Anis – ein altes Gewürz neu entdecken

Kategorie: Essen


Bereits in der Antike wurde der Anis als Heilpflanze und Gewürz geschätzt. Heute fristet er zu Unrecht ein Schattendasein. Höchste Zeit also, das Wundergewürz wieder hervorzuholen und es in Form von Anisgüezi zu Weihnachten in seiner dekorativsten Form auf den Tisch zu bringen.



Wenn es um Gewürze in süssen Backwaren geht, endet der geschmackliche Horizont vieler Menschen meist bei Vanille- und Schokoladenaromen und maximal etwas Zimt oder an Weihnachten Lebkuchengewürz. Obwohl Letzteres auch bereits vielen zu würzig ist. Wenn man bedenkt, wie viele gute Eigenschaften Gewürze enthalten, ist das eine sehr bedauerliche Entwicklung. Gerade die Früchte der Doldenblütler – zu denen Kümmel, Koriander, Dill, Liebstöckel, Fenchel, Petersilie, Sellerie und Anis gehören – verlieren immer mehr an Bedeutung. Wohl auch deshalb, weil ihr Geschmack von vielen Menschen als zu intensiv oder gar als unangenehm empfunden wird, weil man ihn viel zu selten schmeckt.


Interessanterweise finden sich etliche der Gewürz-, Gemüse- und Heilpflanzen aus der Doldenblütlerfamilie in der salzigen, deftigen Küche, wie etwa in Salzgebäcken, Currys oder auch in Würsten. So werden zum Beispiel in der Toskana Salami, die sogenannte Salame Finocchiona, mit Fenchelsamen und das bekannte Südtiroler Schüttelbrot mit Kümmel gewürzt. In der Schweiz kennt man unter anderem die Longeole IGP, eine Schweinswurst, die mit Fenchelsamen verfeinert wird. Dill wird meist zu Fisch gereicht, Liebstöckel, Petersilie und Sellerie verleihen einem Gemüsefond eine besondere Note. Der Anis hingegen fristet in deftigen Speisen ein Schattendasein. Einzig in Spirituosen und beigemischt zu Likören, wie etwa Pastis, Absinth und dem griechischen Ouzo, um nur einige Beispiele zu nennen, spielt er eine grosse Rolle.





Schutz und Liebeleien


Umso schöner ist es, dass der Anis der Star eines alten, traditionellen Gebäcks ist: Anis-Chräbeli, auch Anisbrötli oder einfach Anisgüezi genannt, haben einen intensiven Anisgeschmack. Meist werden sie in der Winterzeit, besonders auf Weihnachten hin, gebacken. Das kommt nicht von Ungefähr; denn dem Anis wird eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt. Nach den strengen Arbeiten auf dem Feld, sollten sich die Männer im Herbst wieder den häuslichen Pflichten zuwenden, und daher bereiteten die Frauen in ländlichen Gebieten ihren Männern traditionellerweise anishaltige Getränke zu. Der 30. November hiess in Böhmen sogar Anischtag, weil man glaubte, dass die Anisgetränke an diesem Tag besonders viel Zauberkraft enthielten. Auch als Opfergabe oder als Gastgeschenk bei Hochzeiten, hatten sogenannte Aniskringel lange Zeit eine wichtige Bedeutung. Zusätzlich sollte das Gewürz vor schlechten Träumen und dem bösen Blick schützen.


Während diese Wirkkraft wohl nie wissenschaftlich nachgewiesen werden kann, weiss man heute aber sicher, dass Anis die Drüsen des Magen-Darm-Traktes anregt und daher gut für die Verdauung ist. Besonders wirkungsvoll ist er, wenn er mit seinen Brüdern Fenchel und Kümmel gemischt wird. Zusätzlich soll Anis bei Wöchnerinnen die Milchbildung anregen und wird, da seine ätherischen Öle wieder über die Lungen ausgeschieden werden, auch oft in der Herstellung von Hustentees oder Kautabletten verwendet. Alfred Vogel beschreibt in seinem Buch «Der kleine Doktor» die heilende Wirkung von Anis in einer Teemischung, die bei Arthritis zum Einsatz kommt.




Wundermittel der Antike


Dass der Ouzo bis heute das griechische Nationalgetränk ist, zeugt davon, welch hoher Stellenwert der Anis bereits im alten Griechenland hatte. Er wurde nicht nur als unverzichtbares Heilmittel gegen Husten, sondern sogar gegen Gift, wie etwa bei Stichen von Skorpionen und Bissen von Schlangen eingesetzt. Auch in der Bibel und in den ältesten Schriften Indiens, findet das Gewürz Erwähnung. Interessanterweise

spielt Anis oft auch in Kombination mit dem Sternanis in der indischen Küche eine grosse Rolle. Der Sternanis ist mit dem Anis nicht verwandt, trägt seinen Namen aber, weil er einen ähnlichen Geschmack hat.


«Anisgüezi sind ein liebevolles, selbstgemachtes Weihnachtsgeschenk.»

Während früher oft aus den Anissamen mithilfe von Wasserdampfdestillation Öl gewonnen wurde, wird der Anis heutzutage vorwiegend als Gewürz zum Backen und

Kochen verwendet. Allgemein sollen Speisen, denen Anis beigemischt wird, leichter verdaulich sein.


Wer sich also zu Weihnachten etwas Gutes tun will und sich eine Alternative zu den üblichen Güezi mit viel Zucker und Butter wünscht, sollte sich ans Backen von Anisgüezi wagen. Denn sie sind nicht nur geschmacklich interessant, sondern wenn man mit einem Model arbeitet, meist auch wunderschön anzusehen. Oft befinden sich alte Gebäckmodel zum Prägen von Teig sogar noch im Familienbesitz. Es lohnt sich, diese hervorzuholen, zu reinigen und damit Anisgüezi herzustellen – nicht nur für den Eigenbedarf, sondern vielleicht sogar als liebevolles, hausgemachtes Weihnachtsgeschenk.




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