Schlafstörungen – wenn der Rhythmus aus den Fugen gerät

Schlafstörungen begegnen uns allen. Doch nicht nur die Ursachen sind vielfältig, sondern auch die Lösungsansätze. Rituale und ganzheitliche Behandlungsansätze können den Schlaf nachhaltig verbessern.

Yvonne Rossel

Schlafstörungen kommen in jedem Alter vor. Als Säugling weckt uns der nächtliche Hunger, als Kleinkind halten uns die Albträume auf Trab, als Erwachsene können wir manchmal nicht abschalten, da uns unsere Lebensweise in verschiedenen Stresssituationen herausfordert.

Ein- und Durchschlafstörungen können von der abendlichen Bildschirmzeit bis zur Wasserader viele Ursachen haben und sich mit der Zeit negativ auf die Gesundheit auswirken. Es kommt zu erhöhter Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisproblemen und einem geschwächten Immunsystem. Langfristig können Schlafstörungen das Risiko für ernsthafte Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und psychische Erkrankungen erhöhen. Ganz abgesehen davon, dass Schlafprobleme die Lebensqualität von Betroffenen erheblich beeinträchtigen und zu einem grossen sozialen und beruflichen Leidensdruck führen.

Der Schlaf, ein hormoneller Prozess

Doch wie funktioniert eigentlich der Schlaf? Die beiden Hormone Cortisol und Melatonin arbeiten als gegensätzliche Regulatoren des Schlaf-Wach-Rhythmus. Das Melatonin wird bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse (Epiphyse) im Gehirn freigesetzt, während das Cortisol durch den Tag aus den Nebennierenrinden in den Körper gelangt. Es fördert Wachheit, Aufmerksamkeit, Energie und Stressreaktionen.

Durch ausreichendes Tageslicht am Tag wird der Cortisol-Rhythmus unterstützt, während dunkle Abende die Melatoninproduktion optimieren. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir regelmässig dem Tageslicht ausgesetzt sind. Auch ein bewölkter Tag bietet viel mehr Licht, als wenn wir den ganzen Tag im Büro oder in der Wohnung bleiben würden. Mindestens eine Stunde pro Tag im Freien zu verbringen, leistet grosse Dienste in Bezug auf unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Der ursprüngliche Schlaf-Wach-Rhythmus kann bereits seit der Erfindung der Glühbirne und der aufstrebenden Wirtschaftslage in vielen Fällen nicht mehr eingehalten werden. Schulen, die diese Problematik ernst nehmen, starten den Unterricht bewusst nicht vor 8.00 Uhr morgens. Die Schülerinnen und Schüler sind viel fokussierter und weniger müde. In Grossbritannien beginnt der Unterricht sogar erst um 9.00 Uhr. Ein Schlaf, der nicht natürlich, sondern mit einem Wecker unterbrochen wird, kann auf Dauer nicht gesund sein. Der Körper befindet sich womöglich in einer Tiefschlafphase und wird überraschend in den Wachzustand getrieben. Somit ist der Schlafbedarf nicht befriedigt. Leider lässt sich das nicht ändern. Eine Lösung wäre ein smarter Wecker, der dafür sorgt, dass wir nicht aus dem Tiefschlaf gerissen werden.

Um das Melatonin im Gehirn zu fördern, kann man sich Melatonin von einer ärztlichen Fachperson verschreiben lassen oder greift zum Nahrungsergänzungsmittel L-Tryptophan. Regelmässig eingenommen kann diese Aminosäure den Schlaf-Wach-Rhythmus regulieren und beeinflusst tagsüber Wachheit, Leistungsfähigkeit, Gedächtnis und Stimmung.

Warum wir den Schlaf brauchen

Schlaf ist wichtig, um Emotionales und gesammelte Eindrücke richtig einzuordnen. Schlaf bedeutet auch Reinigung und Regeneration unseres Körpers. Viele Abbauprodukte des Stoffwechsels können eliminiert werden. Laut Organuhr ist die Leber ab 1.00 Uhr bis 3.00 Uhr in der Nacht aktiv. Erwachen Sie ständig um diese Zeit, sollten Sie eine pflanzliche Leberkur in Betracht ziehen und die Leber auf keinen Fall unnötig mit Alkohol und übermässigen Fetten belasten. Genügend Schlaf wirkt sich positiv auf die Immunfunktion aus, bei grippalen Infekten kann ein langer Schlaf Wunder wirken. Zudem wirkt genügend Schlaf hormonregulierend und schützt vor Gewichtszunahme.

Probieren Sie herauszufinden, wie viel Schlaf sie benötigen und richten Sie sich ihr Leben danach ein. Je älter man wird, umso wichtiger ist dieser Umgang mit seinem Körper. Entwickeln Sie angepasste Rituale vor dem Schlafengehen wie z. B. ein Schlaftee, Entspannungsmusik oder ein Abendspaziergang. Geniessen Sie ein Fussbad mit einigen Tropfen Lavendelöl und packen Sie danach ihre Füsse warm ein. Achten Sie darauf, dass ihr Schlafzimmer eine Temperatur von höchstens 19 Grad Celsius aufweist, und versorgen Sie sich mit frischer Luft.

Finden Sie keinen Schlaf oder erwachen Sie, können Sie ihre Rituale wiederholen, um Ruhe zu finden. Ein nicht aufwühlendes Buch oder harmonisierende Musik (z. B. mit dem Instrument Hang) können Abhilfe bieten. Keinesfalls sollten Sie sich stundenlang im Bett wälzen. Die angespannte Erwartung, gleich wieder einzuschlafen, kann den Teufelskreis verstärken.

Essen Sie nur leichte Kost am Abend. Das bedeutet, auf alles Rohe wie Salate und rohes Gemüse zu verzichten. Lassen Sie fettiges, deftiges Essen weg und bevorzugen Sie stattdessen lieber Gemüsesuppen, gedämpftes Gemüse, wenig Kohlenhydrate wie z. B. geschwellte Kartoffeln oder Pasta oder gut gekochte Hülsenfrüchte. Diese immer mit wärmenden Gewürzen wie Kreuzkümmel, Curry oder Ingwer kombinieren. Die Gewürze helfen den Verdauungsorganen, den Speisebrei besser aufzuspalten und halten das sogenannte Verdauungsfeuer aufrecht.

Naturheilkundliche Hilfe bei Schlafstörungen

In der Europäischen Naturheilkunde (TEN) wird zwischen Einschlaf- und Durchschlafstörungen unterschieden. Aus Sicht der TEN sind Einschlafstörungen ein cholerisches Problem. Das heisst, der Körper verfügt über zu viel Hitze, die ausgeleitet werden muss, indem die betroffene Person mehr trinkt oder eine Tinktur aus kühlenden Pflanzen wie z. B. die Pestwurz einnimmt. Durchschlafstörungen hingegen deuten darauf hin, dass die Melancholie – in der TEN ein Körpersaft – minimiert werden muss. Die Gedanken kreisen und man kommt nicht zur Ruhe. Das Thema der Melancholie hat einen engen Bezug zur Milz. Wird diese aktiviert, kann der Körpersaft Melancholie ausgeschieden werden, was den Körper reguliert. Eine bekannte Milz-Tinktur gegen die Melancholie setzt sich aus Mariendistel, Hirschzunge, Taubnessel, Engelsüss und Eisenkraut zusammen.

Als manuelle Therapie bei Schlafstörungen wird in der Naturheilpraxis erfolgreich mit der Auriculo-Therapie gearbeitet. Es handelt sich dabei um die Ohr-Akupressur. Akupressur bedeutet wörtlich «Druck (ausüben) auf Akupunkturpunkte». Es ist eine manuelle Technik, bei der mit einem Stäbchen Druck auf bestimmte Punkte am Ohr ausgeübt wird, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin als Verbindung zu Energiebahnen (Meridiane) gelten. Im Ohr ist der ganze Körper wie gespiegelt abgebildet: Der Kopf befindet sich am Ohrläppchen, die Füsse oben. Wenn ein Punkt durch Druck am Ohr schmerzt, kann das ein Hinweis auf ein Problem in dem passenden Körperteil sein. Man nutzt dann oft passende Heilmittel oder Therapien, um dieses Gebiet zu unterstützen. Bei Schlafstörungen existieren verschiedene Entspannungs-Punkte, die bearbeitet werden können. Ist Stress ein Thema, können sogenannte Ohrkreisläufe mit dem Stäbchen sanft abgefahren werden. Allgemein bekannter ist die Fussreflexzonen-Massage, die bei Schlafproblemen aller Art sehr tief wirken kann. Mittels geeigneter Griffe wird das Abbild der Lymphbahnen am Fuss sanft berührt und so eine unglaubliche Tiefenentspannung herbeigeführt.

Phytotherapeutisch werden Baldrian, Melisse, Hopfen, Lavendel und Passionsblume gegen Einschlaf- sowie Durchschlafstörungen empfohlen. Sie wirken muskelrelaxierend, entkrampfend und dämpfend auf das Zentralnervensystem. Das ätherische Öl des Lavendels wirkt bereits über die Nasenschleimhäute beruhigend. Eine Besonderheit ist der Hafer: Grundsätzlich gilt er als schlaffördernd und beruhigend. Im Gegensatz zu den anderen Heilmitteln ist er aber zugleich ein Energiespender. Alle diese Pflanzen sind als Kraut, Tinktur oder Spagyrische Essenz erhältlich.

Auch die Homöopathie hat einiges zu bieten in Sachen Schlafstörungen. Allen voran das homöopathisch verdünnte Coffein. In der Homöopathie hat Coffea (Kaffee) eine beruhigende Wirkung und eignet sich im Speziellen gegen nächtliches Gedankenkreisen. Fühlen Sie sich gestresst, denken Sie andauernd an unerledigte Sachen sowie vermeintlich unlösbare Angelegenheiten und finden ihre Gedanken kein Ende? Probieren Sie dieses Mittel aus. Weitere homöopathische Mittel sind der Hafer (Avena sativa), der als regulierende Pflanze bekannt ist und das Nervenzink (Zincum valerianicum). In der Homöopathie wird Zincum valerianicum bei Konzentrationsstörungen, Unruhe, Nervosität am Abend, allgemeinen nervösen Beschwerden und manchmal bei Kindern mit innerer Unruhe oder Lernschwierigkeiten verwendet.

Wer lieber ein Pflanzenpräparat einsetzt, kann auch erfolgreich mit der Gemmotherapie arbeiten. Diese Präparate werden aus den Knospen, Wurzelspitzen und Pflanzentrieben verschiedener Pflanzen hergestellt. Als solche Knospenextrakte werden die Feige und die Silberlinde eingesetzt. Die Feige wirkt beruhigend, aber auch stimmungsaufhellend und entspannend. Zudem wirkt sie bei Verdauungsstörungen mit psychischen Komponenten. Die Silberlinde ist ein hervorragendes Mittel bei Angstzuständen, in Stresssituationen, bei Gedankenkreisen und ist ein wichtiges Beruhigungsmittel für Kinder.

Eine Fachperson aus der Naturheilpraktik kann Sie ganzheitlich unterstützen, damit Sie die Ursache und die passende Lösung für ihre Schlafthematik finden. Schlafen Sie gut!

 

Teemischung für einen ausgeglichenen Schlaf

  • 20 g Passionsblume
  • 10 g Melisse
  • 20 g Lavendel
  • 20 g Pfefferminze
  • 20 g Orangenblüten
  • 10 g Hopfen

Dosierung: Eine halbe Stunde vor dem Schlafen 1 Teelöffel pro Tasse dieser Mischung mit heissem Wasser übergiessen, 5 Minuten ziehen lassen und in Ruhe, Schluck für Schluck, trinken.

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