Kategorie: Essen
Heilfasten ist gesund und dient der spirituellen -Entwicklung. Doch was passiert beim Fasten? Und was muss man beachten, damit der Essensverzicht nicht gefährlich wird? Denn dies sei einem bewusst: Ganz ohne ist Fasten nicht.
Heilfasten ist ein uraltes Verfahren nicht nur zur spirituellen Entwicklung, sondern vor allem auch zur Gesundheitspflege. Forschungen der letzten zwanzig Jahre zeigen, warum Fasten funktioniert, was dabei passiert und wie die «richtige» Art des gesundheitspflegenden Fastens aussehen sollte. Am beeindruckendsten ist wohl die Einsicht, dass der «zeitlich begrenzte, freiwillige Nahrungsverzicht» der wohl wichtigste «Jungbrunnen» ist, der das Leben auf gesunde und natürliche Weise verlängern hilft.
Menschen und viele Tiere können ohne Schaden kürzer oder länger ohne Nahrung auskommen, also fasten. Diese vererbte, natürliche Fähigkeit hat sich während der Evolution als Anpassung an Nahrungsmangel-Phasen entwickelt. Das «Fasten-Programm» wird aktiviert, wenn der Nachschub von Energie und Nährstoffen (Ausnahme Wasser) deutlich verringert ist. Diese Stoffwechsel-Umschaltung auf «Sparflamme» erfolgt ohne jede Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit. Im Gegenteil: Sind wir im Fastenmodus, steigern sich viele unserer Fähigkeiten: Wir werden wacher, aufmerksamer, empfindsamer, leistungs- oder ausdauerfähiger. Der biologische Sinn ist offensichtlich: Um Nahrungsmangel zu besiegen, müssen wir besser funktionieren als sonst. Andernfalls droht der Tod durch Verhungern.
Das Fett schmilzt
Wie lange gesunde Erwachsene fasten, ist sehr unterschiedlich. Beim alleinigen heimischen Fasten dauert dieses etwa zwischen einem und sieben Tagen; bei ge-übten Fastern länger. Beim Fasten unter ärztlicher Begleitung in einer Kureinrichtung kann es 7, 14, ja sogar bis zu 21 Tage dauern. Es gibt gut belegte Fallgeschichten, bei denen Menschen 40 Tage und länger gefastet und dies gesund überstanden haben. Aber Achtung: Solch extrem lange Fastenzeiten können gefährlich sein! Und: Menschen mit akuten und chronischen Erkrankungen sollten grundsätzlich nur ärztlich begleitet fasten!
Eine moderne, bedenkenlose Form des Fasten ist das Kurzzeitfasten, auch als Intervallfasten bekannt. Dabei wird ein- bis zweimal pro Woche für jeweils einen Tag gefastet – dies aber über Wochen und Monate, ja Jahre hinweg. Doch was passiert da mit uns, beim Fasten?
Normalerweise gewinnt unser Stoffwechsel seine lebensnotwendige Energie primär aus Glukose («Zucker», Kohlenhydrate). Beim Fasten versiegt diese Energiequelle und der Körper nutzt zunehmend die im Fettgewebe gespeicherte Energie. Dieser alternative Stoffwechselzustand wird «Ketose» genannt. Die Ketose beginnt beim gesunden Erwachsenen unter idealen Bedingungen etwa 16 Stunden nach Fastenbeginn. Ideal bedeutet, dass der Darm leer ist und keine Kohlenhydrate mehr liefern kann.
Beim Heilfasten wird dieser Zustand durch intensive Darmentleerung erreicht. Die Fastenlehrer der Neuzeit (u. a. Dr. Guillaume Guelpa und Dr. Otto Buchinger) haben dafür vor allem das Abführmittel Glaubersalz (Natriumsulfat, Karlsbader Salz) verwendet. Nach dem Trinken von ein bis zwei Litern einer wässrigen Glaubersalzlösung kommt es nach wenigen Stunden zu einer stark abführenden Wirkung, manchmal auch schneller. Dies wird beim Fasten in Kureinrichtungen oft noch durch Darmeinläufe, Bauchmassagen oder das Trinken kleiner Mengen Glaubersalzlösung während der Fastenkur ergänzt.
Freiheit statt Versklavung
«Ich kann keinen einzigen Tag ohne Essen leben, mich quält sonst ein schrecklicher Hunger!» ist ein häufiger Einwand gegen das Fasten. Das, was da quält, ist jedoch kein Hunger. Den kennen wir in der westlichen Welt fast überhaupt nicht mehr. Was da quält, ist Appetit gepaart mit tiefsitzenden -Essens-Gewohnheiten und Angst vor dem Unbekannten – nämlich der Freiheit, die uns das Fasten schenkt. Der Antirauchen-Papst Allen Carr sagte: «Die Sklaverei gegen diese Freiheit einzutauschen, ist ein so freudiges Gefühl, wie wenn Sie eine Welt voll schwarzer Schatten hinter sich lassen und in die Sonne hinaustreten.»
Abführen ist nicht zwingend nötig
Die alten Fastenärzte glaubten, dass die intensive Darmreinigung («Entschlackung») Ursache der Umschaltung auf Ketose sei. Das ist jedoch nicht richtig. Das kräftige Abführen beim Heilfasten ist nur dann wichtig, wenn zusätzlich zum Fasten auch Entgiftung oder Entschlackung des Organismus angestrebt wird. Die Umschaltung auf Ketose tritt ansonsten bereits nach eintä-gigem Fasten auf, ganz ohne jedes künstliche Abführen. Das ist doch beruhigend. Denn diese moderne Einsicht bedeutet: Mit dem wohl wichtigsten bekannten Präventions- und Therapieverfahren überhaupt ist auch eine einfache und wirksam Selbstbehandlung zu Hause möglich.
Das stationäre Heilfasten hat aber selbstverständlich seine Berechtigung. Es gibt viele gute medizi-nische gesundheitliche Gründe, zur Kur zu gehen, -alleine schon wegen all der anderen gesund- heitsfördernden Massnahmen, die es dort gibt: das geistig-seelische Rahmenprogramm, der Gesundheitspflege-Kurs oder einfach wegen der -Natur oder der sozialen Kontakte mit gesundheitsinteressierten Gleichgesinnten.
Doch auch das Fasten in heimischer Umgebung hat seine Vorteile: Es ist einfach umzusetzen und ex- trem kostengünstig; und es motiviert, gesunde Änderungen des Lebensstils umzusetzen (Ernährung, Schlafgewohnheiten, Sport usw.).
Das Heilfasten ist ein höchst persönliches Ereignis. Denn jeder Mensch erlebt diese Zeit anders. Mitunter zeigen sich seelisch-geistige «Krisen», die je nach Anlage, Leiden und Schicksal zum Teil hohe Ansprüche an den Betreffenden stellen und besonders angesprochen werden wollen. Entsprechend sollte jedes Heilfasten individuell gestaltet und den jeweiligen geistig-seelisch-körperlichen Bedürfnissen angepasst werden. Anfänger, die sich «Tage ohne Essen» fast nicht vorstellen können, dürfen erste Erfahrungen mit einem oder ein paar wenigen Tagen machen. Dabei stellen viele erstaunt fest, wie leicht und befreiend «Nicht-Essen» sein kann. Langjährig erfahrenen Fastern gelingt es sogar, Heilfasten in den Berufsalltag einzubinden. Doch ist dies eine besondere Herausforderung, die sehr genau überlegt und nur Erfahrenen überlassen werden sollte. Da ist das Intervall-Fasten, zwar auch eine Herausforderung, doch bedeutend einfacher umzusetzen. Für die meisten Menschen ist für das Heilfasten eine Auszeit unbedingt empfehlenswert. Denn ob nun kurz- oder langzeitig angelegt: Die Methode darf keinesfalls unterschätzt werden.
«Ziel des Heilfastens ist die körperliche, geistige und seelische Umstimmung des Menschen..»
Fasten ohne Nebenwirkungen
Heilfasten kann alleine, in Gruppen oder in Kureinrichtungen durchgeführt werden. Manche Menschen ziehen das alleinige Heilfasten vor und nutzen häusliche, bekannte Ressourcen, um so am besten den eigenen Bedürfnissen und Rhythmen nachzugehen. Bei Unsicherheiten bieten erfahrene Fastenberater oder Therapeuten tolle Angebote an. Gemeinsame Treffen in Fastengruppen etwa werden ergänzt durch tägliche Wanderungen. Die Bewegung in der Natur hilft dem gesamten Organismus, wieder ins Lot zu kommen. Zudem wird die Natur beim Fasten bewusster und intensiver erlebt, was seelisch-geistige Impulse setzen kann. Gleiches gilt für Musik. Im Gruppengespräch wiederum können eigene eingefahrene Verhaltens-, Ess- oder sonstige Gewohnheiten in den Fokus gelangen und überdacht werden – nicht zuletzt der Umgang mit (digitalen) Medien. Denn: Heilfasten kann nur dann seine tief greifende Wirkung entfalten, ähnlich wie bei religiös bedingtem Fasten, wenn die bisherige Lebensweise unterbrochen wird.
Ziel des Heilfastens ist die körperliche, geistige und seelische Umstimmung. Die Zeitdauer wird ganz nach innerlichen Bedürfnissen und Wünschen festgelegt, auch nach ärztlicher Beratung. Wichtig ist jedoch immer der eindeutige Entschluss dazu – egal ob drei oder 30 Tage gefastet wird. Hinzu kommen idealerweise zwei einleitende Obsttage und das ungemein wichtige Fastenbrechen danach. Während der Obsttage dürfen beliebige Mengen Obst gegessen werden. Getrunken wird nur Wasser. Schon hierdurch verändern sich nach 24 Stunden Gewicht, Blutdruck, Atmung und Puls. Am dritten Tag werden bei einer Heilfasten-Kur meist Abführmittel empfohlen. Drastisch wirkende Abführmittel können allerdings zu Bauchgrimmen führen. Den aufgeregten Darm kann dann Pfefferminztee beruhigen, sowie Wärme und Ruhe. Bei länger anhaltendem Heilfasten stellt sich häufig Verstopfung ein. Tägliche, warme Einläufe (alles nur Übungssache!) bieten Abhilfe und regen zudem die Stoffwechseltätigkeiten weiter an. Auch ein Glas Glaubersalzlösung tagsüber getrunken hilft gegen drohende Verstopfung, ebenso Bauchmassagen. Im Laufe von Entgiftung und Entschlackung kommt es zu vermehrtem Schwitzen und starkem Körper- oder Mundgeruch. Tägliche Duschen und intensivierte Zahn- und Zungenpflege wirken dagegen.
«Ziel des Heilfastens ist die körperliche, geistige und seelische Umstimmung des Menschen..»
Der Geist ist auf einmal hellwach
Welch heilsame und kraftvolle Veränderungen das Fasten nicht nur körperlich auslöst, zeigt sich auch an der häufigen Schlaflosigkeit (während des Fastens niemals Schlaftabletten nehmen!), die von erfahrenen Fastern aber positiv gewertet wird: Der Geist ist hellwach, schöpferische Ideen sprudeln; ebenso ist die Seelentätigkeit stark erregt. Alter Ärger, Groll, aussergewöhnliche Lebensfreude können ins Bewusstsein rücken: Meist sind es Themen, die schon lange einmal «bearbeitet» werden wollten und quasi «schichtweise» abgetragen werden. Für die Betrachtung, die Würdigung all dieser Gefühle und Gedanken braucht es Zeit, Geduld und liebevolle Selbstannahme.
Es gibt viele Fasten-Hilfsmittel aus der Naturheilkunde: Licht (Sonnenbäder) zum Beispiel, reichlich Bewegung an der frischen Luft möglichst im Grünen, ausreichender (Naturzeit-)Schlaf, bewusste, bauchbetonte Atmung. Die Haut als Teil des ausscheidenden Stoffwechsels kann sich während einer kräftigen Entgiftung verändern. Liebevolle, leichte Bürstenmassagen, warme Bäder, wechselwarme Duschen (wer es mag und verträgt), kräftiges Frottieren mit anschliessenden Einreibungen mit duftenden Heilpflanzen-Ölen (keine synthetischen Duftstoffe nehmen) sind die Mittel der Wahl.
«Getrunken wird nur Wasser. Schon hierdurch verändern sich nach 24 Stunden Gewicht, Blutdruck, Atmung und Puls.»
Das Fastenbrechen ist für viele Menschen der oft schwierigste Teil des Heilfastens. Am ersten Tag wird zum Beispiel nur ein Apfel gegessen. Langsam und pedantisch durchgekaut. Alle Geschmacksnerven sind aktiviert – und wollen mehr. Etwas Disziplin ist da schon nötig, um nun nicht all das tagelang Vermisste haltlos in sich hineinzustopfen. Ein Teller Kartoffelsuppe mit Kräutern bewusst genossen zeigt, welche Geschmacksvielfalt sich in so einem einfachen Gericht vereinigen kann. Auch beim Fastenbrechen können sich Bauchkneifen, verstärkte Darmwinde oder gelegentliche Unpässlichkeiten einstellen: Die Darmflora stellt sich so auf ein neues, gesünderes Gleichgewicht ein. //
Buchtipps
Raphael Schenker «Richtig fasten, gesund essen», AT Verlag 2013, ca. Fr. 24.–
Lydia Reutter «Heilfasten nach Hildegard von Bingen», AT Verlag 2006, ca. Fr. 27.–
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