In den letzten Jahrzehnten hat sich der Mensch immer mehr von der Natur abgewandt. Dabei wäre es für unsere Gesundheit enorm wichtig, dass wir uns wieder als Teil der Natur sehen und in Einklang mit ihr leben. Ein guter Schritt in diese Richtung ist das Barfusslaufen. So sagten schon die Lakota Sioux: «Der Erdboden beruhigt, stärkt, reinigt und heilt.»
Blanca Bürgisser
D ie gesundheitsfördernden Effekte von Barfusslaufen sind zahlreich. «Wenn wir in Schuhen gehen, macht ein Teil der Stabilisation der Schuh. Die Muskulatur des Fusses wird nur teilweise benutzt und bildet sich zurück. Wenn wir hingegen barfusslaufen, werden diese Muskeln trainiert und aufgebaut und die feinste Fussmuskulatur gestärkt. Diese Wirkung reicht bis in die Rumpfmuskulatur», erklärt Georgia Hauser, Dipl. Achtsamkeits- und Naturcoach aus St. Moritz. Dies, da die Füsse die Basis für unsere gesamte Körperhaltung bilden und dadurch auch die Funktion der Knie- und Hüftgelenke sowie der Wirbelsäule beeinflussen. Barfusslaufen ist zusätzlich gut für die Gelenke, weil es dafür sorgt, dass wir im Ballengang gehen und nicht wie in Schuhen über die Fersen abrollen. Im Ballengang werden die Stösse besser durch das Fussgewebe und die Muskeln abgefedert, wodurch die Gelenke geschont werden.
Einfluss auf den ganzen Körper
«Was viele nicht wissen, ist, dass der Fuss aus 26 Knochen besteht – also zusammen 52 – und sich damit ein Viertel der menschlichen Knochen in den Füssen befindet», erklärt Georgia Hauser. Diese kleinen Knochen ermöglichen es uns, unsere Füsse beweglich dem Boden anzupassen. In den Schuhen werden sie doch kaum genutzt. Wenn wir beim Barfusslaufen diese Knochen gezielt bewegen, fördert dies auch die Knochendichte.
Und nicht nur Knochen haben wir in den Füssen unglaublich viele, sondern auch Nervenenden. Die Fusssohle hat ca. 70 000 davon, das sind mehr als in unseren Händen. Und doch nutzen wir diese kaum. Beim Barfussgehen auf unbekanntem Grund wird unser Tastsinn gefördert, was gleichzeitig auch ein Hirntraining ist, und die Neuroplastizität gestärkt.
In der Lehre der Fussreflexzonen wird jede Stelle der Fusssohle einem Bereich des Körpers zugeordnet. Beim Barfusslaufen wird nun die gesamte Unterseite des Fusses massiert, im Grunde also eine natürliche Fussreflexzonen-Massage. Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin befindet sich einer der einflussreichsten Energiepunkte auf der Fusssohle, und zwar der Meridian Punkt Niere 1. Er ist der Eintrittspunkt für das Erd-Qi in den Körper.
Immer und überall
Allen, die mit Barfusslaufen anfangen wollen, rät Georgia Hauser Folgendes: «Geht es an wie ein Kind: verspielt, freudig und gwundrig.» Das Wichtigste dabei sei, dass man stets auf das eigene Körpergefühl höre. «Und vergesst nicht, es ist das Natürlichste auf der Welt», fügt sie hinzu. Barfusslaufen ist stets eine wunderbare Achtsamkeitsübung. Denn anders als im Alltag, muss man stets darauf achten, wo man hintritt. «Dieser Effekt verstärkt sich gar noch, wenn man sich zusätzlich auf den Atem konzentriert», ergänzt die Engadinerin.
In der Schweiz gibt es Barfusswege, die speziell darauf aufgerichtet sind, das Barfusslaufen zu erleben und verschiedene Terrains zu entdecken. Doch man muss nicht zwingend auf einem Barfussweg starten, erklärt Georgia Hauser. Viele Wanderwege sind bestens zum Barfusslaufen geeignet. So sei es schon wertvoll, während der Wanderung einfach mal die Schuhe auszuziehen und einige Minuten barfuss zu gehen.
Und auch im Herbst und Winter kann man bestens barfuss gehen. Auch hier ist das Wichtigste, stets auf den Körper zu hören und die Schritte zu geniessen. «Nach den Schritten im Schnee oder bei kalten Temperaturen sind warme Socken für die Füsse ein schönes Geschenk», fügt Georgia Hauser lächelnd hinzu.
Drei Schweizer Barfusswege
Celerina
«Celerina im Engadin hat die schönsten Barfusswege», schwärmt Georgia Hauser. Auf abwechslungsreichem Untergrund führt der eine der beiden Wege zum Fluss, in dem man zum Abschluss die Füsse im kalten Wasser baden kann. Danach folgt ein Abschnitt durch einen Nadelwald mit einem Untergrund wie ein Teppich.
www.engadin.ch
Gonten
Der Weg führt über das Gontener Hochmoor. Wiesen und Bäche wechseln sich mit kurzen, steinigen Abschnitten ab. Ein Highlight sind die Kneipp-Stationen entlang der Route.
www.appenzell.ch
Engelberg
An zehn verschiedenen Posten zwischen Alp Hüttismatt und der Brunihütte SAC kann das Barfusslaufen vertieft erlebt werden. Den krönenden Abschluss bildet der Kitzelpfad rund um den Herzlisee.
www.engelberg.ch