Der Lauf der Sonne als Sinnbild für religiöse Erlösung

Die Sonne hat seit jeher die Menschen inspiriert. In den meisten Religionen spielte und spielt sie eine Schlüsselrolle, wie ein Blick zurück in die Geschichte zeigt.




Die Sonne – wie sehr prägt dieser Planet, um den die Erde mit grosser Geschwindigkeit kreist, unser Leben und Erleben. Wie eindrücklich, nach langen nebelverhangenen Tagen in die Höhe zu steigen und von einem Moment auf den anderen im puren Sonnenlicht zu stehen. Oder wie wohlig und entspannend kann es sein, in mildem Sonnenschein zu baden. Auffällig auch, dass Morgenlieder immer beschwingt tönen, ihre Melodien tänzerisch sind. In ihnen ist die Rede von «der Sonne, welche ihre goldene Bahn betritt»; von der «güldenen Sonne, welche Leben und Wonne bringt. Sie bringt unseren Grenzen mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht.» Oder: «Nun ist vorbei die finstre Nacht. Die liebe Sonne leucht‘ und lacht und lässt uns fröhlich leben.»

Sonne bestimmt über unsere Leben

Für uns ist die Sonne das zentrale Gestirn am Himmel. Von ihr hängt alles Leben auf der Erde ab. So verwundert es nicht, dass ihre Bedeutung den Menschen seit frühester Zeit bewusst war. Und dass die Sonne in verschiedenen Kulten und Religionen als Gottheit verehrt wurde.


«Die Sonne ist die Universalarznei aus der Himmelsapotheke.»

Seit früher Zeit ist die Sonne – über die Erddrehung – die natürliche Uhr des Menschen. Die Beobachtungen der täglichen Bewegung der Schatten mündete in die Entwicklung der Sonnenuhr. Die Abfolge der Jahreszeiten führte zur Entwicklung des Kalenders, der vor allem nach der Einführung des Ackerbaus für alle Kulturen überlebenswichtig wurde. Hierdurch konnten wichtige jahreszeitliche Ereignisse vorherbestimmt werden, wie das Eintreffen der Nilhochwasser im alten Ägypten, der günstigste Zeitpunkt der Saat oder das Eintreffen der für die Seefahrt gefährlichen Herbststürme. Es wurden Anlagen konstruiert, um den Himmel zu beobachten, so beispielsweise in Stonehenge. Religionsgeschichtlich betrachtet zeigen Religionen wie Menschen mit dem Göttlichen umgehen. Religionen sind abhängig von den Vorstellungen einer bestimmten Zeit und Kultur, und damit vom Grad des Bewusstseins der entsprechenden Menschengruppen. Diese Vorstellungen sind geprägt von Erfahrungen des Menschen mit dem Numinosen, mit dem grossen Ganzen, mit dem was uns unbedingt angeht. Obwohl die religiösen Erlebnisse subjektiv sind, erweisen sie sich für die Erlebenden nicht einfach als Illusion oder Fantasie, sondern zielen auf die letzte und höchste Realität. Zugleich beinhaltet dieses persönliche Erleben ein Überpersönliches, welches sich durch alle Zeiten und Kulturen hindurch dem Menschen offenbart. Diese Offenbarungen sind vielgestaltig und beinhalten eine Fülle von Formen und Aussagen.




Der Sonnengott in Ägypten

Interessant ist nun, dass das Bild, das Symbol der Sonne in vielen Religionen vorkommt. Sie ist unter den Planeten der einzige, aus sich selber strahlende Stern. Eine besondere Verehrung genoss die Sonne in Ägypten. Man sah in ihr die Verkörperung des Sonnengottes Re, dieser hatte zwei Sonnenschiffe, mit denen er über den Himmel fuhr. Er ist eher spät, um 2500 vor Christus an die Spitze des ägyptischen Götterhimmels aufgestiegen. Vorher hatte man den Pharao als Verkörperung des Falkengottes Horus betrachtet, nun wird er zum ersten und höchsten Geschöpf, zum Sohn des Sonnengottes Re. Die 5. Dynastie erhob den Re-Glauben zur Staatsreligion. Es wurden am Westufer des Nils Sonnenheiligtümer errichtet. Häufige Sonnendarstellungen sind der Skarabäus mit der Sonnenkugel und die (oft geflügelte) Sonnenscheibe mit der Uräusschlange. Der Skarabäus (Mistkäfer, heiliger Pillendreher) formt aus Dung «Pillen», die in die Erde versenkt werden und in die das Weibchen Eier legt. Die scheinbare Entstehung des Skarabäus aus diesen Kugeln machte ihn in Ägypten zum heiligen, sonnenhaften Tier. Der Name beinhaltet das Wort für «aufgehende Sonne».

Einen besonderen Höhepunkt erlebte der Sonnenkult während der 18. Dynastie unter Pharao Echnaton, der vermutlich zwischen 1351–1334 vor Christus regierte. Echnaton, der ursprünglich Amenhotep IV. hiess, benannte sich nach dem Sonnengott Aton, der in Gestalt der Sonnenscheibe als höchster Gott verehrt wurde. Echnaton heisst nämlich nichts anderes als «jener, der Aton nützlich ist». Er entwickelte den Kult wohl bis hin zum Monotheismus, also zu einer Religion, die nur einen Gott kennt. Obschon die Reformen Echnatons nach dessen Tod weitgehend rückgängig gemacht wurden und er der «Damnatio memoriae» anheimfiel, war diese Epoche ein wichtiger Einschnitt in der abendländischen Religionsgeschichte.




Helios, der griechische Sonnengott

Bekannt ist auch der griechische Sonnengott Helios. Er fährt täglich in einem von vier feuerschnaubenden Flügelrossen gezogenen Wagen über den Himmel. Des Nachts kehrt er in einem goldenen Becher zum Lande des Sonnenaufganges zurück. Die Mondgöttin kann als Gemahlin, Schwester oder Tochter erscheinen. Die Sage erzählt von der Unglücksfahrt des Sonnensohnes Phaeton, der mit dem ihm für einen Tag überlassenen Sonnenwagen Himmel und Erde gefährdet, bis Zeus ihn mit dem Blitz erschlägt.


Er wird in den Eridanos gestürzt, an dessen Ufer die trauernden Schwestern, die Heliaden, zu Pappeln werden und ihre Tränen zu Bernstein erstarren. In Phaeton wollte man schon den Morgenstern erkennen, der in den Strahlen der aufgehenden Sonne verschwindet.


«Die Sonne spielt auch im Christentum eine wichtige Rolle.»

Die Sonne im Christentum

Rücken wir in unserer Betrachtung der Stellung der Sonne in verschiedenen Religionen zeitlich und räumlich etwas näher, so entdecken wir, dass auch im Christentum das Symbol der Sonne eine wichtige Rolle spielte. Dabei erfand die frühe Christenheit das Rad nicht neu. Sie verleibte sich die Symbolik der Sonne der ausserbiblischen Welt ein und übertrug diese auf Christus. So zum Beispiel das Kreuz, den Adler und den Löwen. Christus wird als die wahre Sonne erkannt. Sein Tod, der Abstieg in die Unterwelt gilt als der wahre Sonnenuntergang, seine Grabesruhe als die wahre Sonnennachtfahrt und seine Auferstehung als der wahre Sonnenaufgang.

In den Evangelien bezeichnet sich Jesus als das Licht der Welt. «Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben», heisst es in Johannes 8, Vers 12. Auch hier wieder – wie in anderen Religionen – zeigt sich die tiefe Sehnsucht des Menschen nach Licht und Erleuchtung. Wir möchten nicht nur Oberflächliches sehen, sondern das Eigentliche, den Urgrund allen Seins. Das Wesen selbst erfüllt uns, nicht der Schein der Wirklichkeit. In Begegnungen mit Jesus machen Menschen die Erfahrung, dass ihnen die Augen geöffnet wurden. Sie tappen nicht mehr in der Finsternis herum. Es wird ihnen vieles klar, vom eigenen Leben und von der Welt. Sie verlassen Depression und Angst und sehen das innere Licht, das Gott in jeden Menschen gelegt hat. Wer auf Christus vertraut, macht die Erfahrung, dass er tiefer zu sehen beginnt. Dass er die Wirklichkeit erkennt, wie sie ist. Und es nicht mehr nötig hat, eine schwarze oder eine rosarote Brille aufzusetzen, welche die Wahrnehmung verzerren und verdunkeln. Illusionen und Täuschungen über uns selbst und das Leben werden im Licht von Christus aufgelöst.

Kein Wunder also, dass die Sonne, das grosse Licht, welches in Mond und Sternen leuchtet, mit Christus in Verbindung gebracht wird. Sein Licht erleuchtet auch die ganze Schöpfung. Es bringt Wärme und Helligkeit, Glanz und die Möglichkeit von Leben, wie es die Sonne im Materiellen tut.





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