Eine haarige Geschichte

Kategorie: Gesundheit


Gesund soll es sein, kräftig und glänzend: Unser Haar ist ein Geschenk der Natur, das uns gleichermassen schmückt wie charakterisiert. Eine angemessene Haarpflege fördert das Wohlbefinden und steigert das Selbstbewusstsein.




Ob blond oder braun, lockig oder glatt: Wenn das Haar nach dem Aufstehen wüst vom Kopf absteht, sich weder von Bürste noch Gel bändigen lässt, schlägt das nicht wenigen aufs Gemüt. Ein drohender «Bad Hair Day» irritiert vor allem das weibliche Geschlecht – denn für viele Frauen ist ihre Haarpracht zentral und beeinflusst sowohl das Wohlbefinden als auch das Selbstbewusstsein. Eine deutsche Online-Befragung fand vor kurzem heraus, dass ein Grossteil der Frauen bei morgendlichem Zeitdruck eher auf Make-up oder ein passendes Outfit verzichten würden, als dem Tag unfrisiert entgegenzutreten. Und der Markt mit den Haarpflegeprodukten boomt: Gemäss Bundesamt für Statistik geben Schweizerinnen und Schweizer etwa 250 Mio. Franken jährlich für Shampoo, Haarconditioner und Co. aus. Das entspricht etwa zehn Prozent vom Gesamtumsatz des schweizerischen Kosmetikmarkts. Doch braucht unser Haar überhaupt so viel Pflegeprodukte? Und welche Pflege ist für welches Haar sinnvoll?

«Unser Haarschopf besteht zwar aus abgestorbenen Zellen, dennoch macht das Haar unser Befinden sichtbar.»

Haare bevorzugen Naturprodukte

Unser Haar ist ein nachwachsender Rohstoff, der von der Haarzwiebel in der Kopfhaut produziert wird. Wird die Haarwurzel gut versorgt und erspart man dem Kopfhaar Stylingstress wie Dauerwellen und Chemiekeulen wie Farbveränderungen, trägt man viel zu dessen Gesundheit bei. Dann muss man nur noch die passenden Pflegeprodukte verwenden.


«Herkömmliche Haarpflegeprodukte unterstützen unseren Haarschopf kaum», weiss die Naturcoiffeuse Silvia Burri. Sie beanstandet, dass ein beachtlicher Teil der Kosmetikindustrie die Inhaltstoffe von Haarpflegeprodukten hinter findigen Marketingstrategien, knackigen Schlagworten und kaum leserlichen Inhaltsangaben auf den Verpackungen – sehr klein geschrieben! – verstecken. Die diplomierte Haut- und Haarpraktikerin mit langjähriger Berufserfahrung und eigenem Geschäft in Rüschlikon (ZH) moniert: «So gelangen problematische, chemische Zusätze wie Parabene, Sulfate oder Silikone nicht nur direkt über die Haut in unseren Organismus, sondern belasten auch die Umwelt über das Abwasser.»


Aus eigener Erfahrung weiss sie, dass etwa der Gebrauch von chemischen Haarfarben zu Haarausfall führen kann. Ihrer Meinung nach sollte man das Haar ohnehin nur mit Produkten behandeln, die man auch essen kann. «Das setzt jedoch voraus, dass man lesen kann und auch versteht, was in den Produkten drinsteckt.»


Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten sind überzeugt, dass konventionelle Shampoos der Kopfhaut und dem Haar mehr schaden als nützen – indem sie etwa die Talgdrüsen zu stark anregen und dadurch das Haar schneller nachfetten lassen. Ob häufiges Haarewaschen die Talgproduktion tatsächlich ankurbelt, ist wissenschaftlich allerdings umstritten.


Die richtige Haarpflege



  • Das Haar mit lauwarmem Wasser waschen.
  • Wenig Shampoo verwenden und dieses mit Wasser verdünnen.
  • Bei Haarseifen und Shampoos auf die Inhaltsstoffe achten.
  • Ein- bis zweimal Haare waschen wöchentlich reicht normalerweise aus.
  • Das Frottiertuch nach dem Waschen um das nasse Haar wickeln. Vorsichtig trocken drücken oder wringen, nie rubbeln.
  • Nach Möglichkeit das Haar Luft trocknen lassen.
  • Beim Föhnen nie die heisseste Stufe benutzen und in Wuchsrichtung föhnen. Das schliesst die Schuppenschicht und sorgt für Glanz.
  • Hundert Bürstenstriche täglich verteilen den Talg als natürlichen Balsam ins Haar.
  • Zum Bürsten wird eine Naturhaarbürste empfohlen, etwa aus Wildschweinborsten.


Haar und Ernährung

Wer gesundes und kräftiges Haar schätzt, sollte auf eine ausgewogene Ernährung achten. Wichtige Nährstoffe und Nahrungsmittel fürs Haar sind:

  • Zink – Vollkornprodukte, Eier, Gemüse, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Muskelfleisch
  • Eisen – Fleisch, Hülsenfrüchte, Petersilienwurzel, Schnittlauch, Vollgetreide, Leinsamen, Nüsse
  • Vitamin C – Obst und Gemüse
  • Eiweiss – Fisch, Geflügel, Käse, Magerquark, Tofu, rote Linsen, Eier, Nüsse, Leinsamen, Erbsen, Goji Beeren
  • Biotin – Leber und Hefe
  • Vitamine der B-Gruppe kurbeln den Eiweissstoffwechsel an.
  • Cystin – Eigelb.
  • Silicium – Ananas, Blattsalat, Erdbeeren, Karotten, Kürbis, Champignons, Blumenkohl, Kartoffeln, Vollgetreide, Meerrettich, Sonnenblumenkernen, Spargel



Natürliche Pflege bei Problemhaar




Die Anwendung von natürlichen Produkten kann bei Problemhaar eine Alternative zu Haarpflegeprodukte sein. Einige Beispiele:





  • Natron – Reinigt die Kopfhaut ohne Tenside gründlich und wirkt gegen fettiges Haar.
  • Apfelessig: Nach einer Spülung mit Apfelessig ist das Haar schön weich und lässt sich gut kämmen. Apfelessig wirkt auch gegen fettiges Haar.
  • Heilpflanzen: Brennessel, Kapuzinerkresse, Rosmarin, Kamille oder Ingwer. Diese Heilpflanzen können als in viel Wasser vedünnter Tinktur ins Haar einmassiert oder als Teespülung verwendet werden. Heilpflanzen helfen bei fettigem Haar und beruhigen irritierte Kopfhaut.
  • Ätherische Öle: Rosmarinöl regt die Durchblutung der Kopfhaut an und fördert das Haarwachstum.
  • Teebaumöl hat antibakterielle Eigenschaften und hilft gegen Schuppen. Ylang-Ylang-Öl fördert den Haarwuchs und reguliert die Talgproduktion. Achtung: Verträglichkeit von ätherischen Ölen vorher testen!
  • Heilerde: Hilft nicht nur bei Akne und Ekzemen im Gesicht, sondern entzieht der Kopfhaut auch überschüssiges Fett und bindet Schadstoffe. Die Talgdrüsenproduktion wird reguliert, das Haar fettet weniger schnell nach.
  • Avocadokur: Die ölhaltige Frucht verleiht trockenem Haar Glanz. Auch verlängert eine Avocado-Kur den Farbschutz.
  • Zitrone: Der Saft einer Zitrone ist ein Bleichmittel und reguliert die Talgproduktion bei schnell fettendem Haar.

Das Haar lebt

Gleichwohl ziehen nicht wenige Menschen die Haar und Umwelt lieben Naturprodukte wie Heilerde, Mehl, Kräuterauszüge oder Natron den gebräuchlichen Haarpflegemitteln vor. Auch Shampoo am Stück erlebt ein Revival. Die heutigen Erzeugnisse haben allerdings nichts gemein mit der Kern- oder Haarseife von früher; vielmehr sind es Shampoos, denen man das Wasser entzogen hat. Sie sollen, je nach Produkt, einen für das Haar besseren pH-Wert haben als Flüssigshampoos. Allerdings enthalten viele Shampooseifen Glycerin, was Haut und Haar eher austrocknet.


Silvia Burri geht bei der Haarpflege einen ganzheitlichen Weg: «Dieser bezieht die Inhaltstoffe von Haarpflegeprodukten genauso mit ein wie Umweltfaktoren, etwa Pflanzenfarben, und deren Wirkung sowie die psychischen Zusammenhänge bei Haut- und Haaranliegen.» Auch Sorgen und Stress wirkten auf Haut und Haar und liessen sie bisweilen verkommen, betont die Naturcoiffeuse. «Unser Haarschopf besteht zwar aus abgestorbenen Zellen, dennoch macht das Haar unser Befinden sichtbar.»


Auch regelmässiges Bürsten und eine ausgewogene Ernährung (siehe Box) seien essenziell für kräftiges und gesundes Haar, betont Burri: «Isst man ungesund, sieht man das dem Haar an.» Gerät der Säure-Basen-Haushalt bei falscher Ernährung, Rauchen, Bewegungsmangel, Umweltgiften oder Stress aus dem Ruder, entziehe der Körper dem Haarboden bald einmal die Mineralstoffe, erklärt sie. Die Folge: Die Haarwurzeln werden durch den Mineralstoffmangel unterversorgt und verkümmern; das Haar wächst dann nicht mehr kräftig nach und kann schliesslich ausfallen.

No-Poo ist zeitgemäss

Noch einen Schritt weiter gehen Anhängerinnen und Anhänger der No-Poo-Bewegung. Die Shampoo-Verweigerer und -Verweigerinnen reinigen das Haar lediglich mit Wasser. Ganz ohne Pflege geht es aber auch bei ihnen nicht: Mit einer Naturhaarbürste befreien sie die Kopfhaut täglich von Schweiss und Talg. Manche reinigen das Haar zusätzlich hie und da mit natürlichen Shampoos wie Natron oder Heilerde (siehe Box).


Die No-Poo-Bewegung ist nicht nur ein Trend; vielmehr orientiert sie sich an allgemeinen Strömungen unserer Zeit. So versuchen sich ihre Anhängerinnen und Anhänger in einem Meer aus Konsumgütern wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Auch, um in einer unüberschaubar gewordenen Welt die persönliche Kontrolle zu behalten respektive wieder zu erlangen. Zudem wollen sie die Umwelt vor Plastik und Tensiden bewahren und den Säureschutzmantel der Haut, den zu viel Seife und Schaum zu zerstören drohen, vor Umwelteinflüssen, schädlichen Bakterien und Allergien schützen. Viele No-Poo-Aficionados hoffen, dass sich nach einer längeren Zeit des Shampoo-Verzichts wieder hilfreiche Bakterien und Pilze auf der Haut ansammeln. Ob das tatsächlich der Fall ist, darüber sind sich Dermatologen allerdings uneins.


Silvia Burri indes ist überzeugt: «Alles ist besser, als das Haar mit Chemie zu waschen.» Die Naturcoiffeuse rät stattdessen jedem – auch Männern -, das Haar mit natürlichen Haarpflegeprodukten zu behandeln und die Kopfhaut mit regelmässigen Bürstenmassagen zu verwöhnen, was die Haarwurzel stärke. Damit das Haar schön kräftig wird und bleibt – und wir voller Selbstbewusstsein in den Tag starten können.

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