Aufgiessen, austrinken, aufblühen

Gerade in den kalten Monaten erfreuen sich heilsame Kräutertees grosser Beliebtheit und werden rege eingekauft. Wie zwei Läden in der Hauptstadt Bern zeigen, wird dabei das Erbe einer langen Kulturgeschichte weitergeführt.

Benjamin Haltmeier

Heilkräuter mit heissem Wasser übergiessen, einige Minuten ziehen lassen, fertig: Ein gesunder Aufguss lässt sich so einfach selbst zubereiten, dass er zu den häufigsten pflanzlichen Anwendungen zu Hause gehört. Ebenfalls zur Beliebtheit von Kräutertees trägt natürlich bei, dass es sie in vielen Varianten für die unterschiedlichsten Beschwerden gibt:

Kamille wirkt entzündungshemmend und hilft bei Magenproblemen, Pfefferminztee fördert die Fettverdauung, Baldrian beruhigt, Fenchel regt die Verdauung an, Zinnkraut spült den Körper durch und stärkt Knorpel und Nägel. Anis entfaltet eine krampflösende Wirkung und ist gut gegen Bronchitis, Johanniskraut lindert Winterdepressionen, Melisse hilft bei Schlafstörungen und Salbei bei übermässigem Schwitzen – diese Liste liesse sich beliebig erweitern.


Über 500 Pflanzen eingesetzt

In der Hauptstadt Bern wird das Wissen rund um die heilsamen Wirkungen der Kräutertees seit Langem gepflegt. So kann die Bollwerk Apotheke in der Nähe des Bahnhofs auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblicken. In dieser Zeit wurde das Kräutersortiment immer weiter ausgebaut und das naturheilkundliche Know-how erweitert, sodass sich der Betrieb bald als «Berner Kräuterhaus» etablierte. Die Berner Spezialist*innen verfügen mittlerweile über eine Auswahl von etwa 500 westlichen Arzneipflanzen. «Diese Vielfalt an Heilkräutern ermöglicht uns, nebst unseren Hausmischungen auch individuelle Teemischungen für unsere Kundschaft herzustellen», sagt Corinne Schweizer von der Bollwerk Apotheke. Zu den altbewährten hauseigenen Rezepturen gehören etwa der Brust-Bronchial-Hustentee, der Diättee oder der Schlaftee. «Im Winter und Frühling benötigen wir aufgrund saisonaler Erkrankungen wie Grippe und Erkältung entsprechende Heilkräuter. Mit dem Frühling steigt dann häufig auch das Bedürfnis der Entgiftung und Stoffwechselanregung – quasi ein Frühlingsputz von innen», erklärt Corinne Schweizer.


Jahrtausende altes Heilmittel

Kräutertee dürfte zu den ältesten Getränken der Menschheit zählen, denn die positiven Eigenschaften von Heilpflanzen wurden bereits früh entdeckt: Schon in steinzeitlichen Gräbern wurden sie als Beigabe gefunden. In der Antike setzte ein reger Handel mit Heilkräutern ein, und im Mittelalter etablierte sich schliesslich der Kräutertee als Naturmedizin in Klöstern. In Letzteren wurden umfangreiche Kräutergärten angelegt, und Heilkundige wie die Äbtissin Hildegard von Bingen sind bis heute bekannt. Später legten dann Apotheker*innen eigene Gärten an und stellten Tees her. Heute werden über 1000 verschiedene Pflanzenteile für Kräutertees genutzt, wo bei auch die Wellness-Welle zum Boom des Getränks beigetragen haben dürfte. Zu traditionellen heimischen Pflanzen gesellen sich bei Teemischungen mittlerweile auch exotische Ingredienzen wie Ingwer, Kurkuma oder Ginseng. «Der Trend tendiert seit einiger Zeit vermehrt Richtung ‹zurück zur Natur› und unverarbeitete Produkte. So erleben sicherlich auch die Heilkräuter und Genusstees eine Art Comeback», heisst es von Seiten der Bollwerk Apotheke.


Mit Teekultur und Wissenschaft

Was weniger bekannt ist: Auch der klassische Schwarz- oder Grüntee (Camellia sinensis) verfügt nebst seiner belebenden Wirkung über positive Effekte auf die Gesundheit. Bereits vor 5000 Jahren wurde er in China als Medizin genutzt. So können die im Tee enthaltenen Gerbstoffe das Immunsystem stärken und Viren bekämpfen. Bei Erkältungen pflegen sie zudem die Atemschleimhäute, und Mineralstoffe sowie Vitamine fungieren als zusätzliche «Gesundheits-Booster».

Auf diese eigentliche Teepflanze spezialisiert hat sich «Länggass-Tee» im Berner Quartier Länggasse. Seit über 40 Jahren führt die Familie Lange dort ihren Laden, in dem es das Kraut in allen Variationen und Kombinationen gibt. Katrin und Gerhard Lange hatten die Unternehmung 1983 gegründet, und über die Jahre hat sich das Unternehmen stetig weiterentwickelt, wobei sowohl die uralte asiatische Teekultur als auch wissenschaftliche Aspekte berücksichtigt worden sind. Zahlreiche Reisen nach Asien sorgen für ein grosses Fachwissen – mittlerweile packt rund um die Länggassstrasse 45 bis 47 ein 45-köpfiges Team mit an.

www.madeinbern.com
www.bollwerkapotheke.ch
www.laenggasstee.ch

 

Tipps zum Kräutertee-Genuss

  • Tee abgedeckt ziehen lassen, damit ätherische Stoffe erhalten bleiben.
  • Bittere Aufgüsse mit Honig oder einem Schluck Apfelsaft süssen.
  • Langsam und schluckweise trinken.
  • Auf leeren Magen konsumieren – so werden Inhaltsstoffe besser aufgenommen.
  • Produkte vor Licht geschützt, kühl und trocken lagern.
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