«Die Natur in die Städte zurückholen»

Die Baden-Württembergische Landesgartenschau an den Toren zur Schweiz will nachhaltige Naturräume schaffen.


Zwölf Jahre, nachdem die Stadt Neuenburg am Rhein den Zuschlag erhalten hatte, und nach drei Jahren Bauzeit, wurde am 22. April die 29. Baden-Württembergische Landesgartenschau eröffnet. Einer der Festredner bei der Eröffnungsfeier war der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann. Der erste Grüne, der in Deutschland ein solches Amt bekleidet.


Die Landesgartenschau dauert bis 3. Oktober und steht unter dem Motto «Stadt.Land.Fluss – weil es uns zusammenbringt». Kretschmann knüpfte daran an, als er in Erinnerung rief, dass die Idee, «die Natur zurück in die Stadt zu holen», noch gar nicht so alt ist: Vor genau einhundert Jahren habe Köln als erste deutsche Grossstadt damit begonnen, einen Grüngürtel anzulegen. Ihr Bürgermeister damals hiess Konrad Adenauer – er erlangte nach dem Zweiten Weltkrieg als erster Kanzler der jungen Bundesrepublik (von 1949 bis 1963) internationale Bedeutung.

Neuenburg am Rhein mit seinen 13'000 Einwohnern ist nicht Köln. Doch die Stadt war mit einer besonderen Situation konfrontiert: Nach Gewässerregulierungen lag sie erstens, trotz ihres Namens, nicht mehr am Rhein, sondern 800 Meter davon entfernt. Und zweitens wurden Stadt und Fluss zusätzlich durch die Autobahn voneinander getrennt, die zwischen ihnen verläuft.


Neues Naherholungsgebiet

Landesgartenschauen haben in Baden-Württemberg seit mehr als vierzig Jahren Tradition. Doch als sich Neuenburg um die 29. Ausgabe bewarb, ging es der Stadt nicht nur darum, ein 164-tägiges Sommerfest auszurichten. Es ging darum, ein neues Naherholungsgebiet zu schaffen. Die Planung der Gartenschau war für Bürgermeister Joachim Schuster gleichzeitig ein zentrales Element der Stadtplanung. «Eine Stadt geht zum Rhein», laute die Devise, sagte Schuster bei der Eröffnung, und sie sei zu einem bestimmenden Faktor seiner Amtszeit geworden. Das ist beachtlich, denn der 66-Jährige ist seit vollen 31 Jahren Bürgermeister. Er verspricht, dass das Gelände der Gartenschau «für die Naherholung bestehen bleibt – für immer!»

Bevor das 23 Hektar grosse Terrain hergerichtet werden konnte, musste Neuenburg mit seiner Vergangenheit aufräumen: Wegen seiner Lage direkt am Rhein und an der Grenze zum Elsass war es im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg stark in Kriegshandlungen verwickelt gewesen. Deshalb mussten vor Beginn der Arbeiten nicht weniger als sechs Tonnen Kampfmittel aus zwei Weltkriegen geboren und entsorgt werden.


Jetzt besticht die Landesgartenschau durch ihre Vielfalt: Sorgfältig angelegte Blumenbeete wechseln sich ab mit üppigen Streuobstwiesen, ungemähten Blumenwiesen, Flächen mit Gestrüpp, Dickicht und Totholz. Das früher unzugängliche Rheinufer wurde neu gestaltet, ein Bach renaturiert. Der Fokus liegt auf Natur- und Artenschutz, Klimawandel, Bestandspflege, Habitate und Regionalität.

«Wir haben das Bestehende neu geordnet, für Mensch und Tier», freut sich Bürgermeister Schuster. Und Ministerpräsident Kretschmann preist die «neuen Freiräume zum Durchatmen».


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