Es gibt ein Leben mit beschwerdefreien Divertikeln

Bauchschmerzen können diverse Ursachen haben. Treten diese plötzlich und heftig im linken Unterbauch auf, handelt es sich vielleicht um eine Divertikulitis. Mit dem richtigen Lifestyle und der richtigen Ernährung kann diese verhindert werden. Wir zeigen wie.

Erna Jonsdottir

Sie ähneln optisch einem winzigen Ballon, einem Pilz, einer Birne oder einem Säckchen. Sehr viele Menschen haben sie – doch den wenigsten ist es bewusst: Divertikel – ein merkwürdiges Wort für ein ebenso merkwürdiges körperliches Phänomen. Zur Erklärung: Divertikel sind Ausstülpungen an der Wand eines Hohlorgans. Sie können Organe wie die Blase oder die Speiseröhre betreffen. Am liebsten bilden sie sich allerdings an der Darmschleimhaut im Dickdarm. Speziell betroffen ist das «Sigma», der letzte Abschnitt des Dickdarms vor dem Mastdarm.

Dieser liegt im linken Unterbauch und beginnt etwa 15 bis 20 Zentimeter vom After entfernt. Dort bilden sich die Dickdarm-Divertikel, auch Kolondivertikel, oft in grosser Anzahl, weil der Druck im Inneren an dieser Stelle besonders hoch ist.

Divertikel sind keine Krankheit

Bilden sich viele Divertikel spricht man von einer Divertikulose. Das klingt bedrohlich, ist es aber (noch) nicht. Denn Divertikel sind keine Krankheit, sondern vielmehr ein Zustand, beziehungsweise ein Risikofaktor für eine Darmentzündung. Rufen die Divertikel Beschwerden oder Komplikationen hervor, sprechen Ärzt*innen von einer Divertikelkrankheit. Entzünden sie sich, handelt es sich um eine Divertikulitis – eine Darmentzündung, die bei etwa 25 Prozent der von Divertikeln betroffenen Menschen vorkommt.

Im Grunde eine Alterskrankheit

In Europa tragen rund 10 Prozent der unter 50-Jährigen und rund 50 Prozent der über 70-Jährigen Divertikel mit sich herum. Sie werden mit dem steigenden Lebensalter häufiger, weil die Darmwand schwächer wird. Interessant: In Asien und Afrika ist die Divertikelkrankheit eine Seltenheit. Fachleute gehen davon aus, dass die andere Ernährung und der Lebensstil Gründe dafür sind. Vermehrt betroffen sind allerdings auch jüngere Menschen in Europa, weil sitzende Tätigkeiten und Bewegungsmangel das Entstehen von Divertikeln begünstigen. Die Ursachen von Divertikeln sind wissenschaftlich noch nicht geklärt. Bekannt sind die Risikofaktoren, welche die Entstehung der Darmausstülpungen begünstigen.

Unser Darm braucht Ballaststoffe

Neben dem höheren Lebensalter und der erblichen Veranlagung zählen 

  • starkes Übergewicht
  • ballaststoffarme Ernährung,
  • hoher Konsum von rotem Fleisch,
  • Darmträgheit und Verstopfung,
  • Unterdrückung des Stuhlgangs,
  • Bewegungsmangel,
  • Nervenstörungen an der Darmwand und
  • Rauchen

zu den Risikofaktoren, die zur Divertikel-Bildung beitragen können. Weshalb? In unserer schnell lebigen Gesellschaft greifen viele Menschen zu Fast Food oder Fertigprodukten, die viel Fett und Zucker enthalten. Hinzu kommt, dass bei vielen täglich Fleisch und Weissbrot auf dem Teller landen. Während sich der Gaumen darüber freut, leidet der Darm: Diese Form der Ernährung enthält kaum Ballaststoffe.

Unser Darm braucht aber Ballaststoffe. Der Grund: Ballaststoffe sind unverdauliche Pflanzenfasern, die zu einem grossen Teil in Gemüse, Obst und Getreideprodukten zu finden sind. Ein Teil der Ballaststoffe hat die Fähigkeit, Wasser zu binden und aufzuquellen. Damit vergrössert sich die Stuhlmasse und der Stuhl bleibt weich. Dadurch wird die Darmbewegung angeregt und die Anspannung der Darmwand lässt nach. So kann der Nahrungsbrei den Darm schnell und leicht passieren und Verstopfung ist kein Thema.

Mangelt die Zufuhr von Ballaststoffen, entsteht eine geringere Menge an härterem Stuhl, die vom Dickdarm nur mit Anstrengung befördert werden kann. Darmträgheit und Verstopfung gehören zu den Hauptursachen von Dickdarmdivertikeln, weil beim Stuhlgang der Innendruck im Dickdarm durch übermässiges Pressen auf ungesunde Werte steigt.

Divertikelkrankheit oder Divertikulitis?

Wie erwähnt, verursachen Divertikel normalerweise keine Beschwerden. Diese entstehen in der Regel erst, wenn sie entzündet sind. Doch schon die Divertikelkrankheit kann zahlreiche Beschwerden wie Bauchschmerzen im linken Unterbauch, Blähungen, Völlegefühl oder Verstopfung und Durchfall hervorrufen. Diese Symptome sind oft nur vorübergehender Natur und klingen wieder von selbst ab, auch wenn sie länger anhalten können.

Entzünden sich die Divertikel – dies geschieht zum Beispiel, wenn sich ein Stuhl-Pfropf im Divertikel-Eingang einnistet –, sind oft schwere Symptome wie plötzliche und starke Schmerzen im Unterbauch, Fieber, Verstopfung, Durchfall, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung bis hin zu Blutungen die Folge. Die Ursachen der Divertikelkrankeit sind übrigens auch nicht geklärt. Risikofaktoren sind

  • starkes Übergewicht,
  • schwache Immunabwehr,
  • Medikamente, vor allem nicht steroidale Antirheumatika (NSAR), Kortison, Immunsuppressiva,
  • Begleiterkrankungen wie Diabetes,
  • wenig Flüssigkeitsaufnahme,
  • harter Stuhl und
  • hartes Pressen beim Stuhlgang.

Wer die erwähnten Beschwerden hat, sollte sich von einer ärztlichen Fachperson untersuchen lassen: Mit einer Divertikulitis können Komplikationen wie Blutungen, Abszesse, Darmeinengungen oder lebensbedrohliche Durchbrüche entstehen, die eine notfallmässige Operation nötig machen. Früh genug entdeckt, wird die Divertikulitis in der Schulmedizin nach Möglichkeit konservativ behandelt; insbesondere mit Antibiotika, krampflösenden Medikamenten und auch Schonkost ohne Fleisch, Gepökeltem, frittierten, extrem salzigen oder scharfen und fettreichen Produkten wie Butter, Eis oder Käse.

Gibt es naturheilkundliche Behandlungen?

Eines sei vorweggenommen: Es gibt weder ein Rezept gegen Divertikel noch bilden sie sich von allein zurück. Doch es gibt ein Leben mit beschwerdefreien Divertikeln: Ob sich eine Divertikulose entwickelt und diese in eine Divertikulitis übergeht, kann mit vorbeugenden Massnahmen beeinflusst werden, auch im Alter.

Schulmedizin und die Naturheilkunde sind sich einig, dass eine langfristige Ernährungsumstellung mit viel Bewegung die effektivste Therapie, beziehungsweise die einfachste Intervention gegen die Divertikelkrankheit ist.

Die Faustregel: Mit einer gesunden, frischen, ballaststoffreichen Kost bestehend aus Obst, Beeren, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten, einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme von mindestens 1,5 bis 2 Liter pro Tag, Yoga, Gymnastik oder Sport, einem Rauchstopp sowie einem normalen Körpergewicht helfen wir unserer Verdauung und unserem Darm.

Echte Darmschmeichler sind zum Beispiel Lein- und Flohsamen. Die Schale dieser Samen nehmen grosse Mengen an Wasser auf. Dabei bilden sich Schleime, die sich wie ein Schutzfilm über die Schleimhaut legen und deshalb entzündungshemmend und reizmildernd wirken (siehe unten). Wichtig ist ebenso die Zufuhr von Probiotika.

Diese Pflanzen helfen bei Schmerzen

Die Kamille ist das universale Schleimhautmittel, das bei allen entzündlichen oder krampfhaften Magen- Darm-Erkrankungen eingesetzt werden kann. Sie wirkt entzündungshemmend, krampflösend, entblähend, beruhigend und schmerzlindernd. Blähungen lindern ebenso ätherische Öldrogen wie zum Beispiel Fenchel-, Kümmel- und Anissamen aber auch Pfefferminzblätter.

Bei Durchfall kommen gerbstoffhaltige Pflanzen wie Schwarz- oder Grüntee, Eichenrinde, Heidelbeere (getrocknet) oder Tormentillwurzel zum Einsatz. Wichtig: Gerbstoffe sollen nicht in grösseren Mengen dauerhaft verwendet werden, weil sie die Aufnahmefunktion des Darms verhindern.

Wertvoll sind auch Weihrauch und Myrrhe. Während der Weihrauch stark entzündungshemmend wirkt, belegen neuere Studien, dass Myrrhe die Spannung der sogenannten glatten Darmmuskulatur senkt, was das Zusammenziehen des Darms verringert und Darmkrämpfe lindert. Das beste Rezept ist aber immer noch, es erst gar nicht weit kommen zu lassen, dass Divertikel wehtun.

 

 

Die Ballaststoff-Booster

Bei der Ernährungsumstellung ist es wichtig, den Darm nicht mit Ballaststoffen zu überfordern. Gewöhnen Sie Ihren Körper langsam daran. Genauso wichtig ist, genug Wasser zu trinken, damit die Ballaststoffe quellen. So können sie ihre Wirkung im Darm voll entfalten, weil die Spannung der Darmwand erhöht wird, was die Entstehung von Divertikeln vermindert.

Zu den Ballastoff-Boostern zählen:

  • Chiasamen
  • Dinkelkleie
  • Erdmandelflocken
  • Erdnüsse
  • Flohsamenschalen
  • Haferflocken
  • Haferkleie
  • Kürbiskerne
  • Leinsamen
  • Leinsamenschrot
  • Mandeln
  • Weizenkleie

Hinweis: Die Schale der Floh- und Leinsamen nehmen grosse Mengen an Wasser auf. Es bilden sich dabei Schleime, die sich aufgrund ihrer Wirkung (entzündungshemmend und reizmildernd) gut zur Langzeitbehandlung bei unkomplizierter Divertikulitis eigenen.

 

Frühstücksrezept

Ballaststoffe kann man auch trinken. Dieser Smoothie sorgt für einen gesunden Start in den Tag:

Beeren-Smoothie

  • 200 g Beeren, z. B. Heidelbeeren und Brombeeren
  • 400 ml ungesüsster Mandeldrink
  • 15 g Haferkleie
  • Stilles Wasser nach Bedarf
  • 1 Stängel frische Minze zum Garnieren.

Alles Frische waschen, danach mit den restlichen Zutaten in den Mixer oder Smoothiemaker geben und zu einem cremigen Drink mixen. Nach Bedarf mit etwas Wasser verdünnen.

 

Buchtipps/Quellen

Richtig essen bei Divertikulitis – Die optimale Ernährung für ein beschwerdefreies Leben, Doris Muliar, 2. Auflage 2022, Riva Verlag, München.

Divertikel – Für immer beschwerdefrei – Die optimale und richtige Ernährung, Hans-Dieter Allescher, Anne Iburg, 3. Auflage 2020, Trias Verlag, Stuttgart. Gaspan

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