Kinderaugen im Blick haben

Die Augen eines Kindes sind empfindlicher als die von Erwachsenen. Damit eine angemessene Entwicklung der kindlichen Sehkraft nicht ins Auge geht, sollte man Smartphones, UV-Strahlen und Kunstlicht im Auge behalten.

Angela Bernetta

Machen Smartphones kurzsichtig? Dürfen Babys schielen? Wächst sich Weitsichtigkeit heraus? Und wie schützt man die Augen des Kindes vor schädlichen UV-Strahlen? Fragen über Fragen. Sicher ist: Kinderaugen sind empfindlicher als die eines Erwachsenen. «Die Sehkraft eines Kindes muss sich entwickeln», ergänzt Panagiotis Kouros, Augenarzt mit eigener Praxis in Kilchberg/ZH. «Da sich Kinder nicht melden, wenn sie auf einem Auge schlecht sehen, empfehle ich regelmässige Kontrollen beim Kinder- beziehungsweise Augenarzt.»

Will man Kinderaugen angemessen schützen, gilt es Verschiedenes zu beachten. Bereits unsere Grossmütter mahnten: «Wer bei schlechtem Licht liest, verdirbt sich die Augen.» Tatsächlich brachte eine Studie der Universitäts-Augenklinik Mainz zutage, dass zu viel Lesen kurzsichtig machen kann. Panagiotis Kouros präzisiert: «Kurzsichtig werden lesende Kinder nicht wegen zu wenig oder schlechtem Licht, sondern wegen des geringen Abstands zum Buch oder Handy und des daraus resultierenden ständigen Reizes, in die Nähe schauen zu müssen.» Beim Lesen gewöhnt sich das Auge an eine zu kurze Distanz. Dabei wird das Längenwachstum des Auges beeinflusst, was Kurzsichtigkeit zur Folge haben kann.

Hierzulande nimmt Kurzsichtigkeit vor allem bei Kindern ab der Primarschulzeit zu, wenn sie mit dem Lesen beginnen. Das bedeutet aber nicht, dass man sie vom Lesen abhalten soll. Der Augenarzt sagt: «Beim Lesen empfehle ich einen Abstand von mindestens 30 Zentimetern zum Buch einzuhalten.» Kinder sollen lernen, auf diese Distanz zu achten, bis sie diese automatisch einhalten.

Mit Tageslicht gegen Kurzsichtigkeit

Im häufigen Smartphone-, iPad- oder Computer-Konsum verorten Wissenschaftler*innen eine weitere Gefahr, die buchstäblich ins Auge gehen kann. Laut Studie der Universitäts-Augenklinik Mainz ist mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen kurzsichtig. Tendenz steigend. Aus Ländern mit hoher Bildschirmnutzung, wie etwa dem asiatischen Raum, wird diesbezüglich gar von einem Anstieg von bis zu 80 Prozent berichtet. Daher sei es ratsam, wenn Kinder das Tablet, den PC oder das Smartphone lediglich begrenzt nutzen. «Mehr als zwei Stunden am Stück täglich ist nicht zu empfehlen», ergänzt Kouros. Wer dabei einen Mindestabstand von 50 Zentimetern einhält, dürfte auf der sicheren Seite sein.

Tageslicht regt die Netzhaut an, den Botenstoff Dopamin freizusetzen, was der Entwicklung des kindlichen Augapfels zuträglich ist. «Verbringen Kinder täglich 40 Minuten im Freien, scheint dies der Kurzsichtigkeit entgegenzuwirken», so Kouros. Aber Achtung: Zu viel Sonne und die damit einhergehende UV-Strahlung können Kinderaugen schaden. Da die Pupillen eines Kindes grösser und deren Linsen lichtdurchlässiger sind, gelangt mehr UV-Strahlung ins Augeninnere als etwa bei einem 25-Jährigen. Der grösste Teil wird glücklicherweise von der Hornhaut und der Linse gefiltert. Augenärzt*innen wie Panagiotis Kouros raten im Freien zur zertifizierten Sonnenbrille mit UV400- und CE-Siegel, die idealerweise auch seitlich schützt. Dies vor allem an Tagen mit intensiver Sonneneinstrahlung. «Haben die Kinder keine Lust eine Sonnenbrille aufzusetzen, sollte man sie nicht zwingen», ergänzt er. «Am besten setzt man sie unter einen Sonnenschirm oder in den Schatten und gewöhnt sie spielerisch an den Sonnen- und Lichtschutz.»

Ernährung stärkt die Augen

«Die meisten Kinder sind bei Geburt weitsichtig», weiss Kouros aus Erfahrung. Häufig bemerken sie es nicht einmal, da die hohe Elastizität ihrer Augenlinse diesen Makel auszugleichen vermag. Weitsichtigkeit normalisiert sich mit dem Augenwachstum von selbst. «Dieser Prozess dürfte mit acht Jahren abgeschlossen sein.»

Babys können mitunter einen leichten «Silberblick» haben. Ein dezentes Schielen ist aber kein Grund zur Beunruhigung. «Bei Kindern unter einem Jahr kommt es gelegentlich zu einem vorübergehenden Innenschielen », erklärt der Augenarzt. «Die Koordination zwischen dem Gehirn, den Hirnnerven und den Augenmuskeln ist noch nicht voll ausgereift und muss noch feinjustiert werden.» Auch bei hohem Fieber können Neugeborene vorübergehend schielen, was kein Grund zur Sorge ist. «Bleibt das Schielen über das Säuglingsalter hinaus bestehen, sollte man eine*n Augenärzt*in aufsuchen.»

Die Ernährung hält einiges parat, was der Entwicklung von Kinderaugen zuträglich ist. Rüebli etwa enthalten Beta-Carotin, eine Vorstufe von Vitamin A, was das Augenlicht stärkt. Falls die Kinder keine Rüebli mögen, kann man zu anderen Obst- und Gemüsesorten wie etwa Aprikosen, Mangos, Honigmelonen, Brokkoli, Tomaten und/oder Spinat greifen, die ebenfalls reich an Beta-Carotin sind und die Entwicklung der Augen unterstützen.

«Augenkrankheiten entstehen durch ein Ungleichgewicht der Doshas»

Interview: Angela Bernetta

Die ayurvedische Gesundheitslehre ist bekannt für ihre ganzheitlichen Heilmethoden. Vignesh Devraj, renommierter Ayurveda-Arzt im südindischen Kerala, sagt, worauf man bei Kinderaugen achten sollte.

«natürlich»: Wovor muss man Kinderaugen besonders schützen?

Vignesh Devraj: Kinderaugen sind lichtempfindlicher, ihre Pupillen grösser und somit lichtdurchlässiger als die von Erwachsenen. Ihre Augen müssen daher vor schädlicher UV-Strahlung geschützt werden. Da diese zwischen 10 und 16 Uhr am intensivsten ist, sollte man Kinder während dieser Zeit keiner direkten Sonneneinstrahlung aussetzen.

Wie schützt man Kinderaugen angemessen?

Wer auf die Ernährung achtet, schützt nicht nur Kinderaugen vor Krankheiten wie etwa Makuladegeneration oder Grauem Star. Lebensmittel mit Beta-Carotin und folglich Vitamin A, können da unterstützend wirken. Genug Schlaf ist der Augengesundheit ebenfalls zuträglich und zwar mindestens fünf Stunden pro Nacht.

Wer kaum schläft, sieht sich früher oder später mit zuckenden Lidern, trockenen oder überanstrengten Augen konfrontiert. Auch sollte man seinen Augen regelmässige Pausen vom Bildschirm gönnen. Und: waschen Sie Ihr Gesicht jedes Mal, wenn Sie aus dem Sonnenlicht nach Hause kommen. Falls der Körper überhitzt ist, empfehle ich kühlende Substanzen wie etwa Sandelholz, Ingwer oder Präparate aus Guduchi.

Wie sieht eine gute Augenhygiene aus?

Die Augen sollten regelmässig mit kaltem Wasser oder täglich mit einer traditionellen ayurvedischen Medizin namens Triphala ausgewaschen werden. «Augenkrankheiten entstehen durch ein Ungleichgewicht der Doshas»

Wie behandelt man Augenkrankheiten im Ayurveda?

Die ayurvedische Heilkunst verortet Augenkrankheiten in einem Ungleichgewicht der Doshas. Ayurvedische Behandlungen können helfen, den Augeninnendruck und die Augenflüssigkeit zu regulieren. Sie können eine fortschreitende Sehschwäche etwa bei einer Makuladegeneration zu stabilisieren. Die richtige Behandlung kräftigt die Netzhaut und verbessert das Sehvermögen.

 

Behandlung von Augenkrankheiten im Ayurveda

Folgende ayurvedische Behandlungen empfiehlt Vignesh Devraj nach individueller Rücksprache mit dem*r AyurvedaÄrzt* in bei verringertem Sehvermögen, Grünem oder Grauem Star, Makuladegeneration sowie müden und brennenden Augen. Auch dunkle Augenringe lassen sich mit der richtigen Anwendung reduzieren.

Netradhara

Diese ayurvedische Behandlung hilft gegen verschiedene Augenkrankheiten. Die Augen werden mit einem Kräutersud ausgewaschen. Die behandelnde Person träufelt diesen über die geschlossenen Augen. Blinzeln erwünscht.

Netra Tarpanam

Netra Tarpanam bedeutet «Nahrung für das Auge». Dabei wird ein Teigring um die Augen gelegt. Dieser wird mit Ghee (Buttermilch) gefüllt, das mit Heilkräutern versetzt ist. Das Augenbad hilft gegen Müdigkeit und verbessert die Sehkraft.

Netrajana und Kshalana

Die Augen werden bei dieser ayurvedischen Behandlung mit einer medizinischen Flüssigkeit ausgewaschen und dann mit speziellen Augentropfen behandelt, die in den Augapfel geträufelt werden. Hilft gegen verschiedene Augenkrankheiten.

Netra Vidalaka

Diese ayurvedische Kräuterpaste hilft gegen müde Augen sowie Augenbrennen und mildert Augenlidschwellungen. Auch trockene Augen können von den auf die individuellen Doshas (Sanskrit: das, was Probleme verursacht) abgestimmten Kräuter profitieren.

 

Wann sollte man zur augenärztlichen Untersuchung?

«Vor der Einschulung sollte der Nachwuchs mindestens eine Kontrolle bei einem*r Augenärzt*in gemacht haben», rät Panagiotis Kouros, Augenarzt mit eigener Praxis in Kilchberg/ZH.

Sind Augenerkrankungen in der Familie häufig, sollte man früh eine Fachperson aufsuchen. Zeigt ein Kind Symptome wie Kopfschmerzen, Augenbrennen, häufiges Zwinkern, erhöhte Blend-Empfindlichkeit, häufiges Augenreiben, Stirnrunzeln, schnelles Ermüden beim Malen, Lesen oder Schreiben, langsames, zu flüchtiges oder fehlerhaftes Lesen, häufiges Verrutschen in der Buchreihe, auffallend geringer Abstand zum Buch oder TV, häufiges Stolpern oder Gleichgewichtsprobleme, Schwierigkeiten beim Bällefangen, häufiges Anstossen an Möbel, Sehprobleme bei Dunkelheit und/oder plötzliche Verschlechterung der Schulnoten, machte ein Besuch bei einem*r Kinder- bzw. Augenärzt*in sicher Sinn.

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