Schluss mit der Selbstsabotage

Warum legen wir uns immer wieder selbst Steine in den Weg? Wer privat und im Beruf wichtige Entscheidungen und Arbeiten mit unzähligen Ausweichmanövern immer wieder vor sich her schiebt, macht sich das Leben unnötig schwer. Zum Glück lässt sich selbstsabotierendes Verhalten aufdecken und überwinden.

Markus Kellenberger


W
as habe ich heute nicht schon alles gemacht – nur nicht das, was ich wirklich machen sollte. Zum Beispiel diesen Text schreiben. Aber jetzt gibt es keine Ausweichmöglichkeit mehr, die Druckerei hat schon mit der Peitsche geknallt. Sie kennen das bestimmt auch, denn jeder Mensch steht sich irgendwann einmal selbst im Weg und rackert sich lieber an Belanglosigkeiten ab, als entschieden zu tun, was wirklich nötig wäre – und am Ende des Tages steht das, dem wir den ganzen Tag verzweifelt ausgewichen sind, immer noch drohend vor uns. Systematisch untergraben wir unsere Ziele mit Ausweichmanövern, sind deswegen unzufrieden mit uns selbst – und erledigen deshalb am Arbeitsplatz lieber Nebensächlichkeiten und privat schauen wir aus lauter Frust noch einen weiteren Teil der Lieblingsserie, verdummen Zeit mit den sozialen Medien oder essen auch noch den letzten Rest der angefangenen Schokolade, statt eine Runde spazieren zu gehen. So halten wir uns selbst in einem Teufelskreis gefangen.


Bewusste und unbewusste Selbstsabotage

Aber warum tun wir das überhaupt, denn wir wissen ja noch im selben Moment, in dem wir uns für eine Ausweichtätigkeit entscheiden, dass das nicht die Lösung des Problems sein kann. Selbstsabotage, ob bewusst oder unbewusst, hat viel mit alten Ängsten und Unsicherheiten zu tun. Faulheit oder Bequemlichkeit sind also nicht die Ursache, auch wenn das manchmal so scheinen mag. Einer der Hauptauslöser für Selbstsabotage ist häufig der falsche Glaubenssatz, unfähig zu sein, eine anstehende Aufgabe befriedigend lösen zu können – und deshalb weicht man ihr so lange wie nur möglich aus. Fatal daran ist, dass sich dieser Glaubenssatz mit jeder weiteren Ausweichbewegung bestätigt und es einem damit immer schwerer macht, zu tun, was getan werden muss.

Zu den häufigsten selbstsabotierenden Verhaltensweisen gehören ewiges Aufschieben, ständiges Grübeln, die Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen und übermässiger Essens-, Alkohol-, Drogen- und Medienkonsum. Oft geschieht das in einer toxischen Mischung und zeigt sich in den immer gleichen Problemschlaufen. Einige davon – wie der nächtliche Gang zum Kühlschrank – sind uns schmerzlich bewusst, ohne dass wir genügend Kraft oder die Disziplin aufbringen, etwas daran zu ändern, andere wiederum laufen unbewusst als alte, immer wiederkehrende Muster ab, wie zum Beispiel die fixe Idee, dass immer die Umstände oder die anderen schuld daran sind, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen.

«Das Eingeständnis, immer wieder selbstsabotierenden Mustern ausgeliefert zu sein, ist der erste Schritt zur Überwindung.»


Raus aus dem Teufelskreis

Wenn Sie in einer ruhigen Minute über ihr Leben nachdenken und feststellen, dass Sie in der Beziehung zu sich und zu anderen Menschen und auch bei der Arbeit auf die immer gleichen Probleme stossen, dann ist es an der Zeit, sich vertieft mit der Frage zu beschäftigen: welche Art von Selbstsabotage betreibe ich eigentlich – und wie viel davon?

Das Eingeständnis, immer wieder selbstsabotierenden Mustern ausgeliefert zu sein, ist der erste Schritt zur Überwindung. Jetzt braucht es nur noch den Mut und die Ausdauer, die nächsten fünf Punkte zu beherzigen und zu üben:

1. Akzeptieren Sie Unsicherheit und Misserfolg, denn Selbstsabotage ist letztlich die Angst vor dem eigenen Versagen. Wer lernt, unangenehme Gefühle wie Enttäuschung, Versagen und Ungewissheit auszuhalten, kann die Selbstsabotage verringern.

2. Erstellen Sie einen Plan, wie genau Sie ein gestecktes Ziel erreichen wollen – und halten Sie sich daran. Ein klarer und sogar schriftlich festgehaltener Plan motiviert gerade dann zum Weitermachen, wenn der innere Saboteur sich wieder bemerkbar macht. Halten Sie diese Erfolge als kleine Siege auf Ihrem Plan, in einem Protokoll oder einem Tagebuch fest.

3. Machen Sie kleine Schritte, denn zu grosse Erwartungen an sich selbst führen mit Garantie zum Scheitern und zurück in das Glaubensmuster «siehst du, ich schaffe das nicht». Ein kleines konkretes Ziel lässt sich hingegen erreichen und bereitet den Boden für den nächsten kleinen Schritt. Seien Sie in dieser Phase nicht wütend über sich, wenn nicht alles wie am Schnürchen läuft, sondern gehen Sie liebevoll streng mit sich um.

4. Holen Sie sich Unterstützung, denn zu zweit lässt sich der innere Saboteur noch besser überwinden. Das kann eine Fachperson sein, die Sie bei Ihrem Veränderungsprozess begleitet oder jemand, der mit ihnen konsequent drei Mal die Woche joggen geht.

5. Reden Sie über Ihr Problem, und Sie werden feststellen: Sie sind nicht allein! Jede, jeder und jedes hat einen inneren Saboteur. Der Austausch mit anderen Menschen kann helfen, die eigenen Muster besser zu durchschauen, ausserdem können Sie Ihre Erfahrungen mit ihnen teilen. Das schafft Vertrauen – in sich selbst und in andere Menschen.

Dass Sie diesen Text nun gelesen haben, bedeutet, ich habe meinen inneren Saboteur überwunden und ihn geschrieben, wenn auch «last minute». Den nächsten, das ist mein Plan, schreibe ich vorher. Jetzt – und hier würde ich gerne ein schmunzelndes Smiley einfügen – sind Sie dran. 


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Joseph Nguyen: «Hör auf zu glauben, was du denkst – Selbstzweifel und Selbstsabotage beenden», Verlag O. W. Barth 2023

 

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Markus Kellenberger begleitet Menschen auf der Reise ins Innere und beantwortet Ihre Fragen aus den Bereichen Leben, Liebe, Glaube und Spiritualität persönlich und ganzheitlich. m.kellenberger@weberverlag.ch

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