Dabei folgt der Herzschlag einer streng geordneten Harmonie. Die Tätigkeit des Herzens, durch den Willen kaum zu beeinflussen, vollzieht sich zwischen Systole und Diastole, zwischen Ruhe und Bewegung, ein Zusammenziehen und Entspannen, das die Kraft des Lebens widerspiegelt. 

Opfer an den Sonnengott
Jahrhundertelang sah die Menschheit das Herz als Sitz der Seele. Die Inkas zum Beispiel opferten die Herzen ihrer Gefangenen dem Sonnengott, damit er die Welt erwärmt und erhellt. Für die Ägypter*innen war das Herz die Wohnung der Gottheit, Sitz des Verstandes, des Willens und der Gefühle. Und während Hildegard von Bingen von der Heimat der Seele sprach, schrieb Paracelsus:

Erst als im 17. Jahrhundert eine neue, mechanische Denkweise in die Medizin Einzug erhielt, wurde die Vorstellung vom Herzen als Zentrum des menschlichen Seins aufgegeben. 

Vorreiter der Kardiologie
Damals hatte man erkannt, dass auch die Funktionen des Körpers physikalischen Gesetzen unterworfen sind und konzentrierte sich auf deren Erforschung. Ein Ergebnis dieser Bemühungen war die erste Beschreibung des Blutkreislaufs im Jahr 1628 durch William Harvey (1578–1657). Mit seinen Publikationen legte der englische Arzt und Anatom den Grundstein für die heutige Kardiologie und damit auch für die Herzchirurgie: Das Herz war nun nicht länger der Ort, an dem das Blut erhitzt und mit einem Lebensgeist verfeinert wurde, wie der griechische Arzt und Anatom Galen (129–199), es postuliert hatte. Es trat eine rein funktionalistische Beschreibung des Herzens in den Vordergrund. Durch sie wurde es zur Maschine entmythologisiert, die – wie 1967 durch die erste Herztransplantation deutlich wurde – zu ersetzen war.

Die Gefahr eines gebrochenen Herzens
«Hand aufs Herz»: unser Herz ist mehr als eine Maschine. Ob aus Aufregung oder beim Sport, es ist das einzige Organ, das wir gleichzeitig spüren und hören können. Und weil es auf Emotionen reagiert, hat es sich in unserem Sprachgebrauch manifestiert. So kann es in freudiger Erregung höher schlagen, vor Schreck stehen bleiben oder in die Hose fallen und vor Wut bis zum Hals pochen. Die einen haben es am rechten Fleck, die anderen haben eines aus Stein. Manche verschliessen ihr Herz, haben es verschenkt und einigen wurde es gebrochen. Liebeskummer, Verlust oder Trauer fühlen sich für Betroffene nicht nur seelisch schmerz-haft an. Ein gebrochenes Herz kann aus medizinischer Sicht gefährlich werden: Das «Broken-Heart-Syndrom» ist eine spontan auftretende Erkrankung des Herzmuskels. Die Symptomatik wird auch als Stress-Kardio-myopathie bezeichnet und kann unbehandelt schwere Folgen haben. Eine extreme psychische Belastung kann sogar dazu führen, dass der Herzmuskel überreizt wird und gilt deshalb als lebensbedrohlich.

Behandlung auf geistig-seelischer Ebene
Für dieses Phänomen gibt es eine physikalische Erklärung: Der Herzschlag wird mitunter vom Sinusknoten, dem «Schrittmacher», gesteuert. Dieser wiederum steht in enger Verbdingung mit dem vegetativen Nervensystem, das Organ- und psychische Funktionen beeinflusst. Herz, Kreislauf und Gefässe können deshalb nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Sie sind Ausdruck der psychosomatischen Einheit Mensch und bilden eine funktionelle Einheit. «Ein Grund, weshalb Herzerkrankungen ganzheitlich betrachtet werden sollten», schreibt Ursel Bühring, deutsche Dozentin für Heilpflanzenkunde. Dass Herzkranke neben einer Behandlung der organischen Beschwerden auch eine Behandlung auf geistigseelischer Ebene benötigen, untermauert Elvira Bierbach, deutsche Heilpraktikerin und Verfasserin von Lehrbüchern. Die Erfahrung zeige, dass bei Patient*innen mit Herzerkrankungen oft ein Zusammenhang zwischen der körperlichen Erkrankung und speziellen psychischen oder seelischen Gefühlzuständen vorliege.

Weniger Stress dafür mehr Liebe
In der naturheilkundlichen Behandlung bei Herzerkrankungen werden Risikofaktoren wie Übergewicht, Nikotin oder Stress ausgeschaltet. Doch auch eine zucker- und fettarme Ernährung spielen eine zentrale Rolle. Nicht weniger wichtig ist es, die durch Fehlernährung bedingte Störung des Säure-Basen-Gleich-gewichts zu behandeln. Durch eine basenreiche Koste können erhöhte Fettwerte gesenkt, arteriosklerotische Prozesse günstig beeinflusst und die Funktion des Herzmuskels gestärkt werden.

Auch die Ordnung des Lebensrhythmus – Stress vermeiden, regelmässige Bewegung und ausreichend Schlaf –, ist eine wichtige Säule im Therapieplan. Zu den stärksten Stressauslösern zählt übrigens das Gefühl der Isolation. Liebe, Nähe und Zuwendung, verbal und körperlich, helfen als bewährte Therapie, sich aus der krankmachenden Isolation zu befreien. 

Anatomie und Physiologie:
Das Herz vereinfacht erklärt Unser Herz ist ein komplex aufgebautes muskuläres Hohlorgan. Es hat die Funktion einer Pumpe, die für den Blutfluss sorgt und mit dem Herzschlag für die Blutversorgung des Körpers. Das Herz besteht aus Herzkammern und -klappen sowie aus einem verzweigten System aus Venen und Arterien. Zusammen bilden sie das Herz-Kreislauf-System.

Die Lage
Das Herz liegt im Brustkorb hinter dem Brustbein und sitzt zwischen den beiden Lungenflügeln im Mediastinum (Mittelfell). 2/3 befinden in der linken Brustkorbhälfte, 1/3 in der rechten. Selten liegt das Herz spiegel-verkehrt – ein Phänomen, das sich Situs inversus nennt.

Die Herzhälften
Die Herzscheidewand (Septum cardiale) teilt das Herz in eine rechte und eine linke Hälfte. Das ist wichtig, weil in der rechten Herzhälfte das sauerstoffarme Blut und in der linken das sauerstoffreiche Blut fliesst. Jede Herzhälfte besteht wiederum aus einer Hauptkammer (Ventrikel) sowie einem Vorhof (Atrium).

Die Ventile
Zwischen den Vorhöfen und der jeweiligen Herzkammer sowie zwischen Herzkammern und abführenden Arterien sitzen verschiedene Herzklappen; die beiden Grundformen heissen Segel- und Taschenklappen. Gemeinsam mit der Aortenklappe, Pulmonalklappe, Mitralklappe und Trikuspidalklappe garantieren sie, dass das Blut auf seinem Weg durchs Herz in die richtige Richtung fliesst.

Die Herzschichten
Das Herz ist ein hohler Muskel, der von innen nach aussen aus drei Schichten besteht: Das Endokard klei-det Herzinnenräume aus und bildet die Herzklappen. Das Myokard ist die dickste Schicht der Herzwand, während das Epikard die Aussenfläche des Herzens bedeckt und Teil des Herzbeutels bildet.

Der Blutkreislauf
Die rechte Herzhälfte saugt das sauerstoffarme Blut aus dem Venensystem an und pumpt es in den Lungenkreislauf, wo es mit Sauerstoff angereichert wird. Aus der Lunge gelangt das Blut in die linke Herzhälfte, die es in die Aorta pumpt und dann zurück in den Körperkreislauf. In den Arterien fliesst sauerstoffarmes Blut, in den Venen (ausser in der Lungenvene) sauerstoffreiches. Die Herzkranzgefässe (Koronarien) liegen direkt am Herzen. Auf dem Weg durch die Gefässe versorgt das Blut alle Körperzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen. Gleichzeitig transportiert es Stoffwechselendprodukte wie Kohlendioxid ab.

Der Herz- und Blutdruck
Um das Blut mit genügend Kraft in die beiden Kreisläufe zu pumpen, bauen die Herzmuskeln Druck auf. Ein gesunder Mensch hat im Ruhemodus und bei normaler psychischer Verfassung einen oberen (systolischen) Wert zwischen 120 und 130 mmHg und einen unteren (diastolischen) zwischen 80 und 85 mmHg (120/80). Bei einem krankhaften Bluthochdruck sind beide Wert dauerhaft erhöht. Werte von über 130/85 oder 140/90 mmHg und höher werden als arterielle Hypertonie bezeichnet (Bluthochdruck).

12 faszinierende Zahlen zum Herz

Das gesunde Herz

• ist etwa so gross wie die eigene geschlossene Faust; in Zentimetern durchschnittlich zirka 15 × 10 Zentimeter,

• es wiegt zwischen 300 bis 350 Gramm oder rund 0,5 Prozent des eigenen Körpergewichts,

• schlägt je nach Anstrengung 60- bis 70-mal pro Minute, 4200 Mal pro Stunde und 100 800 Mal pro Tag,

• schlägt bei einer Lebenserwartung von 75 Jahren knapp 3 Milliarden Mal,

• transportiert im Ruhezustand pro Schlag rund 50 bis 70 Milliliter Blut, pumpt in einer Minute etwa 5 Liter Blut oder 7200 Liter pro Tag durch das 100 000 Kilometer lange Gefässnetz des Körpers. Beim Sport kann es seine Leistung bis zum Fünffachen steigern und mehr.

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