Die Sprache des Himmels deuten

Astrologische Beratungen sind derzeit gefragter denn je. Der Ursprung der Astrologie hat vor rund 3000 Jahren begonnen. Je nach Weltgegend ­unterscheiden sich die Systeme. Wir werfen einen Blick auf die westliche, vedische und chinesische Himmelslehre.

Fabrice Müller, Illustration: Sonja Berger


Als uralte Kunst der Vorhersage hat die Astrologie in der Vergangenheit immer wieder ihre Spuren hinterlassen. Viele Prophezeiungen beeinflussten das Schicksal grosser Führer und ganzer Nationen – zum Beispiel jenes von Napoleon Bonaparte, wie auf dem Astrologie-Portal sternenweiser.de berichtet wird. Noch bevor der französische Feldherr die Schlacht bei Waterloo verloren hatte, sagten Astrolog*innen seinen Untergang voraus. Immer wieder suchten Herrschende, Kriegsherr*innen und andere mächtige Persönlichkeiten Rat bei Astrolog*innen. Auch heute lassen sich manche Politikerinnen und Politiker wie auch Führungspersonen in der Wirtschaft von Astrologinnen und Astrologen beraten.


Boom in unsicheren Zeiten

Woher kommt diese Faszination für die Sterndeutung? «Die Menschen hatten schon immer den Wunsch, zu erfahren, was sie in Zukunft erwarten wird», sagt ­Verena Bachmann, Astrologin aus Zürich, Co-Schulleiterin der Schule für Erwachsene, Psychologische Astrologie und verwandte Gebiete (SFER), Buchautorin sowie Gründungsmitglied und bis 2020 Vorstandsmitglied im Schweizer Astrologenbund (SAB). Die Astrologie sei, so Verena Bachmann, der einzige Weg, einen umfassenden Blick auf die Zeitachse zu werfen – in die Vergangenheit wie auch in die Zukunft. «Besonders in unsicheren Zeiten steigt die Nachfrage nach astrologischen Beratungen. Deshalb erlebt die Astrologie derzeit einen Boom, sei es für Beratungen wie auch für Ausbildungen», berichtet Verena Bachmann.

« Die Astrologie ist der einzige Wegeinen umfassenden
Blickauf die Zeitachsezu werfen. »


Orientierung über Zeitpunkte und ­Zeiträume

Die Geschichte der Astrologie soll vor rund 3000 Jahren begonnen haben. Von einigen Religionen wurde sie bekämpft, bei anderen ist sie integraler Bestandteil der Tradition. Die ersten Mondkalender der Jäger*innen und Sammler*innen, die ersten Sonnenkalender der neolithischen Bäuer*innen, die monumentalen Kalenderbauten der frühen Hochkulturen, sie alle basieren gemäss einem Beitrag des Portals astrologie.de auf astronomischen Abläufen. Die Planetenkonstellationen geben dem Menschen Orientierung über Zeitpunkte und Zeiträume – zum Beispiel für den richtigen Zeitpunkt für Aussaat und Ernte oder für das Aufkommen von Ebbe und Flut.


Wissenschaftliche Anerkennung ­verloren

Die Babylonier*innen erfanden den Tierkreis mit seinen 360 Graden als Koordinatensystem. Um etwa 600 v. Chr. teilten sie den Tierkreis in zwölf gleich grosse Abschnitte – die zwölf Tierkreiszeichen. Dadurch wurde die Basis für die heutige Astrologie gelegt. In der Antike wurden die Sternzeichen des Tierkreises durch Elemente wie Aszendenten und Horoskophäuser ergänzt. Innerhalb weniger Jahrhunderte erfreuten sich Horoskope und Sternzeichen steigender Beliebtheit. Auch der bekannte deutsche Astronom Johannes ­Kepler, der 1630 verstarb, beschäftigte sich unter anderem mit Geburts- und Jahreshoroskopen. Damals wuchs jedoch gleichzeitig die Skepsis von Seiten der Wissenschaft an der Sterndeutung. Als Folge dessen verlor die Astrologie ihre Anerkennung als Wissenschaft völlig.


Vierdimensionale Landkarte

Welche Aspekte werden in einer astrologischen Beratung berücksichtigt? «Seriöse Astrologinnen und Astrologen beschäftigen sich in ihren Beratungen mit dem gesamten Horoskop eines Menschen», erklärt Verena Bachmann und spricht von einer energetischen vierdimensionalen Landkarte mit mehreren Ebenen. Diese sei vergleichbar mit dem genetischen Code eines Menschen und zeige auf, mit welchen Energien und Veranlagungen ein Mensch in seinem Leben unterwegs ist. Neben diesen Faktoren, die auf dem Geburtsdatum, dem Geburtsort und der Geburtszeit einer Person beruhen, berücksichtige eine astrologische Beratung auch die individuelle Entwicklung und Erfahrungen im Verlaufe eines Lebens.


Alle Ebenen miteinbeziehen

«Wir zeigen in der Beratung auf, wie jemand aufgrund seines Horoskops und seiner persönlichen Konstitution mit aktuellen Herausforderungen besser umgehen kann», sagt Verena Bachmann. Dabei spiele die Psyche wie auch die spirituelle Ebene mit hinein. «Unser Ziel ist es, möglichst alle Ebenen einer Person miteinzubeziehen und nicht nur auf einen Aspekt, zum Beispiel den Aggressor Mars in einem bestimmten Haus des Horoskops, zu achten.» Ansonsten bestehe die Gefahr, mit einer zu oberflächen Deutung dem Menschen und seinem Potenzial nicht gerecht zu werden.

Ausserdem sei es unseriös, deterministische Aussagen über einen Menschen zu machen und sich dabei ausschliesslich auf das Horoskop zu beziehen. Das Ethik-Konzept des Schweizer Astrologenbundes verbiete dies, betont Verena Bachmann. Die Deutung bzw. Interpretation eines Horoskops ist laut Verena Bachmann entscheidend für die Qualität der astrologischen Beratung. Ziel sei es, die vorhandenen Themen und Schwerpunkte zu erkennen, eine gewisse Entscheidungspalette zu bieten und der Person zu helfen, mit ihrer Veranlagung besser umzugehen.

« Die Auseinandersetzung mit dem Sternenhimmel
eröffnet
neue Dimensionen und Perspektiven. »


Vedische Astrologie

Während die westliche Astrologie heute immer mehr mit psychologischen Aspekten verwoben ist, arbeitet die indische bzw. vedische Astrologie, «Jyotish» genannt, gezielt mit der Deutung des Sternenhimmels und dessen Sprache. «Jyotish ist ein Licht, das uns Menschen den Weg durch die Dunkelheit des Erdenweges weist und  die Entwicklung unseres Bewusstseins fördert, damit wir unsere Aufgaben hier bewältigen und unseren Seelenplan möglichst erfüllen können», umschreibt Patricia Ertl, Beraterin für westliche und vedische Astrologie in Kappel am Albis, das Prinzip des vedischen Horoskops. Die Auseinandersetzung mit dem Sternenhimmel eröffne neue Dimensionen und Perspektiven.

Auch wenn die vedische Astrologie stark mit Bildern, Mythen und Göttergeschichten verknüpft sei, zeichne sie sich durch eine hohe Präzision und Treffsicherheit bei der Analyse aus. Wie die westliche Astrologie berücksichtigt auch das Pendant aus Indien das System der 12 Tierkreiszeichen; diese sind jedoch, so Patricia Ertl, nicht am Jahreslauf der Sonne, sondern an den gleichnamigen Sternenkonstellationen festgemacht. Dieser Fokus auf den sogenannten siderischen Tierkreis führe gegenüber dem tropischen Tierkreis der westlichen Astrologie zu einer Verschiebung von aktuell 24 Bogengrad, was neue Positionen der Planeten im Horoskop zur Folge hat.


Erweiterte Selbsterkenntnis

Während die westliche Astrologie stark auf das Sonnenzeichen und das damit verbundene Seelenbild konzentriert ist, erhält man in der vedischen, stark auf den Mond bezogenen Astrologie ein neues Horoskop, das laut Patricia Ertl zu einer erweiterten Selbsterkenntnis führt. «Der Mond steht in enger Verbindung zur Prägung des Kindes in seinen ersten Lebensjahren und somit zur Weltwahrnehmung des erwachsenen Menschen», erläutert die Astrologin. Eine entsprechend grosse Rolle spielen in Jyotish die 27 Mondhäuser, die der Mond innerhalb von 27 Tagen durchwandert. Jedes Haus biete, so Patricia Ertl, eine Fülle an Deutungselementen.

Diese dienen der Astrologin bei der Beratung und Biographiearbeit mit ihrer Kundschaft. «Das Horoskop zeigt  Chancen und Herausforderungen in der Entwicklung einer Person, je nachdem, welche Planetenphasen ausgelöst sind.» Je nach Konstellation gibt ­Patricia Ertl auf Wunsch der Kundschaft auch Empfehlungen zur Harmonisierung der Energien zum Beispiel durch Mantras, Meditation, Ernährung, Lebensweise – abgestimmt auf die aktuelle Lebensphase einer Person. «Durch das bewusste Ausrichten des Geistes auf das Positive wird auch die entsprechende Energie angezogen», ist Patricia Ertl überzeugt.


Chinesische Astrologie

Auch in China werden die Sterne am Himmel beobachtet und gedeutet. Die chinesische Astrologie reicht bis ins zweite Jahrtausend v. Chr. zurück. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich die chinesische Astrologie weiter und wurde zu einem wichtigen Bestandteil der chinesischen Kultur. Die dortigen Kaiser*innen nutzten die Astrologie, um ihre Regierungsentscheidungen zu treffen. Die chinesische Astrologie ist eng mit dem chinesischen Tierkreis verbunden. Jedes der zwölf Tierkreiszeichen repräsentiert bestimmte Eigenschaften und Charakterzüge.

Die Chines*innen glauben, dass das Tierkreiszeichen, unter dem eine Person geboren wurde, Einfluss auf ihre Persönlichkeit, ihre Beziehungen und ihr Schicksal hat. Menschen, die beispielsweise im Jahr des Tigers geboren wurden, gelten als energisch, mutig und abenteuerlustig. Neben den Tierkreiszeichen kommt auch den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser eine wichtige Rolle zu. Jedes Element verfügt über spezifische Eigenschaften und Energien, welche die Persönlichkeit und das Schicksal eines Menschen beeinflussen können.

« Die Kenntnis des Weltverlaufs soll helfen,
gegenwärtige und künftige Tendenzen wahrzunehmen. »


Im Einklang mit dem Kosmos

Durch die Kombination aus Tierkreiszeichen und Element ergeben sich Hinweise zu den Stärken, Schwächen und der Lebensrichtung einer Person. Die Analyse kann ebenso zur Vorhersage von Glück und Schicksal herangezogen werden. Als Rechengrundlage für die chinesische Astrologie dient weiter die Astronomie mit fünf Planeten und den zehn Himmelsstämmen bzw. Himmelszeichen, den zwölf Erdzweiten sowie der chinesische Kalender. In der chinesischen Philosophie, zu der auch die Astrologie zählt, geht es um die Harmonie von Himmel, Erde und Mensch. Diese Ordnung der Welt soll sich in der menschlichen Gesellschaft wiederfinden. Deshalb verheisst der Einklang mit dem Kosmos ein glückliches Leben. Die Kenntnis des Weltverlaufs soll helfen, gegenwärtige und künftige Tendenzen wahrzunehmen.

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