Sonne kurbelt unsere Vitamin-D-Produktion an und hebt die Laune. Fachpersonen raten, das Sonnenbad im Schatten einzunehmen. Gleichwohl ziehen viele Sonnenbräune einer Blässe vor. Wie viel Sonne vertragen wir eigentlich?
Während Menschen in Sonne und Hitze verwöhnten Ländern regelmässig den Schatten aufsuchen, treibt es sie hierzulande, wo heisse und sonnige Tagen (noch) eher rar sind, in Scharen ins Freie. Nicht wenige räkeln sich entspannt in der Sonne, brutzeln und schwitzen mit oder ohne Sonnenschutz während Stunden. Denn ein bronzefarbener Teint oder zumindest eine leicht gebräunte Haut stehen nach wie vor für Attraktivität, Wohlstand und Gesundheit, wie Umfragen belegen.
Hautalterung als Langzeitfolge
«Die Sonne ist für uns lebenswichtig. Sie spendet Licht und Wärme, steigert unser Wohlbefinden, kurbelt den Kreislauf und Stoffwechsel an und lässt die Glückshormone tanzen», sagt Sybille Binder, dipl. Ernährungsberaterin FH. Auch regen ihre Strahlen unsere Vitamin-D-Produktion an, was die Knochen und Zähne sowie die Muskulatur und das Immunsystem stärkt. «Tageslicht ist wichtig für die Psyche und für den zirkadianen Rhythmus. Deshalb sollte man sich täglich im Freien bewegen und einen Arbeitsplatz mit Tageslicht haben», ergänzt David Muggli, Oberarzt für Dermatologie am Universitätsspital Zürich. «Direkte Sonneneinstrahlung auf die Haut rate ich jedoch möglichst zu vermieden.» Denn zu viel Sonne birgt Gefahren. Ihre ultravioletten Strahlen – ein kurzwelliger, für den Menschen unsichtbarer Teil der Sonnenstrahlung – können unsere Haut und Augen nachhaltig schädigen. Sonnenbrand zählt zu den unmittelbaren Reaktionen des Körpers auf zu viel UV-Strahlung. Wissenschaftlich gut dokumentiert ist die Hautalterung als Langzeitfolge mit Runzeln, Falten, Lederhaut und/oder Pigmentflecken. Muggli bestätigt: «Die Sonnenstrahlung beschleunigt die Hautalterung, die Elastizität nimmt ab und es bilden sich vermehrt Falten. Auch bekommt die Haut ein zunehmend unebenes Bild mit braunen, roten und hellen Flecken.»
Grosszügig eincremen
«Wie lange man ohne Sonnenschutz in der Sonne bleiben kann, hängt vom Hauttyp, der Sonnenintensität und davon ab, ob die Haut sonnengewöhnt ist oder nicht», sagt Inja Allemann, Fachärztin für plastische Chirurgie und Dermatologie sowie Expertin für Lasermedizin. «Am meisten gefährdet sind Menschen mit einer hellen Haut, die kaum braun wird und zu Sommersprossen und Sonnenflecken neigt», ergänzt Muggli. Aber auch Menschen mit dunklerem Hauttyp rät er vom Sünnele ab. «Zwischen 10 und 16 Uhr steht die Sonne am steilsten. In dieser Zeit sollte man sich im Schatten aufhalten», so der Dermatologe. «Ist dies nicht möglich, empfehlen wir sich primär mit dicht gewobenen Textilien wie langärmligen Hemden und Hosen sowie Sonnenhut mit Krempe und einer Sonnenbrille mit UV-Schutz zu schützen.» Am Strand oder im Schwimmbad empfiehlt er ein langärmliges Lycra-Shirt zu tragen, da künstliche Fasern wie Polyester einen besseren Schutz vor intensiver Sonneneinstrahlung bieten als Baumwolle oder Leinen. «Die freien Hautstellen rate ich grosszügig und wiederholt mit UVB- und UVA-Sonnenschutzprodukten mit Lichtschutzfaktor 50+ einzucremen.»
«Die Sonne ist für uns lebenswichtig.»
Säuglinge und Kinder gilt es sehr gut zu schützen, da Sonnenschäden bereits in diesem Alter langfristig besonders grosse Folgen haben. Sonnenbrände in der Kindheit sind denn auch ein Risikofaktor für den schwarzen Hautkrebs, das Melanom.
Hautkrebs nimmt zu
Regelmässige und starke Sonnenexposition kann tödlich enden. «Über die Jahrzehnte häufen sich Zellschäden an, welche immer schlechter repariert werden können. Im Alter kommt es dadurch zunehmend zu weissem, teils auch schwarzem Hautkrebs», erklärt Muggli. Gemäss Krebsliga Schweiz erkranken pro Jahr rund 3000 Menschen an schwarzem Hautkrebs: etwa jeder Zehnte stirbt daran. Fast ein Viertel der Erkrankten ist zum Zeitpunkt der Diagnose unter 50 Jahre alt. Schwarzer Hautkrebs ist deshalb so gefährlich, weil er schnell Ableger im Körper bildet.
«Obwohl ich den Eindruck habe, dass sich die Menschen der Gefahr des Sonnenbadens bewusster sind als früher, ist es sinnvoll regelmässig auf das Risiko hinzuweisen, da sich der ebenfalls durch die Sonne verursachte weisse Hautkrebs erst nach Jahrzehnten zeigt», sagt Muggli. «Dieser nimmt insbesondere bei der älteren Bevölkerung weiterhin zu und verursacht viel Leid und hohe Gesundheitskosten.» In der Schweiz erkranken pro Jahr etwa 20 000 bis 25 000 Menschen daran. Bei rechtzeitiger Diagnose ist dieser in den allermeisten Fällen gut heilbar.
Verschiedene Behandlungen
Das Basaliom (Basalzellkrebs) und das Spinaliom (Stachelzellkrebs) behandelt das dermato-chirurgische Team am Universitätsspital Zürich in der Regel mit einem sanften, mikroskopisch-kontrollierten Verfahren, das Mohs Chirurgie heisst. «Dabei entfernen wir den weissen Hautkrebs mit grösstmöglicher Präzision und untersuchen die Ränder anschliessend sofort, um sicher zu gehen, dass alle Tumorzellen entfernt wurden», ergänzt Muggli.
Auch Inja Allemann hat immer mehr ältere Patient*innen, die an weissem Hautkrebs erkrankt sind. Dieser zeigt sich rau und rötlich an sonnenexponierten Stellen, oft im Gesicht. «Häufig muss ich ihn aus Augenlidern, Nase, Stirn, Ohren, Schläfen oder Lippen schneiden», sagt sie. Kommt hinzu, dass sich immer mehr Menschen mit einer sonnengeschädigten Haut minimal-invasiv oder operativ behandeln lassen möchten, um den Zahn der Zeit zurückzudrehen. Präventiv empfiehlt die Fachärztin: «Intelligent handeln, sportliche Aktivitäten bei starker Sonneneinstrahlung auf den frühen Morgen oder späten Abend verlegen und konsequenter Sonnenschutz im Freien bewahrt vor Hautalterung und vor Hautkrebs.»
«Dos» and «Don’ts»
Von Vorbräunen im Solarium raten Dermatolog*innen und die Krebsliga Schweiz dringend ab. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Solarien gar in die oberste Kategorie der Krebsrisiken eingestuft. Auch der Schutz von sonnengebräunter Haut, die oft als sonnengewöhnt verstanden wird, ist trügerisch. «Mit Sonnenbräune wehrt die Haut schädliche UV-Strahlen ab», erklärt Allemann. «Sonnengebräunte Haut ist also keine gesunde, sondern eine verletzte Haut. Mit den Jahren neigt auch sie zu Hautkrebs.»
Als natürliche Anti-Aging-Mittel empfiehlt Sybille Binder zeitig zu Bett zu gehen und ausreichend zu schlafen, nicht allzu üppig zu Dinieren und beim Kochen hochwertige pflanzliche Fette wie etwa Oliven-, Hanf-, Leinsamen-, Traubenkern- oder Kokosöl zu verwenden. Ferner rät sie viel Wasser zu trinken, den Säure-Base-Haushalt in Balance zu halten und den Körper regelmässig mit Tee oder Tinkturen zu entgiften. Sie warnt: «Alkohol in Kombination mit Sünnele ist ein Trigger für schnelles Altern.»
Sonnenschutz-Tipps
Zwischen 10 und 16 Uhr im Schatten bleiben. Geht das nicht, Hut, Sonnenbrille und dicht gewobene Kleider tragen.
Sonnenschutzmittel immer grosszügig auftragen.
Nicht ins Solarium gehen.
Angaben zum UV-Index via www.meteoschweiz.ch beachten.
Regelmässig www.krebsliga.ch checken.
Natürliche Sonnenpflege Sybille Binder, dipl. Ernährungsberaterin FH, rät bei Sonnenbrand zu nachstehenden Hautpflegemöglichkeiten:
- Aloe Vera wirkt entzündungshemmend, kühlt und spendet Feuchtigkeit.
- Blaualgen-Präparate sind reich an Mineralstoffen und Spurenelementen und wirken straffend, regenerierend und unterstützen die Zellerneuerung.
- Pfefferminz- und/oder Melissen-Wasser-Abreibungen beruhigen die Haut.
- Kalte Quark- und/oder Joghurtwickel kühlen und spenden Feuchtigkeit.
Als Sonnenschutz von Innen empfiehlt sie:
- Auf einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt zu achten. Je übersäuerter unser Stoffwechsel ist, desto anfälliger sind wir für Entzündungen, die eine toxische Sonneneinstrahlung auslösen kann.
- Qualitativ hochwertige Nahrungsmittel und ebensolche pflanzliche Öle versorgen den Körper mit den richtigen Nährstoffen und schützen die Haut.
- Natürliche Carotinoide etwa aus Pflanzen, Algen, Pilzen und Bakterien, aber auch Präparate mit Selen, Zink, Kalium, Kalzium und Magnesium (Nahrungsergänzungsmittel) schützen von innen.
Stimmungsaufheller in «finsteren» Zeiten
Fehlt die Sonne, fühlen sich viele abgeschlagen und müde. Adaptogene Pflanzen wie Rosenwurz oder spagyrisches Gold können da die Psyche unterstützen. «Melissenprodukte oder stimmungsaufhellende Gewürze wie Zimt, Muskat, Nelken oder Safran sind den Nerven zuträglich», ergänzt Sybille Binder, dipl. Ernährungsberaterin FH. «Aber auch Lebensmittel mit Vitamin A wie farbiges Wurzelgemüse helfen in «finsteren» Zeiten. Am besten gekocht, da warme Mahlzeiten beim Verdauen weniger Energie brauchen.»