Sabine über die Liebe…

Kategorie: Sabine Hurni



Kennen Sie das Gefühl der Freude, wenn Sie vor einer Blume stehen, daran riechen und für einen Moment einfach nur glücklich sind? Oder wenn sie über das Fell Ihres Hundes oder Ihrer Katze streichen und für einen Moment alles vergessen? Ich möchte in diesem Text über die Liebe schreiben. Es soll aber keine sülzige Lektüre werden und auch keine psychologische Abhandlung über die Aktivität von Hormonen und Hirnlappen. Es geht mir um das Gefühl von Liebe, das uns Kraft gibt im Alltag, das uns befähigt, Mitgefühl zu empfinden und an das Gute zu glauben.

 

Jeder Mensch sehnt sich nach Liebe. Wir alle brauchen Liebe; wir möchten geliebt werden und andere lieben. Viele Menschen verausgaben sich weit über ihre Grenzen hinaus, um anderen zu gefallen. Sie verbiegen sich, setzen sich immer höhere und strengere Ziele, um gesehen und geliebt zu werden. Ein Irrweg, der mit Liebe sehr wenig zu tun hat.

 

Für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist es enorm wichtig, dass wir wieder mit unserer eigenen, liebenden Natur in Kontakt treten und uns mehr auf das Lieben statt auf das Geliebt werden konzentrieren. Auf diese Weise wird die Liebe zu einem äusserst wirksamen Heilmittel. Ich würde sogar behaupten, dass die Liebe, zusammen mit dem Gefühl von Freude und Glück, die Selbstheilungskräfte in einem Ausmass aktiviert, wie es kein anderes Heilmittel vermag. Mithilfe des Gefühls der Liebe, die wir in uns selber erzeugen, können wir uns vor negativen Gedanken und energetischen Blockaden befreien. Das heisst aber nicht, dass wir die rosarote Brille aufsetzen, alles nur noch positiv sehen und derart verblendet durch das Leben hüpfen. Es bedeutet vielmehr, dass es uns gut bekommt, wenn wir uns täglich mit dem Gefühl von Liebe verbinden. Liebe vor allem sich selber gegenüber.

 

In sämtlichen Weltreligionen gibt es Abhandlungen über die Liebe. Das Modell, das mir zurzeit am besten gefällt, stammt aus dem Tantrayâna Buddhismus. In dieser Lehre gibt es von der körperlichen bis zur spirituellen Liebe drei Ebenen:


1. Die grobstoffliche Liebe auf körperlicher Ebene, die mit Zärtlichkeit, Sexualität, Berührung und Aktivierung sämtlicher Sinnesorgane verbunden ist.


2. Die Liebe, die wir innerlich erzeugen: ein Gefühl von Nächstenliebe, Anteilnahme oder Mitgefühl.


3. Die absolute, bedingungslose Liebe, die immer da ist und nie erlöscht. Je nach Weltanschauung wird diese höchste Ebene von Liebe als spirituelle, göttliche Liebe, Buddha- oder Jesusnatur bezeichnet.

 

Die fühlende Liebe, welche die erste der drei Ebenen bildet, beinhaltet alle angenehmen Empfindungen und Erfahrungen, die wir über die fünf Sinnesorgane machen. Etwa wenn wir etwas Schönes betrachten, uns ein Essen auf der Zunge zergehen lassen, schöne Musik anhören, eine Katze streicheln oder einen Menschen anlächeln – das alles kann zu einem liebevollen Erlebnis werden. Tulku Lobsang, Lehrer für Buddhismus und tibetische Medizin, schreibt in seinem Buch «Liebe und Gesundheit», dass wir alles, was wir sehen, fühlen, schmecken und riechen, zu unseren Geliebten machen sollen. Jeder köstliche Geschmack, jeder bezaubernde Ton und jeden lieblichen Duft. Wenn jemand das Gefühl hat, es fehle ihr oder ihm an Liebe im Leben, sollte sie oder er schöne Orte aufsuchen, die Zeit mit netten Menschen verbringen und sich mit erfreulichen Dingen umgeben. Auf diese Weise beginnt sich das Herz zu öffnen und die grobstoffliche Liebe kann empfunden werden. Wenn zunächst vielleicht auch nur für kurze Zeit. Wir müssen die Dinge, die wir sehen, fühlen, riechen, schmecken und hören, zuerst wieder lieben lernen, um auf die zweite Ebene des bedingungslosen Liebens zu gelangen.

 

Im Gegensatz zur ersten Ebene ist die zweite Ebene unabhängig von äusseren Begebenheiten. Bei der subtilen Liebe geht es um die Freiheit, zu wählen, wie wir empfinden möchten. Es ist einfach, jemanden zu lieben, der uns Komplimente macht oder einem Kranken gegenüber Mitgefühl zu empfinden. Die grosse Kunst der subtilen Liebe besteht darin, das Gefühl von Liebe und Freude nicht zu verlieren, wenn wir vielleicht Schmerzen haben oder krank sind, der Nachbar nervt oder die Handlungen des Partners nicht unseren Erwartungen entsprechen. Bei der subtilen Liebe geht es ums Geben, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Wenn wir das Gefühl haben zu geben, sind wir offener und auch in unserem Energiesystem lösen sich dabei viele Hindernisse auf. -Solange wir geben, sind wir mit der Liebe verbunden; sobald wir hingegen eine Gegenleistung einfordern und aus dem Geben ein Nehmen wird, verschwindet die Liebe. Wir kennen das alle aus dem Beziehungsalltag. Zuerst ist das Glück vollkommen, wir würden alles tun für den geliebten Menschen an unserer Seite. Schleicht sich allerdings das Gefühl ein, dass ich mehr gebe als ich vom anderen bekomme, beginnt sich etwas im Herz zu verhärten und der Anfang vom Ende der Liebe ist programmiert. Sich selbst zuliebe sollte man deshalb immer mit dem Geben verbunden bleiben. Sonst blockieren wir uns geistig wie auch körperlich und verlieren die Freude am und den Sinn des Lebens. Es ist spannend und heilsam, sich mit der gebenden Lebenshaltung vermehrt auseinanderzusetzen, da wir auf diese Weise für die eigene Psychohygiene sorgen. Denn eines ist klar: Das Gefühl von Liebe muss jeder und jede in sich selber aufkeimen lassen, pflegen und behüten.

 

Die dritte Ebene der Liebe im Tantrayâna Buddhismus ist die absolute Liebe. Diese kann man nicht erzeugen – weil sie bereits da ist und immer da war. Sie ist unsere Natur, das Licht der Erkenntnis. Diese absolute Liebe in uns selber zu entdecken, ist ein spiritueller Weg. Es fängt damit an, dass wir lernen, für alles, was uns begegnet, ein Gefühl von Liebe zu empfinden und uns aus diesem Gefühl heraus auf das Geben konzentrieren.

 

Irgendwann wird es gelingen, unserer wahren Natur zu begegnen und die absolute Liebe in unserem Inneren zu entdecken. Das schreibt sich so einfach daher, ist aber ein langer Weg mit Hochs und Tiefs, den viele spirituelle Menschen, Mystiker, aber auch einfache Menschen mit grossem Herz vor uns schon gegangen sind. Ich wünschte mir, es würden sich mehr Menschen auf diesen Weg machen und den Liebesfunken für die Stärkung der Selbstheilungskräfte in sich selber entdecken. //






Sabine Hurni ist dipl. Drogistin HF und Naturheil-prak-tikerin, betreibt eine eigene Gesundheitspraxis, schreibt als freie Autorin für «natürlich», gibt Lu-Jong-Kurse und setzt sich kritisch mit Alltagsthemen, Schulmedizin, Pharmaindustrie und Functional Food auseinander.






Fotos: sebastiano bucca | ffr

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