Gesund werden mit Tee
In einer Tasse Tee steckt mehr als Wasser mit Geschmack. Wenn draussen die Temperaturen sinken und das Immunsystem gefordert ist, greifen viele intuitiv zu Kräutern, Blüten oder Gewürzen. Tee ist seit Jahrhunderten Teil der Hausmedizin und hilft als sanfte, natürliche Unterstützung gegen Erkältung, Fieber und andere saisonale Beschwerden.
Claude Bohler

Tee wärmt nicht nur den Körper, sondern beruhigt auch den Geist. Schon der Moment des Aufgiessens entschleunigt – Dampf steigt auf, Aromen entfalten sich, und der Alltag rückt für einen Augenblick in den Hintergrund. Ob Pfefferminztee, Lindenblütentee oder Ingwertee – jede Pflanze hat ihre eigene Heilkraft.
Streng genommen gelten diese drei Beispiele aber nicht als Tee. Denn alle sechs klassischen Teesorten – Weisser Tee, Grüner Tee, Gelber Tee, Oolong, Schwarzer Tee und Pu-Erh (Fermentation) – gewinnt man aus der Teepflanze Camellia sinensis. Nach dieser Definition gehören Kräutertee und Früchtetee nicht dazu. Denn sie bestehen aus Aufgüssen von Blüten, Blättern, Früchten oder Wurzeln unterschiedlicher Pflanzen. Dennoch haben sich die beiden «unechten» Teesorten längst im alltäglichen Sprachgebrauch etabliert.

Wie aber findet man den richtigen Tee – und worauf sollte man achten, wenn man ihn nicht nur geniessen, sondern auch gezielt für die Gesundheit einsetzen möchte? Darüber haben wir mit Emanuel Graf, dem Gründer und Geschäftsführer von TeeZyt.ch, gesprochen.
Welchen Tee würden Sie bei einer Erkältung oder bei Fieber empfehlen?
Es gibt verschiedenste Kräuter, die hier Hilfe bieten können. Bei einer Erkältung sind traditionelle Kräuter wie Lindenblüten, Anis, Thymian und Eibischkraut bewährte Helfer. Lindenblütentee wirkt schweisstreibend und kann dabei helfen, Fieber zu senken. Anis und Thymian enthalten ätherische Öle, die festsitzenden Schleim lösen und antibakteriell wirken. Dadurch fördern sie das Abhusten und erleichtern das Durchatmen. Eibischkraut zeichnet sich durch schleimhaltige Inhaltsstoffe aus, die einen schützenden Film über gereizte Hals- und Rachenschleimhäute legen und so Hustenreiz lindern. Ein Geheimtipp ist unser «Halswohltee », der all diese wertvollen Kräuter in einer Mischung vereint.
Was sind die Merkmale eines qualitativ hochwertigen Tees?
Die Qualität eines Tees erkennt man an erstklassigen Rohstoffen, seiner Frische und einer schonenden Verarbeitung. Hochwertiger Tee besteht oft aus ganzen, ungebrochenen Teeblättern – im Gegensatz zu Tee im Beutel, der meist kleinere Blattreste (Fannings oder «Teestaub») enthält. Ganze Blätter bewahren mehr ihrer ätherischen Öle und Antioxidantien, was zu intensiverem Aroma und Geschmack führt. Frische ist ebenso entscheidend: Wird Tee zu lange oder unsachgemäss gelagert, oxidieren die enthaltenen Polyphenole und flüchtigen Aromastoffe, was zu Aromaverlust und geringerer Wirksamkeit führt. Ausserdem legen wir bei uns Wert auf Reinheit: Hochwertige Tees stammen idealerweise aus ökologischem Anbau, da konventionelle Tees oft mit Pestizidrückständen oder Fremdstoffen belastet sein können. Kurz gesagt: Einen erstklassigen Tee erkennt man an vollaromatischen, sauber verarbeiteten Blättern ohne Verunreinigungen, die bei richtiger Lagerung ihr natürliches Aroma behalten.
Was ist bei der Zubereitung zuhause entscheidend, damit die heilenden Inhaltsstoffe optimal wirken?
Wichtig ist, den Tee richtig zuzubereiten, damit die enthaltenen Wirkstoffe voll zur Geltung kommen. Dazu gehören vor allem die optimale Wassertemperatur und Ziehzeit, die je nach Kräuterart variieren. Allgemein gilt: Kräutertees sollten mit heissem, aber nicht sprudelnd kochendem Wasser aufgegossen werden (ca. 85–95 °C) und ausreichend lange ziehen. Beispielsweise empfiehlt sich für Pfefferminze eine Ziehzeit von etwa 5–7 Minuten bei ca. 90 °C, damit sich genügend ätherische Öle lösen. Kamille lässt man rund 8–10 Minuten ziehen (ebenfalls ca. 90 °C heisses Wasser), um die entzündungshemmenden Bestandteile optimal herauszulösen. Dabei ist die Tasse oder Kanne während des Ziehens abzudecken – so bleiben die flüchtigen ätherischen Öle im Tee und verfliegen nicht. Manche Heilkräuter erfordern besondere Zubereitungsmethoden: Eibischwurzel zum Beispiel gibt ihren reizlindernden Schleimstoff am besten in kaltem Wasser ab, da zu heisses Wasser die Stärke verkleistern würde. Auch harte Pflanzenteile wie Wurzeln oder Rinden lässt man oft länger (bis 15 Minuten) ziehen oder kocht sie kurz auf, um alle Wirkstoffe herauszulösen. Zusammengefasst sollte man für jeden Kräutertee auf die passende Temperatur und Ziehzeit achten – dann entfalten die heilenden Inhaltsstoffe ihre maximale Wirkung.
Welche Rolle würden Sie der heilenden Wirkung von Tee im Vergleich zu medizinischen Behandlungsmöglichkeiten zuschreiben?
Tee aus Heilkräutern kann eine wohltuende und sinnvolle unterstützende Rolle spielen, ersetzt jedoch keine notwendige medizinische Behandlung. Bei leichten Alltagsbeschwerden – etwa Erkältungen, Husten, Magen-Darm-Verstimmung oder Unruhezuständen – können die richtigen Kräutertees spürbare Linderung verschaffen. Viele Pflanzenstoffe in solchen Tees, zum Beispiel Thymian bei Husten, Pfefferminze bei Verdauungsbeschwerden oder Baldrian bei Nervosität zeigen tatsächlich pharmakologische Wirkungen, die auch in der Schulmedizin bekannt sind. Allerdings handelt es sich bei Teeaufgüssen meist um relativ milde Dosierungen, und die Wirkung tritt sanfter ein als bei konzentrierten Arzneimitteln. Schwerwiegende oder anhaltende Beschwerden sollten daher stets ärztlich abgeklärt werden. Bei hohem Fieber, starken Schmerzen oder keiner Besserung beispielsweise ist der Gang zum Arzt wichtig, um keine ernsthafte Erkrankung zu übersehen. In der Schulmedizin werden Kräutertees als Therapie eher selten verschrieben, was teils daran liegt, dass sie nicht standardisiert dosiert und von Krankenkassen oft nicht erstattet werden. Man greift hier lieber auf standardisierte Extrakte zurück. Unsere Kräutertees sehen wir als sinnvolle Ergänzung: Sie können Symptome natürlich lindern und das Wohlbefinden fördern, sollten aber nicht als Ersatz für ärztlich verordnete Medikamente verstanden werden.

Erzählen Sie uns etwas Spannendes über Tee, das die meisten Leute nicht wissen.
Wussten Sie, dass Tee früher tatsächlich als Währung verwendet wurde? In Teilen Asiens wurden vor allem in vergangenen Jahrhunderten sogenannte Teeziegel (kompakt gepresste Blöcke aus Tee) als Zahlungsmittel genutzt. Entlang der alten Handelsrouten – man denke an die Seidenstrasse – konnte man Waren gegen Teeziegel eintauschen oder sie sogar als Tribut an Kaiserhöfe entrichten. Der Vorteil dieser ungewöhnlichen Währung: Man konnte sie notfalls selbst aufbrühen und trinken, das Geld war also gleichzeitig ein wertvolles Genussmittel. Der Wert richtete sich nach Teequalität, Verfügbarkeit und Transportweg. So kostete um 1900 in der Mongolei ein Schaf etwa 12 bis 15 Teeziegel guter Qualität. Bis heute existieren Teeziegel noch, zum Beispiel als Pu-Erh-Tee-Blöcke, und sind begehrte Sammlerstücke für Teeliebhaber*innen.

Was ist Ihr Lieblingstee?
Zurzeit bin ich besonders begeistert von Matcha-Tee mit Hafermilch. Matcha ist ein zu feinem Pulver vermahlener, grüner Tee aus Japan, den ich gerne als «Matcha-Latte» zubereite, also mit aufgeschäumter Hafermilch. Er schmeckt herrlich cremig und liefert einen natürlichen Energie-Kick. Das gibt mir einen klaren und konzentrierten Kopf für den perfekten Start in den Tag.
Emanuel Graf: Tee ist seine Leidenschaft: Als Gründer und Geschäftsführer von TeeZyt.ch begeistert er seit 2019 seine Mitmenschen für sein Lieblingsgetränk.
