Seelenklänge

Kategorie: Gesundheit


Ein Hauch von Mystik umgibt so manche Musikinstrumente. Wir stellen drei vor, die der Seele Ausdruck verleihen. Ihre Töne und Schwingungen lösen meditative, teils sogar spirituelle Reaktionen aus.


Der Perkussionist Enrico Lenzin spielt unter anderem mit dem « Hang ».


Ich muss flattern. Die Lippen locker lassen und flattern. Das ist einfacher gesagt als getan. Beim Ansetzen des Mundstücks fällt es mir als Anfänger schwer, diese Flatterbewegungen der Lippen beizubehalten. Doch Petar Vrdoljak Hofer beruhigt mich. «Die meisten brauchen am Anfang mehrere Stunden, bis sie den Grundton auf dem Didgeridoo beherrschen», sagt der Musiker aus Winterthur. In seinem Studio im Untergeschoss seines Wohnhauses sitzt er auf dem Boden und bringt einige seiner -hölzernen Instrumente zum Klingen. Ein leicht gedrehtes Didgeridoo aus Fliederholz etwa. Eines aus Kirschholz. Und ein besonders grosses Didgeridoo aus Ahornholz. Mit ihm erzeugt Vrdoljak Hofer besonders viel Volumen – die Töne gehen durch Mark und Bein; vor allem die Bauchgegend kommt tüchtig ins Schwingen.


« Jeder Mensch erzeugt aufgrund seiner Anatomie eine bestimmte Klangfarbe. »

Seit 1992 beschäftigt er sich mit dem Didgeridoo. Das traditionelle Instrument der Aboriginies, der Ureinwohner Australiens, faszinierte ihn derart, dass er bis 2004 voll auf die Karte Musik setzte: Er war als Bandleader unterwegs, gab Unterricht und baute seine eigenen Instrumente. Nach einer Pause gibt er nun sein Wissen wieder an Interessierte weiter. Es sei relativ leicht, ein spieltechnisches Niveau zu erreichen, das es einem erlaube, nicht aus Noten oder dem Gedächtnis, sondern direkt aus der Inspiration heraus zu spielen, sagt er.






Petar Vrdoljak Hofer spielt seit 1992 - Didgeridoo. Dadurch fühle er sich geerdet. Auch kann das regelmässige Spielen des Instruments Asthma- und Schnarchsymptome lindern.







Die Seele ausdehnen

Ursprünglich verwendeten die Ureinwohner Australiens von Termiten ausgehöhlte Hölzer als Didgeridoos. Mittlerweile bearbeiten sie das Holz mit Eisenstangen und Stechbeuteln. Petar Vrdoljak hat sich die Baukunst dieses Instruments selber beigebracht. Seine Physikkenntnisse aus dem Elektrotechnik-Studium kamen ihm dabei zugute, wie er betont. Dabei setzt er auf einheimische Hölzer – von Eibe, Esche, Ahorn und Kirsche über Eiberesche, Quitte und Apfelbaum bis zu seltenen Exemplaren wie Buchs, Stechpalme oder Goldregen. «Jedes Holz und somit auch jedes Instrument hat einen besonderen Charakter und seinen eigenen Ton», erklärt Vrdoljak Hofer. Wenn er ein neues Didgeridoo baue, wisse er meist schon im Voraus, mit welchem Ton und Charakter es einst schwingen werde. Der Ton eines Didgeridoos sei aber nicht nur abhängig vom Holz, sondern auch von der Bauart: «Die Beschaffenheit des Luftkanals im Innern des Instruments bestimmt seinen Ton. Und mit der Spieltechnik lassen sich dem Instrument verschiedene Klangfarben entlocken.»


Nicht zu unterschätzen sei bei der Klangprägung auch der Erbauer selber. «Die Seele des Instrumentenbauers lebt im Didgeridoo», sagt Vrdoljak Hofer. Er spielt mit seiner Aussage auf die spirituelle Seite seiner Instrumente an: «Das Instrument ist die Verlängerung meiner Atmung, meiner Seele. Jeder Mensch erzeugt aufgrund seiner Anatomie eine bestimmte Klangfarbe. In diesem Sinne steht das Didgeridoo mir und meiner Seele sehr nahe.»

Der Atem spielt beim Didgeridoo eine zentrale Rolle. Auf der technischen Ebene entsteht der Grundton durch die Vibration der Lippen in Kombination mit der Atmung. Durch die Bewegung der Muskeln im Mund- und Kehlkopfbereich entstehen die unterschiedlichsten Klangfarben. Die sogenannte Zirkular-atmung ermöglicht es, auch beim Einatmen den Ton zu halten. Dieses bewusste Atmen hat laut Vdroljak Hofer unter anderem eine starke Entspannung, Erdung und eine Verbesserung von Asthma- und Schnarchsymptomen zur Folge.

Das mantraähnliche Spiel des Didgeridoos hat aber auch einen meditativen und spirituellen Effekt. Die tiefen Klangfrequenzen lösen ein starkes Kribbeln aus und können – ähnlich wie bei intensiven Meditationen – starke emotionale Erlebnisse hervorrufen. Weiter weist das Didgeridoo offenbar einige Berührungspunkte mit dem indischen Hatha-Yoga auf. «Das Didgeridoospiel steigert die Fähigkeit, das Atmen zu kontrollieren», erläutert Vdroljak Hofer. Dies sei eine weitere Erklärung dafür, weshalb das Instrument so leicht Meditationseffekte hervorruft und eine positive Wirkung auf die Psyche und den Körper habe. «Im Grunde hat jedes Instrument eine gewisse Spiritua-lität. Doch bei jenen, die durch ihre Beschaffenheit nahe der Natur und beim Menschen sind, ist der spirituelle Aspekt ausgeprägter.»

Vibrationen verändern Bewusstsein

Ein Klangerlebnis der besonderen Art ist es auch, neben einer rund einen Meter hohen, mit Hirschfell bezogenen Trommel zu liegen. Zuerst ertönt sie ganz leise. Dann immer kräftiger. Bis der Ton der Trommel den ganzen Körper durchdringt. Vor meinem inneren Auge schreitet der Hirsch kraftvoll und majestätisch durch den Wald. Der Rhythmus der Trommelschläge, die mir Rolf Bachmann heute Morgen schenkt, zeigt schnell Wirkung: Innert fünf Minuten komme ich in einen meditativen Zustand. «Die Vibrationen der Donnertrommel bewegen das Wasser im Körper», sagt Bachmann. «Die feinstoffliche Zellflüssigkeit erhält durch die sanften Schwingungen einen Anstoss und versucht, verhärtete oder verstockte Stellen aufzu-lockern.» Das Fell des Hirsches müsse man beim Trommeln zu Beginn ganz sanft berühren und die Intensität der Trommelschläge langsam steigern. Anders sei es bei der Trommel mit Steinbockfell: «Sobald man trommelt, steht der Steinbock da. Hört man auf, ist er schnell wieder verschwunden», schildert Bachmann seine Erfahrungen. Energetisch gesehen bewirke das sogenannte «Theta-Trommeln» aus der Tradition von Schamanen und Medizinmännern aller Kulturkreise eine radikale Veränderung von Bewusstseinszuständen. «Jeder einzelne Ton, der auf einer Trommel gespielt wird, hat unterschiedliche Frequenzen. Diese erreichen im Gehirn einen grösseren Bereich als ein einzelner Ton», erklärt Bachmann. Um die passende Trommel zu finden, sei es wichtig, darauf zu achten, dass der Ton das Gefühl und das Herz anspricht.

Nachdem er verschiedene schamanische Reisen unternommen hatte, begann der Winterthurer 1991 mit dem Bau von eigenen Trommeln. «Bei meinen Trommeln ist das Fell noch drauf, zwar kurz geschoren, doch so, dass die Individualität des Tiers noch sichtbar ist», erläutert Bachmann die Besonderheit seiner Instrumente. Weil er an Parkinson erkrankt ist, hat er sich mittlerweile aus dem Trommelbau zurückgezogen. Nun baut seine Assistentin, der er sein langjähriges Wissen anvertraut hat, Trommeln in seinem Geiste.

Hype um das «Hang»

Einen Hauch von Mystik umgibt auch das neuartige Instrument «Hang». Felix Rohner und Sabina Schärer von der Firma PANArt aus Bern haben es im Jahr 2000 erschaffen. Dies nachdem sie sich gemäss eigenen Angaben mit verschiedenen Instrumenten aus aller Welt beschäftigt hatten. Das Hang setzt sich aus zwei -Metallsphären zusammen: die eine mit einer Resonanzöffnung, die andere mit acht Dellen und einer Beule; dadurch lassen sich neun verschiedene Töne produzieren. Das gespannte und gestimmte Gefäss verfügt über eine Hohlraumresonanz von 155 Hertz. Sie kann in ihrer Tonhöhe verändert werden. Gespielt wird mit den Fingern, den Handballen, den Händen oder einer Mischung daraus – dies erklärt den Namen des Instruments: «Hang» ist Berndeutsch und bedeutet Hand.


Die enorme Nachfrage nach diesem Instrument hat den Markt auf den Plan gerufen: Unter dem Namen Handpan können allerlei Nachbildungen erworben werden. Die «missverstandene Rezeption des Hang als Blechtrommel» habe, so Felix Rohner, kritische Fragen provoziert. Ist das Hang nun ein Instrument für Perkussionisten? Oder für Klangästheten? Erzeugt das Spielen bloss einen lustvollen Kick? Oder sind es gar heilende Klänge, die dem Instrument entlockt werden?


Vor sechs Jahren stiess Enrico Lenzin, Perkussionist und Klangkünstler aus dem St. Galler Rheintal, auf dieses ungewöhnliche Instrument. «Das Hang ist das einzige Schlaginstrument, mit dem ich auch Tonfolgen spielen kann. Für mich als Schlagzeuger hat sich dadurch eine neue Welt aufgetan», schwärmt der Musiker. Den Klang vom Hang beschreibt er als erdig, bodenständig, ja sogar magisch. Dieser faszinierende Klang ziehe die Leute in den Bann, ist er überzeugt. Die Fingerfertigkeit als Schlagzeuger komme ihm beim Spielen des Hangs entgegen. Schwer zu spielen sei es indes nicht, meint Lenzin: «Man kann auf dem Hang im Grunde genommen keine falschen Töne spielen. Das, was man spielt, stimmt immer.» //


Didgeridoo-Hölzer und ihre Klangwirkung






Bei den Schamanentrommeln von Rolf Bachmann ist das Fell des Tieres noch sicht- und spürbar.









Ahorn hilft, loszulassen, zu spielen und sich dem Fluss der Kreativität hinzugeben.

Eiche hütet die innere Kraft des Feuers. Nährt Stamm, Familie und Gemeinschaft.

Buche zentriert und harmonisiert.

Stärkt den Willen, fördert die Konzentration und erfrischt Geist und Körper.

Birke erinnert ans Jungsein der Seele, an Unschuld, Tanzen und Fliegen.


Esche hilft, Schmerz zu überwinden, schenkt Mut zur Entwicklung.

Kastanie kann die Aura beleben und Blockaden auf sanfte Art lösen.


Nussbaum hilft, das Wesentliche zu -erkennen, entlarvt Täuschungen.

Quellen: Eva Rosenfelder, www.enertree.com


● Links

www.sonnenzirkel.ch

www.schamanentrommeln.ch

www.panart.ch

www.enricolenzin.com


Fotos: fabrice müller

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