Für Haut und Haar – natürlich, wunderbar!
Weg von Chemie, hin zur Natur – klingt einfacher, als es ist. Wer Naturkosmetik kaufen will, hat einiges zu beachten: verschiedene Labels, verschiedene Vorschriften, Green Washing – Ariana Baechler erklärt die Grundlagen.
Rebekka Affolter
Schnell am Morgen die Haare mit Shampoo waschen, Gesichtscreme und Body Lotion auftragen, Deo unter die Achseln und los geht der Tag. Die heutige Körperpflege kommt mit zahlreichen Produkten – die nicht immer gut für uns sind. Herkömmliche Kosmetik – heisst hergestellt aus hauptsächlich synthetischen Inhaltsstoffen – macht unsere Haut zwar sanft und geschmeidig, aber zu welchem Preis?
Produkte wie Cremen unterbinden oft unsere natürlichen Schutzmechanismen. Sie bilden eine Schicht auf unserer Haut, verschliessen unsere Poren – und enthalten teilweise Stoffe, die krebserregend sein können. Die Alternative: Naturkosmetik. «Im Gegensatz zu konventionellen Produkten beeinträchtigt sie die natürlichen Funktionen der Haut nicht», erklärt Ariana Baechler, Schulleiterin der Schweizer Naturkosmetikschule Academia Balance. Die in den natürlich hergestellten Pflegemitteln enthaltenen Fettsäuren bilden keine abdichtende Schicht, sondern bauen sich in unsere Haut ein.
Achtung, Stolperfalle!
Beim Kauf gibt es allerdings einiges zu beachten. Der erste wichtige Punkt: Naturkosmetik ist nicht gleich natürliche Kosmetik. «Der Begriff ist nicht geschützt – was oft auch zu Green Washing der Produkte führt.» Jeder kann in synthetische Kosmetik zwei Tropfen ätherische Öle tröpfeln und das Ergebnis «natürlich» nennen. Wer sich nicht auskennt und sicher gehen will, dass auch wirklich natürliche Pflege im Einkaufskorb landet, muss einen Schritt weiter gehen – hin zu kontrollierten oder zertifizierten Marken. Am einfachsten ist, zunächst den grossen, verlässlichen Labels zu folgen. «Sie stellen sicher, dass die Grundstandards erfüllt sind», erklärt Baechler. Aber auch hier gibt es einiges zu wissen – von den verschiedenen Vorschriften bis zu den verschiedenen Abstufungen. «Ein regelrechter Label-Dschungel», schmunzelt die 48-Jährige.
Eine erste Hilfe
Im Grunde haben alle Labels meistens zwei Abstufungen: Das Basis-Label und das Bio-Label. Letzteres zertifiziert das Produkt nicht nur als Natur-, sondern als Bio-Kosmetik. Heisst: Ein bestimmter Anteil der Rohstoffe stammt aus biologischem Anbau. Beim Thema Wasser ist ebenfalls Vorsicht geboten: «Produkte, die viel Wasser enthalten, können das Bio-Label teilweise nicht erhalten, auch wenn sie allen anderen Anforderungen entsprechen.» Der Grund: Wasser – und Mineralien – werden nicht als Bio-Rohstoffe angesehen, da sie nicht angebaut werden können, sondern direkt aus der Natur kommen. Muss man auch erstmal mal wissen.
Keine Tierversuche, dafür Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen
Zurück zum Basis-Label. Je nach Label gelten andere Bedingungen. Bei allen garantiert: das Tierversuchs-Verbot. «Deswegen findet man Tierschutz-Labels wie PETA nur selten auf Naturkosmetik», erklärt Baechler – wäre doppelt gemoppelt. Weiter gilt: Rohstoffe stammen aus der Natur, heisst sie sind «stets pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs». Heisst konkret: Ätherische Öle, Hydrolate und Pflanzenextrakte sind oft wichtige Inhaltsstoffe.
Der Kauf ohne Label
Nur weil ein Produkt kein Label hat, heisst es nicht, dass es keine Naturkosmetik ist. «Labels kosten Geld und kommen mit vielen Vorschriften», erklärt Baechler. Nicht nur müssen die Inhaltsstoffe stimmen, auch Produktionsprozesse, Verpackung, Transport, und Entsorgung folgt je nachdem strengen Regeln. «Nicht alle können oder wollen alle Anforderungen erfüllen – oder aber kleine Betriebe können sich die Labels gar nicht leisten.» Ohne Label muss man sich mit der Liste der Inhaltsstoffe auseinandersetzen – «wobei das eine Sprache ist, die man erst einmal verstehen muss». Als erste Anlaufstelle können Apps helfen: Ein kurzer Scan zeigt das Wichtigste auf einen Blick. Wer sich kein Label leisten kann oder will, verzichtet darauf oder arbeitet mit eigenen Logos. Baechler warnt: «Jede Firma kann ihre eigenen Logos aufdrucken, die nicht von einer externen Stelle kontrolliert werden.». Bei einer Recherche sollte man also immer hinterfragen, was genau ein Label oder Logo aussagt – und wer es kontrolliert. An diesem Punkt ein weiterer Tipp: Gute Beratung hilft. Wer sich nicht auskennt, sollte bei einem Erst-Kauf entsprechende Fachpersonen aufsuchen. «Nicht zuletzt dafür bilden wir zukünftige Naturkosmetiker*innen aus», so die Schulleiterin.
Das Sortiment
Wie steht es eigentlich um das Angebot in der Naturkosmetik? «Inzwischen ist sie der herkömmlichen Kosmetik beinahe ebenbürtig – in den letzten 20 Jahren hat sich einiges getan.» Ganz mithalten können natürliche Produkte in gewissen Bereichen (noch) nicht. Vor allem in der Vielfalt sind sie teilweise eingeschränkt. «Naturkosmetik übernimmt die Wirkstoffe, die Farben und die Düfte der Natur – nicht mehr und nicht weniger.» Die Forschung und Entwicklung läuft aber auch in der Naturkosmetik auf Hochtouren.
Für Baechler macht aber genau das die Faszination aus: «Ich finde sehr spannend, was man alles mit wenig Rohstoffen, allein mit der Natur erreichen kann.» Die Begeisterung dafür kommt nicht von ungefähr: «Ich bin mitten in den Bündner Bergen aufgewachsen – für mich hat die Natur grosse Bedeutung. Im Grunde finden wir dort alles, was wir brauchen.»
Die Anwendung
Und letzten Endes nimmt ein kleineres Sortiment einem die Qual der Wahl. Wer sich für ein Produkt entscheiden konnte, wird bei der Anwendung schnell die Unterschiede zwischen Natur- und herkömmlicher Kosmetik bemerken. «Von den natürlichen Produkten braucht man meist viel kleinere Mengen», sagt Baechler. Entsprechend kommen sie in kleineren Verpackungen daher – immerhin sind sie auch weniger lang haltbar als synthetische Produkte. «Sie werden so verpackt, dass sie innerhalb der Ablaufzeit – meist drei bis sechs Monate nach dem Öffnen – verbraucht werden können.»
Und hier enden auch schon die Unterschiede zur konventionellen Kosmetik. Ansonsten ändert sich beim Gebrauch nichts: Schnell am Morgen die Haare mit Shampoo waschen, Gesichtscreme und Body Lotion auftragen, Deo unter die Achseln und los geht der Tag.
«Naturkosmetik unterstützt die Haut, statt sie zu überdecken – und setzt ganz auf die Kraft der Natur.»