Dampf öffnet das Herz der Pflanze

Die Wirkung ätherischer Öle ist wissenschaftlich bewiesen. Grundlage sind destillierte Kräuter, Blumen und Blätter. Wie solche Destillate entstehen, zeigen unter anderem zwei Destillerien im Wallis.

Christine Künzler

Die vielfältigen Pflanzenarten, die in den verschiedenen Höhenlagen der Schweiz gedeihen, beinhalten wertvolle Wirkstoffe. Viele von ihnen lassen sich zur Heilung oder zur kosmetischen Anwendung nutzen – in Form von Tee, Tropfen, Tabletten, Pflanzenwässer und Ölen. Ätherische Öle sorgen dafür, dass Parfums, Seifen, Shampoos und andere Kosmetikartikel gut duften. Ein paar Tropfen in eine Duftlampe oder in die Waschmaschine erfreuen unsere Sinne.

Doch Achtung: Nicht alle ätherischen Öle sind harmlos, nicht alle eignen sich für Kinder. Mit dem starken Pfefferminzöl etwa ist Vorsicht geboten. Die wenigsten Öle lassen sich unverdünnt auf die Haut auftragen. Kundige Beratung ist unerlässlich. Schon unsere Vorfahr*innen wussten, dass in Schnaps eingelegte Pflanzen und Blätter allerlei Beschwerden lindern. Kastanie hilft gegen Rheuma, Baldrian lässt uns besser schlafen, Brennnesseln sorgen für einen gut funktionierenden Stoffwechsel und Holunderblüten helfen gegen Fieber.

Studien beweisen die Wirksamkeit

Dass ätherische Öle verschiedene Beschwerden heilen können, ist längst bekannt. Inzwischen gibt es verschiedene wissenschaftliche Studien, die ihre Wirksamkeit belegen. Die Aromatherapeutin Eliane Zimmermann hat sie gesammelt. So hat zum Beispiel Prof. Dr. Hartmut Göbel von der Universität Kiel die Wirkung von je 1 g Paracetamol und Acetylsalicylsäure mit 10-prozentig verdünntem Pfefferminzöl verglichen und kam zum Schluss, dass Naturmittel gegen Spannungskopfschmerzen meist so hilfreich sind wie pharmazeutische Medikamente. Einige Pharmazieunternehmen haben ätherische Öle oder einzelne Bestandteile daraus bereits ausführlich erforscht, sodass es auch von dieser Seite gesicherte Erkenntnisse gibt.

Mediterranes Klima im Wallis

Die Familie Mayor betreibt in Icogne (VS) die Destillerie L’Essencier. Ihre Kulturen sind alle von Bio Suisse zertifiziert. Dank der sonnigen Lage auf einer Gletschermoräne profitieren die Pflanzen von einem mediterranen Klima, das sich für den Anbau aromatischer Arzneimittel besonders gut eignet. Die Familie erntet und verarbeitet Wildkräuter aus der Umgebung: Schafgarbe, Johanniskraut, Arnika, Wachholder, Gänseblümchen und viele mehr.

Die ersten Pflanzen destillierte Gillaume Mayor im Jahr 2015. Ausschlaggebend dafür war seine grosse Leidenschaft für Heilpflanzen. «Wir wollten Produkte anbieten, die über das Übliche herausgehen», sagt Gillaume Mayor. Die Produkte von L’Essencier sind vor Ort oder online erhältlich.

Der Prozess einer Destillation erfordere eine sorgfältige Überwachung, erklärt Mayor. Am Schluss werden die Destillationsrückstände entweder kompostiert und auf den Kulturen wiederverwendet oder dem Brennstoff beigemischt, der den Heizkessel versorgt. Die grösste Herausforderung in seiner Tätigkeit sei «die Steuerung der Dampferzeugung, die sich je nach Art der zu destillierenden Pflanzen unterscheidet».

Eine mobile Destillerie

Cilgia Chazal fährt mit dem mobilen Destillierapparat «Alambic Mobile» ihrer Destillerie Cembra dorthin, wo sie gebraucht wird. Stationiert ist die auf einen Lastwagen montierte Destillationsanlage in Saxonne. Die diplomierte Kräuterkundlerin hat ihr Unternehmen 2012 gegründet, weil sie Verbesserungspotenzial bei ätherischen Ölen ausmachte. «Ich habe viele Jahre in Aromatherapie-Laboren gearbeitet und gesehen, dass die Qualität des Lärchenöls nicht immer gut war. Zudem war die Herkunft nie lokal», sagt sie. «Parallel zu meiner Beschäftigung schloss ich meine Ausbildung zur Kräuterfachfrau an der Ecole l’Alchémille im Wallis ab und wählte das Thema der Lärchen- und Zirbendestillation als Abschlussarbeit. Von da an habe ich beschlossen, mich in dieses berufliche Abenteuer zu stürzen.» Für sie ist die Qualität und Frische der Pflanzen, die sie destilliert, die grösste Herausforderung. Zudem unterscheiden sich die Destillationsprozesse. «Hölzer etwa müssen vorher zerkleinert werden, um die Ölzellen zu öffnen. Andere Pflanzen, Lavendel zum Beispiel, müssen leicht getrocknet werden.» Die mobile Destillerie Cembra produziert 100 Prozent reine und natürliche ätherische Öle und Hydrolate aus Schweizer Alpenpflanzen. «Wilde Bergpflanzen ermöglichen dank ihrer besonderen Lebensbedingungen ätherische Öle von höchster Qualität», so Cilgia Chazal. Ihre Produkte verkauft sie online, in Drogerien, Apotheken und an Märkten.

www.essencier.ch

www.cembra.org

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